Kapitel 39

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POV Mila

Es ist noch etwas Zeit, bis ich Noah vom Kindergarten abholen muss. Ich sehe schon den ganzen Tag in Taylors Augen ihre Unsicherheit. Diese Unsicherheit habe ich schon mal gesehen, nur bei einer anderen Person. Damals habe ich nichts dagegen unternommen und es hängt mir noch immer manchmal nach. Ich führe Taylor durch einige Straßen hin zu einem kleinen Wäldchen. Viele Leute aus unserem Viertel gehen hier häufig spazieren, vor allem für Hunde ist der Wald ein Traum. Früher war ich öfters mit meinen Eltern hier, doch mittlerweile gehe ich kaum mehr hier her. So wie Taylor alles begutachtet, kennt sie den Teil des Viertels noch nicht. „Warum zeigst du mir das erst jetzt?", fragt sie und streicht über die Rinde eines der Bäume. Ich hätte mir denken können, dass sie ein Naturmensch ist. Ich seufze und schlage einen Weg ein, der eher ein Trampelpfad ist. „Komm mit", sage ich und führe sie durch einige Zweige. Der Weg ist mittlerweile relativ zugewachsen, doch ich kenne ihn immer noch auswendig. Zu oft bin ich ihn in meinem Leben gegangen und gerannt, wenn ich als Kind im Wald gespielt habe. Nach einigen Metern lichten sich die Bäume etwas und wir kommen zu einer kleinen Hütte, die mittlerweile wirklich schäbig aussieht. Früher war es ein süßer kleiner Platz, an dem man schön picknicken konnte. Taylor betrachtet das kleine Häuslein interessiert und sieht mich dann an: „Was ist das?" Ich seufze und erinnere mich an eines der letzten Male, an denen ich hier gewesen war. „Weißt du, hier habe ich zum ersten Mal ein Mädchen geküsst", erkläre ich und Taylor muss leicht schmunzeln. „Und wie alt warst du da, zehn?", fragt sie mit leicht neckendem Unterton. Ich verdrehe grinsend die Augen, natürlich denkt sie, dass ich frühreif war. „Ich war 14 und ich war danach echt verwirrt. Es mag schwer vorstellbar sein, aber ich habe kein angeborenes Selbstbewusstsein. Ich habe an dem Abend zuhause geweint und mein Vater kam zu mir. Ich habe ihm erzählt, was passiert ist und er hat gelächelt. Er hat einfach nur gelächelt und mir gesagt, dass er mich versteht. Diese kleine Geste hat sich bei mir eingebrannt und ich habe kapiert, dass ich genauso viel wert bin wie alle anderen." In Taylors Augen sehe ich ihre Rührung und auch, dass sie weiß, dass meine Mutter damals noch da war. Es war kurz vor Noahs Geburt und ich werde diesen Abend nie vergessen. „Ich will dir damit nur sagen, ich weiß, wie schwer es ist. Ich weiß, dass du Zeit brauchst, um es zu verstehen", sage ich zu Taylor und gehe einen Schritt auf sie zu. „Ich weiß, dass du Angst hast und die habe ich auch. Vielleicht sogar mehr als du denkst, aber ich will das mit uns. Und ich hoffe sehr, dass du es auch möchtest." Taylors Blick ist warm und ihre Augen sind glasig, doch einen Moment lang sagt sie nichts. Dann lächelt sie leicht und nickt: „Natürlich will ich das." Ich grinse und als sie einen Schritt auf mich zu kommt, ziehe ich sie in einen engen Kuss. Ich hab es vermisst, sie zu küssen und sofort habe ich eine Gänsehaut am Körper. Ihre Zunge berührt meine und ich seufze in den Kuss hinein. Sofort muss ich an die Nacht denken, die wir geteilt haben und es kribbelt in mir. Wie gerne würde ich sie nochmal so berühren und ihren Körper mit weniger Kleidung sehen. Sicherlich wäre sie dazu nicht bereit, ich muss mich zusammen reißen. Ich werde jedoch vom Gegenteil überzeugt als Taylors Hand den Weg unter mein Shirt findet und die nackte Haut meines Bauches berührt. Sofort ächze ich auf und zucke zurück, die Verletzungen sind noch immer frisch. Entsetzt weiten sich Taylors Augen und sie sagt schuldbewusst: „Tut mir leid, das wollte ich nicht." Ich lächele sie beruhigend an und streichele ihre Wange: „Alles gut." Sie wirkt trotzdem besorgt und in ihrem Blick sehe ich, dass ihr schon länger etwas auf der Seele brennt. Sie mustert meinen Körper und ich verstehe, warum sie mich heute schon den ganzen Tag ständig begutachtet. Seufzend ziehe ich mein Shirt hoch und zeige ihr die blaue Stelle an meinem Körper. Die Schwellung ist zum Glück zurückgegangen, doch die Farbe sieht dafür noch schlimmer aus. Taylor sieht aus als würde sie gleich weinen und das bricht mein Herz. Schnell überdecke ich die Verletzung wieder und lächele: „Ich habe schon Schlimmeres überstanden." Taylor runzelt bedrückt die Stirn: „Wie soll mich das jetzt aufmuntern?" Ich schmunzele und gebe ihr einen kurzen Kuss, dann lege ich meine Stirn an ihre. „Ich bin glücklich, Tay", flüstere ich und schaffe es damit, sie zum lächeln zu bringen. „Ich auch", erwidert sie und legt ihre Lippen sanft auf meine.

Es ist schön, mit ihr hier zu sein und auch mal einen schönen Kuss hier zu erleben. Jetzt bin ich mit der richtigen Person hier, da bin ich mir sicher.

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