Ich fand den Gedanken immer unrealistisch, dass andere über mich nachdachten, an mich dachten, wie sie mir durch den Kopf gehen. Nachdem ich seit über sechs Wochen nichts mehr von einer magischen Person gehört hatte, fürchtete ich, meine Magie würde verschwinden. Wir waren letzte Woche aus einem Urlaub am Mittelmeer zurückgekehrt, plötzlich merkte ich wieder, wie ruhig alles war.
Wie es Hannah wohl gerade erging. Diese Hufflepuff war nicht dafür bekannt, dass sie gern unter vielen Menschen war, aber sie verstand mich. Wortlos. Keine detaillierte Ausführung war nötig gewesen. Wir akzeptierten und kannten so gut wie alles an dem anderen. Ich vermisste sie, wurde jedes Mal daran erinnert, wenn ich das Plüschalpaka auf meinem Bett liegen sah, welches sie mir in unserem dritten Schuljahr geschenkt hatte.
Izzy hatte sich auf meinem Schoß zusammengekrümelt, während ich alles durchging, was ich für das folgende Schuljahr brauchen würde.
Parvati und Lisa waren wahrscheinlich gerade zusammen am Auskatern. Lisa hatte mehr Freunde als viele andere Gehirnzellen, trotzdem gab sie jedem Einzelnen das Gefühl, einen besonderen Platz in ihrem Herzen zu haben. Sie brachte mich oft zum Lachen und es gab eine Vielzahl an Themen, mit denen man außergesprochen gut mir ihr reden konnte. Sie war so anders als Parvati, welche sich manchmal zu sehr in Schule hineinhing. Sie war ein herzensguter Mensch, zu lieb für diese Welt. Ihre Anwesenheit ließ einen einfach gut fühlen.
Daphne. Wir redeten nicht viel, obwohl wir uns seit Jahren ein Zimmer teilten, aber dies war auch nicht nötig gewesen. Wir wussten, dass wir uns auf den anderen verlassen konnten, wenn es darauf ankam.
Die Zwillinge. Ich vermisste ihre Streiche, ihr synchrones Sprechen oder das Beenden des Satzes für den anderen. Ihr Lächeln, ihre Art. Die Weise, wie sie versuchten, die großen Brüder zu sein, die ich nie hatte. Sie gaben mir ein Gefühl von Schutz, den ich nicht unbedingt nötig hatte, welcher sich jedoch trotzdem unglaublich anfühlte.
Ich hatte so ein Glück mit meinen Freunden und ich wollte die letzten zwei verbleibenden Jahre damit nutzen, ihnen dies zu zeigen.
Und Samantha. Dieses Gefühl des Vermissens war am schlimmsten. Ich suchte sie in meinen Spiegelbildern, hoffend sie würde direkt hinter mir stehen. Wenn ich eine Tür öffnete, ging ich davon aus, sie würde einfach dahinter auf mich warten. Die Enttäuschung der Realität war größer als gedacht. Schon seit einem dreiviertel Jahr waren wir nun schon zusammen, die Zeit verflog seit jenem Tag im Astronomieturm. Der Tag hatte plötzlich zu wenig Stunden, wenn sie bei mir war. Minuten zogen sich in die Länge ohne sie. Ich fühlte mich so einsam. All das Vermissen würde bald ein Ende finden. Mithilfe meines Kamins würde ich die Winkelgasse erreichen, in der ich zu mindestens den Zwillingen begegnen würde.
„Bist du dir sicher, dass du gehen willst, Schatz? Deine Welt schien in letzter Zeit sehr... unruhig", ihre besorgten ozeanblauen Augen blickten mich an. Jedes Mal, wenn sie mich so ansah, vergaß ich, dass sie eigentlich nicht meine biologische Mutter war, denn sie sah mich an, wie eine Mutter ihr Kind anblickte. „Ich komme klar, Mum, bis morgen", ich hauchte meinen Eltern einen Kuss auf die Wange. Izzy miaute mich an. „Ich komme morgen wieder, Kleine", ich streichelte kurz durch ihr pechschwarzes Fell. „Bis gleich", murmelte ich, verschwand im grünlichen Kaminfeuer. Ich hatte diese Tortur langsam als Routine in meinem Kopf gespeichert. Schnell fand ich in dem Laden Halt, welcher die Muggelstraßen Londons von der Winkelgasse trennte.
Mir blieb der Atem stehen. Die Gasse, wie ich sie kennengelernt hatte, existierte nicht mehr. So gut wie alle Läden waren halb abgebrannt, ausgeraubt, Gläser zerbrochen. Nur ein einziger brachte leuchtende Farben in die graue Straße. Auf eben diesen Laden steuerte ich zu. Stimmengewirr war zu vernehmen, wurde immer lauter. Der Laden von über drei Etagen hinweg gefüllt mit Scherzartikeln in den verschiedensten Farben und Auswirkungen. „Wow", flüsterte ich. Es war erstaunlich, was die beiden in wenigen Monaten aufgebaut hatten. „Wir haben dich", „schon erwartet", neben mir standen die beiden auf einmal. Nacheinander gab ich ihnen eine feste Umarmung. „Wie liefen die ZAG's?", Fred grinste seinen Bruder an, ich wusste genau, an welche Situation sie eigentlich dachten. „Fast überall Bestnoten", ich hätte Kräuterkunde schon letztes Jahr abwählen sollen. Die Jungen führten mich durch den halben Laden durch eine verschlossene Tür. Einen Flur entlang befand sich anscheinend ihre Wohnungstür. Ihre Wohnung war nicht riesig, genau richtig für die beiden Zwillinge. „Du kannst in Freddies Zimmer schlafen", George öffnete die Tür. Im Zimmer selber befand sich ein Bett, ein Schrank, sowie ein angrenzendes Badezimmer. Ich hatte das Bedürfnis, aus meinen unbequemen Klamotten zu schlüpfen. Als die Jungs zurück in ihren Laden gingen, öffnete ich den Schrank und nahm mir einen von Freds Sweatern heraus. Natürlich war er mir viel zu groß, aber ich fühlte mich unglaublich wohl darin, nicht zuletzt dem bekannten Geruch zu verschulden. Ich wollte mich nützlich machen, ging also ebenfalls zurück in den Laden.
In den wenigen Minuten, in denen ich weg war, ist der Laden rappelvoll geworden. „Kann ich irgendetwas tun?", Fred drehte sich zu mir um, verstumme bei dem Anblick von seiner Kleidung an meinem Körper. „Oh, tut mir leid, hätte ich das nicht anziehen sollen?", entschuldigend sah ich ihn an. „Nein, nein, der Anblick ist nur... ungewohnt, aber es steht dir, behalte ihn ruhig", George trat hinter ihm auf. „Du kannst an der Kasse aushelfen", sagte er im Vorbeigehen. Nickend fand ich meinen Weg zum Erdgeschoss, stellte mich zu der jungen Hexe, welche hastig versuchte mit dem Ansturm an Kunden mitzuhalten. „Hey, brauchst du Hilfe?", sie schaute kurz zu mir auf. „Merlin, sei Dank. Kannst du das für mich übernehmen?", wortlos sprachen wir uns ab, teilten uns die Abkassierungen ein, um es zu optimieren. „Ich bin übrigens Angelina", sie grinste mich von der Seite mit ihren dunklen Augen an. „Stimmt, du hast in den letzten Jahren mehr Bälle beim Quidditch durchbekommen, als jeder andere. Ich bin Cassie", ich reichte ihr eine Hand, welche sie schütteln annahm. „Du bist wirklich eine exzellente Hüterin", „du eine perfekte Jägerin", gab ich das Kompliment zurück. „Bist du eigentlich mit George zusammen?", fragte ich nach einer kleinen Minute der Stille. „Ja, es ist noch recht frisch, aber es macht mir echt Spaß, hier auszuhelfen. Du bist mit Fred zusammen, stimmt's?", sie grinste erneut. „Nein", lachte ich, der Gedanke daran war einfach zu komisch. „Wirklich? ich dachte nicht weiter über ihre Worte nach. Ich hatte auch Schwierigkeiten, den Grad zwischen platonischen und romantischen Gefühlen zu erkennen, vor allem bei anderen. „Nein, die beiden sind wie Brüder für mich, retten mich hiermit von der ewigen Langeweile der Sommerferien".
‚Arbeiten' war spaßiger, als ich es erwartet hätte. Leider traf ich nicht eine wirklich familiäre Person. Der Tag verging viel zu schnell. Angelina und ich kümmerten uns um den letzten Kunden. „Gute Arbeit, Mädels", Fred und George erreichten uns, George drückte seiner Freundin einen Kuss auf die Schläfe. Glückliche Pärchen, seit Wochen waren sie der Grund, weshalb ich Samantha noch mehr vermisste. Angelina hatte uns Abendbrot gekocht, welches wir dankend annahmen. Sie und George verschwanden in seinem Zimmer, nachdem sie uns eine gute Nacht wünschten. „Bis morgen", Fred hatte das letzte Geschirr beseitigt. „Wo wirst du schlafen?", diese Wohnung hatte nur zwei Schlafzimmer, dessen war ich mir bewusst. „Die Couch", grinste er und zeigte auf den Zweisitzer, welcher nicht ansatzweise für seine Körpergröße genügte. „Ist dein Bett nicht groß genug für uns beide?", ich wollte nicht, dass er sich wegen mir Umstände bereitete, außerdem schlief ich ständig mit den beiden in einem Bett, was war schon dabei? Er versuchte, zu protestieren, ich winkte ab und machte mich im Badezimmer fertig. Fred gab mir ein altes Shirt von ihm, da ich meine Schlafkleidung Zuhause vergessen hatte. Wusste ich doch, dass ich etwas liegen gelassen hatte. „Nox", murmelte ich, bevor ich meinen Stab auf dem Nachttisch ablegte. „Gute Nacht, Kleine", flüsterte Fred in den dunklen Raum. „Bis morgen". >Ich dachte, dass wäre eindeutig, bei der Art, wie er dich anblickt<, Angelinas Worte begegneten erneut meinen Gedanken. Es konnte nicht sein. Nach all den Jahren, in denen wir uns kennen, hätte es mir auffallen müssen. Es war einfach nur absurd.
DU LIEST GERADE
my magical diary
FanfictionNormal. Ich hasste dieses Wort und doch beschrieb es mich wunderbar, jedenfalls dachte ich dies. Schlag auf Schlag lernte ich immer mehr über mich und meine Vergangenheit. Von meiner magischen Seite und der Zauberschule im Ausland. Und von der dunkl...