POV Mila
Am nächsten Morgen schaffe ich es, Noah pünktlich beim Kindergarten abzusetzen und weil Annas Sitznachbar krank ist, kann ich mich zu ihr setzen. Es ist ganz angenehm, mal nicht im Unterricht von Taylors Anblick abgelenkt zu werden. Von dem Platz aus kann ich sie zwar immer noch sehen, aber sie merkt es nicht so und ich gehe einem Gespräch aus dem Weg. Sie trägt wie immer ein enges Oberteil und ihre Kette mit dem Kreuzanhänger. Ihre Haare sind heute offen und fallen ihr hin und wieder ins Gesicht. Es ist mir immer noch peinlich, dass ich sie gestern so blöd angemacht habe. Sie kann sich doch treffen mit wem sie will, ist mir egal. Es hat mich nur genervt, dass sie mir zusätzliche Arbeit bereitet hat. „Erde an Mila?", höre ich Anna sagen und zucke zusammen. „Äh ja sorry, ich komme mit", antworte ich ihr, weil ich glaube, dass sie über eine Party am Wochenende geredet hat. Sie mustert mich prüfend und meint: „Das war nicht die Frage, aber zumindest haben wir das dann auch geklärt. Kommt Taylor auch, damit du sie weiter anschmachten kannst?" Ich werfe Anna einen genervten Blick zu, doch sie grinst nur wissend. Ich verdrehe die Augen und starre auf meinen Block. Sie hat Recht, ich bin absolut peinlich und ich muss das lassen. Auch wenn sie noch so gut aussähe, sie steht nicht auf Mädchen und auch wenn ich von mir selbst überzeugt bin, ist es die Arbeit nicht wert, sie eines Besseren zu lehren. Sie ist mit Lea befreundet und ich will nicht riskieren, von der Schule zu fliegen. „Soll ich dich abholen am Samstag?", fragt Anna und ich bin froh, dass wir wieder das Thema wechseln. Wir reden noch ein bisschen über die Party, die bei Tim stattfinden wird. Tims Eltern sind ständig ohne ihn im Urlaub, weshalb er oft Hauspartys macht, bei denen die ganze Klasse kommt. Es ist meistens ganz lustig, auch wenn ich nie mittrinke. Allerdings habe ich bei der letzten Party mit einem Mädchen aus dem Tanzteam herumgemacht, weshalb Lea mich seitdem noch mehr auf dem Kieker hat. Annas Frage war zwar nervig, aber eigentlich frage ich mich auch, ob Taylor kommen wird.
Auf dem Weg zum Boxen beschließe ich, Taylor einfach zu fragen, ob sie auch kommt. Tatsächlich ist sie ausnahmsweise schon vor mir in der Halle und wartet auf einem Kasten sitzend. Sie zieht sich gerade ihre Bandagen an, als ich bei ihr ankomme. „Na", sage ich und sie schaut kurz auf und lächelt leicht. Sofort bin ich etwas entspannter, scheinbar ist sie mir nicht böse wegen gestern. „Bock auf einen Kampf?", fragt sie und steht auf. Ich sehe ihr in die Augen und grinse leicht: „Wenn du wieder verlieren möchtest." Sofort flackert etwas in Taylors Augen auf, was dafür sorgt, dass mir ganz warm wird. Sie beißt sich auf ihre Lippe und meine Gedanken gehen in eine ganz falsche Richtung. Schnell schnappe ich mir Handschuhe und reiche ihr auch welche. Dann laufe ich in den Ring, hier denke ich zumindest nur noch ans Boxen. Taylor kommt mir nach und wir fangen an, uns gegenseitig zu testen. Mit jedem weiteren Versuch merke ich, dass sie letztes Mal nicht alles gegeben hat. Sie ist wirklich eine gute Boxerin und vermutlich besser als ich. Allerdings stört mich das gar nicht, weil es einfach echt Spaß macht, gegen sie zu kämpfen. Wir fordern uns gegenseitig heraus und es ist die meiste Zeit ein Duell auf Augenhöhe. Dann bin ich jedoch einen Moment lang unkonzentriert und halte meine Deckung nicht hochgenug. Taylors Faust trifft mich an meiner Schläfe und ich falle volle Wucht hin. Ich stöhne auf und höre Taylor über mir leicht lachen. Sie zieht sich ihre Handschuhe aus und hält mir ihre Hand hin, um mir aufzuhelfen. Ich ziehe ebenfalls meinen Handschuh aus und greife nach ihrer Hand. Anstatt mir hochhelfen zu lassen, ziehe ich sie jedoch herunter auf den Boden und versuche sie festzumachen. Kichernd wehrt sie sich und ruft: „Das ist gegen die Regeln." Ich lache nur und schaffe es, ihre Handgelenke auf den Boden zu drücken: „Ich war nicht k.o." Sie gibt sich lächelnd geschlagen und ihre Augen mustern mein Gesicht. Ich lächele leicht und flüstere: „Was siehst du?" Sie legt ihren Kopf leicht schief und beißt sich dann zum zweiten Mal heute auf ihre Unterlippe. Wenn sie das macht, sieht sie so heiß aus, dass ich mich kaum zusammen reißen kann. Ihr Blick wandert an meinem Körper herab und sie fragt: „Wie geht es deinem Bauch?" Ich seufze und lasse sie los, um aufzustehen. Dann helfe ich ihr auf und murmele: „Besser." Ich will jetzt echt nicht über meine Verletzung reden, auch wenn es mir schmeichelt, dass sie sich sorgt. Es sorgt sich nicht oft jemand um mich, was ich eigentlich auch immer gut so fand. Ich will mich wegdrehen und aus dem Ring steigen, als Taylor nach meinem Handgelenk greift: „Warte." Sofort kribbelt meine Haut unter ihrer Berührung und ich drehe mich wieder zu ihr. „Kommst du zu der Party am Samstag?", fragt sie und ich kann nicht anders als zu grinsen. „Kommst du denn?" Sie löst ihre Bandage und zuckt mit den Achseln: „Ich muss wahrscheinlich mit Lea und den anderen hingehen." Ich mustere sie und frage mich, warum sie mich dann gefragt hat, ob ich dort sein werde. „Dann wirst du doch eh nicht mit mir reden können", sage ich, was ich denke und in Taylors Blick sehe ich, dass sie das auch weiß. Als Stimmen von draußen zu hören sind, grinst sie und geht an mir vorbei. „Ich finde schon einen Weg, dich zu nerven", flüstert sie mir zu und ich sehe ihr schmunzelnd hinterher.
Als sie zu Nick läuft und mit ihm über irgendwas lacht, merke ich es deutlich. Ich mag Taylor und ich schaffe es nicht, mich von ihr fernzuhalten. Selbst wenn sie einen Freund hat, kann ich trotzdem Zeit mit ihr verbringen. Sie ist seit langem endlich mal wieder etwas, das mich an was anderes denken lässt. Etwas, dass mich von meinem Chaos Zuhause ablenken kann.
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My own heaven
RomanceTaylor ist eine fleißige, kluge junge Frau, die ihr Leben genau so führt, wie ihre Eltern es für sie vorgesehen haben. Doch sie trägt ein Geheimnis mit sich, sie fühlt sich zu Mädchen hingezogen. Das widerspricht ihrem Glauben und den könnte sie nie...