Montag, 9. November

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Die letzten Wochen waren schrecklich gewesen. Samantha mied mich nicht einfach nur, viele hatten die Situation mitbekommen, gaben mir seltsame Blicke jedes Mal, wenn ich einen Raum betrat. Und dieses Mädchen sah mich nicht wütend an, nein, das war nichts im Vergleich. Ihre Augen gerötet und von Augenringen umgeben, erblickte ich sie täglich. Ihre Haut war so blass, ihre zierliche Figur war nur noch ein Gerüst aus Haut und Knochen. Ich sah ihre traurigen Augen jede einzelne Nacht, während ich versuchte einzuschlafen. Lisa, Daphne und Parvati stellen klar, dass sie mich nicht verstanden, aber versuchten hinter mir zu stehen. Und Hannah, meine beste Freundin seit einigen Jahren, sie bestrafte mich ebenfalls mit Schweigen. Sie hielt nichts von Blaise mit dem ich aus Demonstrationszwecken ab und zu rummachte. Er und seine Freunde zogen mich seit dem ersten Jahr auf, Hannah war diejenige, die mich im Anschluss trösten musste. Und nun traf ich mich mit einem der Menschen, die mein Leben zur Hölle machten. Hannah fühlte sich wie mein platonischer Seelenverwandter an, ich durfte sie nicht verlieren. Ich hielt es einfach nicht mehr aus. Und wenn das nicht genug war, die Weasley-Zwillinge hielten zu ihrem Bruder und seinen Freunden. Konnte es noch schlimmer werden?

„Hannah?", ich hatte den Nachmittag damit verbracht, sie zu suchen. Sie hatte sich in der Küche zu den Hauselfen gesellt, einer ihrer Lieblingsorte. „Was willst du?", ich ließ mich neben sie fallen, an die Wand gelehnt. „Warum Zabini? Kleingranger steht auf dich. Du hättest ihr einfach sagen können, dass du ihre Gefühle leider nicht erwidern kannst, fertig. Du hättest ihr Herz nicht in etliche Teile zerspringen lassen müssen", geistesabwesend schälte meine beste Freundin eine Kartoffel, half den Hauselfen, wie so oft. Mein Kopf begann zu pochen. „Das ist das Problem", zum ersten Mal seit Tagen blickte sie auf, um mir in die Augen zu sehen. „Ich weiß nicht, ob ich nicht auch in sie verknallt bin", flüsterte ich, konnte kaum fassen, was mir gerade über die Lippen gekommen war. „Wo liegt dann das Problem?", sie strich sich mit ihren Handrücken eine kurze Strähne aus dem Gesicht. „Ich bin ein Mädchen. Sie ist ein Mädchen", ich legte meinen Kopf in den Nacken, blickte an die schlichte Decke. „Wir leben nicht mehr im Mittelalter, Cassie", ich konnte ein Schmunzeln aus ihrer Stimme heraushören. „Ich weiß, man. Aber mein ganzes Leben war ich mir sicher, eines Tages hätte ich eine Familie. Würde mich mit meinem Ehemann um unsere Kinder kümmern. Eine Sache in meinem Leben, bei der ich mir sicher sein konnte. Das hier passt doch gar nicht zu mir", einen Moment der Ruhe, nur die Arbeit der Elfen war zu vernehmen. „Ich bin pansexuell", durchbrach die Hufflepuff die Stille. „Was bedeutet das?", verwundert, neugierig blickte ich sie von der Seite an. „Ich stehe auf Menschen, mir ist ihr Geschlecht egal, ich verliebe mich in den Charakter dahinter", ich ließ ihre Worte auf mich einwirken. Nun blickte auch sie mich an. „Die Gesellschaft sagt uns, wie wir sein sollen, Cass, aber letzten Endes musst du deinen eigenen Weg finden", unbewusst ließ ich mein Kopf auf ihrem Schoß nieder. „Ich habe es wirklich versaut, oder?", lachend nickte sie. „Ich habe jemanden wie dich nicht verdient, oder dass ein Mädchen wie Samantha Interesse an mir hat", sie regte sich nicht. „Was hast du bei eurem Kuss an Halloween empfunden?", nichts Verurteilendes lag in ihrer Stimme. „Ein Feuerwerk", unbewusst begann ich zu grinsen. „Sie hat Teile meines Körpers lebendig geküsst, von dessen Existenz ich nicht einmal wusste". „Was hast du bei Zabini gefühlt?", mein Grinsen erstarb. „Nichts", hauchte ich.

„Scheiß auf Leute. Mach was dich glücklich machte, Kleine. Leute werden reden, egal was du tust. Du lebst nur einmal. Beweise endlich, dass du eine der klügsten dieses Jahrgangs bist", ich drückte mich hoch, zog Hannah mit mir. „Danke", ich zog sie in eine Umarmung, fühlte die Wärme, die ich die letzten Tage vermisst hatte.

Ich wusste nicht wie, aber plötzlich fand ich mich selbst vor dem Porträt des Gryffindor Gemeinschaftsraumes wieder. Als Vertrauensschüler kannte ich alle Passwörter. Mein Bedürfnis dieses Mädchen wiederzusehen wurde von Minute zu Minute größer. „Bertie Botts Bohnen", murmelte ich. Ohne mich anzublicken, öffnete der Ritter im Bild die Tür. Viele Schüler lernten am heißen Kaminfeuer. Der Raum fühlte sich wie ein perfekter Kontrast zum Slytherinraum an. „Falls es dir entgangen ist, Sanders, dies hier ist der Gryffindorgemeinschaftsraum", die mir allzu vertrauten roten Haare sprangen in mein Gesicht. „Danke, Ronald, es wäre mir fast entgangen", ich drang mich an ihm vorbei, lief in Richtung der vermutlichen Schlafräume. Fred und George erschienen zwischen mir und der Treppe. „Du solltest gehen, Cass", Fred wagte es kaum mir in die Augen zu blicken. „Jungs, ihr kennt mich, ich will-", „tun wir das", George sah enttäuscht auf mich herab. „Die Cassie, die wir kennen, würde niemanden auf diese Weise das Herz brechen, um mit jemandem wie Zabini auszugehen, warum krallst du dir nicht direkt Malfoy?", Freds Stimme wirkte anders, kühl. Alle Augenpaare des Raumes lagen auf uns. „Ich habe einen Fehler begangen, okay? Und gerade versuchte ich ihn wieder gut zu machen", verzweifelt blickte ich die einzigen Jungen an, die es geschafft haben, einen sicheren Platz in meinem Herzen zu ergattern.

„Wenn du unser Vertrauen missbrauchst", begann George, „werden wir es dir niemals verzeihen", beendete Fred. Dieser Ton ließ mein Blut gefrieren. Ich nickte zustimmend, endlich ließen sie mich vorbei. „Rechts, dann die 2. Tür links", riefen sie mir synchron hinterher. Ich erreichte den Flur. Streckte meine Hand nach dem Türknauf aus, verbrannte mich daran in der nächsten Sekunde. „Denke nicht einmal daran", Hermione stand auf einmal neben mir. „Ich weiß, wie es aussieht, aber-", sie schüttelte meine Worte mit einer Handbewegung ab. „Bitte, lass mir eine Chance mich zu erklären", sie zog ihren Zauberstab hervor. „Nein", sagte sie trocken, richtete ihren Stab auf Höhe meines Herzens. „Geh, oder ich rufe McGonagall", ihr Ausdruck ernster, als ich es jemals zu Gesicht bekommen habe. „Hermione, bitte, ich wollte sie nicht verletzen", aus ihrem Zauberstab traten rötliche Funken. „Oh ja?! Tja du hast aber meine kleine Schwester mehr verletzt, als ich es für möglich gehalten hätte, jetzt hau ab, oder ich füge dir ihren mentalen Schmerz physisch zu", sie drängte mich die Treppen hinunter. Schließlich stand ich dort, wo ich angefangen hatte.

Ich hatte ein unschuldiges Mädchen zerstört.

my magical diaryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt