Kapitel 45

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POV Mila

Ich wache von dem Geräusch eines Handyweckers auf und bin verwirrt als er ausgeht, ohne dass ich mein Handy bedient habe. Müde blinzele ich und erst dann fällt mir auf, dass ich nicht zuhause bin. Ich spüre einen Körper neben mir, der unfassbare Wärme ausstrahlt. Taylor war schon eine absolute Wärmflasche als sie bei mir geschlafen hat. Verschlafen ziehe ich sie zu mir und kuschele meinen Kopf an ihren Hals. Ich spüre, wie sie schmunzelt und durch meine Haare streichelt. „Komm, wir müssen aufstehen." Ich grummele nur, weil es gerade echt bequem ist und meine Gliedmaßen viel zu schwer sind, um sie zu bewegen. „Meine Eltern stehen sonst auf und Noah fragt sich sicher auch, wo du bleibst", flüstert Taylor mir zu und sofort richte ich mich auf. Ich reibe mir über mein Gesicht und mir fällt der gestrige Abend wieder ein. Die Geschichte von Jean ist mir nahegegangen, obwohl ich es nicht vor Taylor gezeigt habe. Es macht mir große Angst, dass ich meine Freundin aufgrund ihres Glaubens verlieren könnte. Genauso wenig möchte ich, dass sie ihre Familie verliert oder ihren Glauben nicht mehr leben kann. Ich verstehe das ganze Phänomen Religion nicht wirklich, aber ich merke immer wieder, dass es Taylor viel bedeutet. Sie ist ein wundervoller Mensch und zweifelsohne ist dafür auch ihr Glaube verantwortlich. Ich wünschte nur, dass er nicht unserer Beziehung im Weg stehen würde. Ich habe nie gedacht, dass ich mir mal so etwas wünschen würde. Nie hätte ich überhaupt erwartet, dass ich mal eine Beziehung wollen würde. Es gibt immer noch Momente, in denen ich Angst habe, dass ich Taylor zu nah an mich heranlasse. Sie weiß mehr über mich als jeder andere, obwohl ich sie noch nicht lange kenne. Ich weiß, dass ich es kaum aushalten würde, wenn sie aus meinem Leben verschwinden würde. „Alles gut?", fragt Taylor mich und mustert mich dabei besorgt. Sie sitzt mittlerweile auch aufrecht im Bett und streichelt sanft meine Hand. Ich nicke sofort und lächele sie an, damit sie sich keine Gedanken macht.

Dann quäle ich mich aus dem Bett und ziehe mir meine Klamotten an. Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, sie ausgezogen zu haben. Tatsächlich lag ich nur in Unterwäsche und einem Shirt im Bett, das nicht mir gehört. Ich will es ausziehen, doch Taylor hebt ihre Hände: „Du kannst es behalten, es passt mir ja eh nicht." Ich habe mich schon gefragt, wie mir eins ihrer Shirts passen kann. Als ich den Aufdruck des Shirts genauer betrachte, klappt mein Mund auf. „Im Ernst?", frage ich und Taylor kichert, während sie sich ein Oberteil überstreift. Auf dem Shirt, das ich trage, steht irgendein Psalm, den ich natürlich noch nie gehört habe. „Hab ich auf meiner alten Schule mal geschenkt bekommen, aber dir steht es besser als mir", sagt sie und grinst immer noch. Ich schüttele den Kopf, muss aber auch schmunzeln. Ich überlege kurz, es doch auszuziehen, doch letztendlich behalte ich es an. Wie wahrscheinlich ist es, dass ich noch mehr Klamotten von Taylor bekomme? Zumindest riecht es angenehm nach ihr und es wird mich immer daran erinnern, bei ihr geschlafen zu haben. „Los du Depp, wir müssen los", fordert sie mich auf und drückt mir einen Kuss auf meine Wange. Schmunzelnd schleiche ich ihr hinterher und bin wirklich froh, dass wir aus dem Haus kommen, ohne jemanden zu wecken.

In der Pause sitze ich heute ausnahmsweise allein auf einer Bank und rauche. Anna ist erkältet, obwohl ich eher glaube, dass sie keinen Bock auf Mathe hat. Meine Laune ist trotzdem in Ordnung, weil der Morgen schön war. Noah hat sich riesig gefreut, von Taylor geweckt zu werden und mit ihr zum Kindergarten zu laufen. Der Schulweg war viel schöner als sonst und wir kamen sogar pünktlich an. Taylor schafft es immer wieder, meinen Blutdruck zu senken und mich zu beruhigen. Alles scheint mit ihr irgendwie klarer und einfacher. Die ganze erste Stunde habe ich damit verbracht, sie zu ärgern und ich habe nur damit aufgehört, weil Lea mich beobachtet hat. Wie sehr wünschte ich manchmal, dieses Mädchen nicht zu kennen. Ihre Mutter hat mich neulich mal wieder ermahnt, weil mein ständiges zu spät kommen eine Unart sei. Lea ist genauso hochnäsig und von sich selbst überzeugt wie unsere Direktorin und deswegen hasse ich diese Schule. Als hätte ich es heraufbeschworen, kommt Lea auf mich zu. Genervt will ich aufstehen, doch es ist zu spät, weil mir ihre Tänzerinnen den Weg versperren. Erstaunlicherweise ist Taylor nicht bei ihnen, was mich etwas freut. „Was willst du?", frage ich und schnipse meine Zigarette auf den Boden. Lea mustert mich abwertend und sagt: „Du bist einfach nur peinlich." Ich verdrehe die Augen und verschränke meine Arme vor meiner Brust: „Und das interessiert dich weil?" Sie streicht sich provokant ihre rosa Bluse glatt und zischt: „Weil Leute wie du ein schlechtes Licht auf diese Schule werfen." Ich ziehe eine Augenbraue hoch und etwas Wut sammelt sich in mir: „Leute wie ich?" Sie lächelt triumphierend und ich spanne mich sofort an. Sie kennt meine Situation zuhause, weil sie mich einfach schon ewig kennt.

Nie hätte ich gedacht, dass sie so tief sinken würde, das gegen mich zu verwenden.

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