POV Taylor
„Shots. Jetzt!", sagt Sam und wedelt mit der Schnapsflasche vor meinen Augen herum. Ich grinse und zücke zwei Shotgläser. Sam füllt beide mit der dunkelroten Flüssigkeit und wir kippen gleich mehrere herunter. Sie ist seit heute Morgen hier und wir haben das Haus für uns, weil meine Eltern im Theater sind. Wir treffen uns erst kurz vor der Party mit Lea und den anderen, was mir ganz recht ist. Ich habe Sam von den anderen erzählt und sie hat nur gesagt: „Ich dachte ich hätte dich besser erzogen." Sie hat leicht reden, ihre Eltern gehen mit jedem Trend und erlauben Sam alles, was sie will. Manchmal frage ich mich, ob sie sie nur auf die katholische Schule schicken, weil sie die nächste ist. „Nun zu den wichtigen Fragen: Gibt es jemanden, den du süß findest?", fragt Sam, als wir schon etwas angetrunken sind. Ich schüttele sofort den Kopf, obwohl mir natürlich jemand in die Gedanken kommt. Als ich damals für Hanna geschwärmt habe, kannte ich Sam noch nicht. Sonst hätte ich mich vermutlich an sie gewendet, doch so habe ich ihr nie etwas erzählt. „Aber die anderen denken ich hätte einen Freund", gebe ich zu und Sam lacht. „Du bist so bescheuert", sagt sie grinsend und hebt ihr Glas, um mit mir anzustoßen.
Als wir Lea und die anderen treffen, sind wir schon betrunken genug, dass ihre Art mich gar nicht stört. Man muss den Tänzerinnen lassen, dass sie wirklich feiern können. Wir geben alles auf der Tanzfläche und spielen ein paar Trinkspiele. Hin und wieder suche ich den Raum unbemerkt nach Mila ab, doch sie ist nicht da. Erst als wir wieder auf der Tanzfläche sind, kommt eine kleine Gruppe in den Raum und ich erkenne sofort ihre dunklen Haare. Sie trägt eine zerrissene Jeans und ein grünes Shirt, das ihr verdammt gut steht. Ihr Tattoo schimmert auf ihrem Arm und es fällt mir schwer, sie nicht anzustarren. Als ich sehe, dass sie zurück in den Flur geht, entschuldige ich mich bei Sam. „Bring mir aber noch was zu trinken mit", ruft sie mir über die Musik zu und ich nicke. Dann zwänge ich mich durch die Leute und gehe durch die Küche in den Garten des Hauses. Hier sind nur wenige Leute, doch am Ende der Terrasse sitzt Mila auf einer Bank und raucht. Ich lasse mich neben ihr nieder und sie grinst überrascht. „Ich habe doch gesagt, dass wir uns sehen", sage ich und lächele. Sie mustert mich mit etwas Belustigung in den Augen: „Bist du betrunken, Dancingqueen?" Ich nicke grinsend und greife nach ihrer Kippe, um einen Zug zu nehmen. „Du nicht? Ich kann dir einen Drink holen", sage ich und muss leicht husten. Mila lacht und nimmt mir die Kippe wieder weg: „Das lässt du wohl lieber und nein, danke." Ich runzele die Stirn: „Die Barkeeperin trinkt nichts?" Mila schmunzelt und schüttelt den Kopf. Ich spüre ihre Hand auf meiner und sehe, dass ich meine scheinbar auf ihr Bein gelegt habe. Ich sehe sie an und spüre, dass ich definitiv betrunken bin. „Ich mag deine Augen", sage ich und Mila lächelt. Ihr Lächeln mag ich noch mehr, ich könnte ewig auf diesen Mund starren. Eindeutig habe ich das auch zu lange getan, denn Mila sagt: „Soll ich dir mal ein Wasser holen?" Ich schüttele den Kopf und erwidere: „Komm mit tanzen." Sofort schüttelt sie ihren Kopf, doch ich ziehe sie an ihrer Hand mit mir.
POV Mila
Schnell ziehe ich Taylor wieder zurück nach draußen, ich werde sicher nicht tanzen gehen. „Och komm, Mimi." Ich muss leicht schmunzeln, als sie den Spitznamen verwendet, den sonst nur mein Bruder benutzt. „Nenn mich nicht so", murmele ich, doch Taylor ist sowieso zu betrunken, um irgendwas zu checken. Ich schaue hinter sie und sehe, dass Lea und einige andere nach draußen kommen. Schnell ziehe ich Taylor mit mir um die Hausecke und halte ihr den Mund zu. Sie wehrt sich kurz dagegen, hat in ihrem Zustand allerdings keine Chance gegen mich. Wenn Lea sie mit mir sieht, wird ihr Platz im Tanzteam schnell Geschichte sein. Das ist mir zwar eigentlich egal, aber Taylor fühlt sich schon unwohl genug in der Schule. Ich mustere sie, während sie versucht meine Hand von ihrem Mund zu entfernen. Sie ist schon unwahrscheinlich süß und ich würde sie zu gerne küssen. Sie sieht mir in die Augen und danach auf die Lippen. Schon eben hat sie ewig auf meine Lippen gestarrt, so langsam glaube ich nicht mehr, dass sie ihren Freund wirklich liebt. „Sei still, okay?", flüstere ich und sie nickt. Also lasse ich meine Hand langsam sinken und sie lehnt sich grinsend gegen die Wand. „Wir können auch hier tanzen", sagt sie und fängt an ihre Hüfte zu bewegen. Gott, das kann doch nicht ihr Ernst sein. Ich versuche sie nicht anzusehen, doch verdammt sieht sie gut dabei aus. Die Gerüchte sind also wahr, Taylor ist eine ausgezeichnete Tänzerin. „Hör auf", flüstere ich ihr zu, doch sie nimmt stattdessen meine Hände und legt sie auf ihre Hüften. „Komm, mach mit", sagt sie und es braucht meine ganze Selbstbeherrschung, um meine Hände nicht zu bewegen. Ich kann dieses Mädchen in diesem Zustand doch nicht anfassen. Mir fällt nur eine Sache ein, die sie zum Aufhören bewegen könnte. „Ich erzähle dir, woher meine blauen Flecken kommen", sage ich und erreiche damit mein Ziel. Taylor hört auf sich zu bewegen und ihre Augen weiten sich erstaunt. „Okay", sagt sie dann und es erleichtert mich. Ich checke, ob die Luft rein ist und zum Glück sind die anderen wieder reingegangen. Wir setzen uns wieder auf die Bank und ich erzähle Taylor von meinem Vater, der mich betrunken geschubst hat. Sie hört aufmerksam zu und ich sehe das Mitleid in ihren Augen. Gleichzeitig liegt aber auch eine Wärme in ihrem Blick, die mich dazu bringt, weiter zu reden. Ich bin mir sehr sicher, dass sie morgen sowieso nichts mehr von dem Gespräch weiß. Vielleicht erzähle ich es ihr auch nur deswegen. „Deshalb trinkst du keinen Alkohol", murmelt sie nach meiner Erzählung und ich nicke. Es verwundert mich, dass sie das in ihrem Zustand noch miteinander verbinden konnte. Ich zucke überrascht zusammen, als Taylor meine Hand nimmt und mir einen Kuss auf die Wange gibt. „Du bist ein guter Mensch", flüstert sie mir zu und ich sehe in ihren Augen, dass sie es auch so meint. Ich lächele leicht und bin wirklich froh, dass sie zu betrunken ist, um zu sehen, wie rot ich werde. Keine Ahnung was dieses Mädchen an sich hat, dass mich zu so einem Softie macht. Es ist mir tatsächlich leicht gefallen, über meine Familie zu reden in ihrer Nähe. Sie lächelt mich an und in ihrem Blick liegt ein Flackern, das ich schon beim Boxtraining gesehen habe. Sie beißt sich auf ihre Lippe und streichelt mit ihrem Daumen über meinen Handrücken.
„Tay?", höre ich ein Mädchen nach Taylor rufen. Sie scheint es gar nicht zu bemerken, doch mein Blick fällt auf das Mädchen, das ich hier vorher noch nie gesehen habe. Sie hat genauso blonde Haare wie Taylor, trägt sie aber kürzer und ihr Klamottenstil unterscheidet die beiden doch ziemlich. Während Taylor wieder eine enge Jeans und ein rotes Top trägt, hat das Mädchen eher einen lässigen Style. Sie mustert mich genauso wie ich sie und grinst dann leicht. Ich löse meine Hand aus Taylors, was sie dazu bringt mich verwundert anzusehen. „Da sucht dich jemand", sage ich zu ihr und sie dreht sich um. „Sammy", lallt sie fröhlich und ich kapiere, dass das ihre beste Freundin sein muss. „Ich denke, du musst nach Hause", sagt Sam und legt ihren Arm um Taylor. Ja das muss definitiv Sam sein, so selbstverständlich wie Taylor sich an sie lehnt. „Sorry, ich habe sie aufgehalten", sage ich, damit sie keinen Stress miteinander haben. Sam lächelt und mustert mich kurz von oben bis unten: „Ja das kann ich mir vorstellen." Ich runzele verdutzt die Stirn, wie meint sie das denn jetzt? Doch bevor ich fragen kann, verabschiedet sie sich und zerrt Taylor mit sich. „Lass mich noch tschüss sagen", sagt diese und reißt sich von Sams Hand los. Dann zieht sie mich in eine stürmische Umarmung und ich erwidere sie schmunzelnd. „Komm gut nach Hause", flüstere ich ihr zu und atme nochmal ihren angenehmen Duft ein. Bevor die beiden gehen, wirft Sam mir noch einen prüfenden Blick zu, dann sind sie weg. Was für ein seltsamer Abend. Ich habe allerdings keine Zeit darüber nachzudenken, weil schon die nächste Betrunkene auf mich zu läuft. „Ich habe wieder Wodka getrunken", gesteht Anna lachend und ich schüttele schmunzelnd den Kopf. Gut, dass ich es gewohnt bin, den Babysitter zu spielen.
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My own heaven
RomanceTaylor ist eine fleißige, kluge junge Frau, die ihr Leben genau so führt, wie ihre Eltern es für sie vorgesehen haben. Doch sie trägt ein Geheimnis mit sich, sie fühlt sich zu Mädchen hingezogen. Das widerspricht ihrem Glauben und den könnte sie nie...