Bittersüß... oder Julias hoffnungsloser Traum

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Der Tag der Premiere begann wie so ziemlich jeder Tag der vergangenen zwei Wochen mit dem Gedanken daran, dass der Traum, den ich selbst kaum wahrhaben wollte, nicht in Erfüllung gehen würde. Meine Mum hatte mich höchst persönlich am Samstagmorgen geweckt. Als sie in mein Zimmer gekommen war, brachte sie den Duft von Butter und Vanille in herein- sie hatte zusammen mit Mrs Graham Pancakes gemacht. Als meine Mum die Vorhänge meines Zimmers zur Seite schob, stöhnte ich auf und zog mir die Decke über den Kopf.

"Komm Schatz, du musst aufstehen.", sagte sie und ich spürte, wie sie sich neben mich auf das Bett setzte. "Ich habe das Gefühl, dir liegt seit einiger Zeit etwas auf dem Herzen." Sie schob die Decke wieder von meinem Kopf herunter und strich mir durch das Haar. Ich erinnerte mich daran, dass sie das früher öfter getan hatte, als ich noch klein gewesen war.

Ich wusste, ich konnte ihr nicht von Ian erzählen, oder Jake, oder sonst irgendetwas, das mit ihm zu tun hatte, also schwieg ich und starrte an ihr vorbei. Es war gemein, das wusste ich. Immerhin hatte sie mir in letzter Zeit so viel Vertrauen entgegengebracht. Sie hatte sich extra frei genommen und geplant, in London zu bleiben, damit sie sowohl die Premiere, als auch meinen Geburtstag mitbekam.

Schließlich seufzte sie und stand auf. Sie wollte wohl das Zimmer verlassen, blieb dann aber kurz stehen. "Du kannst mit mir reden, Cloe." Kurz schwieg sie. "Egal, worüber." Das egal betonte sie so sonderlich, dass ich dachte, sie ahnte, was mich so bedrückte. Oder eher gesagt, wer.

Miranda und ich standen im Kostümlager, dem kleinen Raum, in dem Mrs Millerton Jake und mich einmal versehentlich eingesperrt hatte. Mittlerweile war das Schloss ausgewechselt worden und Miranda und ich hatten es hin und wieder genutzt, um ungestört plaudern zu können, denn die ganzen Regale voller Stoffe und Kostüme an den Wänden dämmten ganz hervorragend ab. Miranda war damit beschäftigt, mir das Korsett zu schnüren.

"Was, wenn er es selber gar nicht so gemeint hat?", meinte Miranda und begann, die Schnüre einzufädeln. Wir sprachen zum x-ten Mal über ein und dasselbe Thema.

"Warum hätte er es dann sagen sollen?", fragte ich zurück.

"Naja, vielleicht hat er genauso viel Schiss davor, über seine Gefühle zu sprechen, wie du."

Ich schwieg für eine Weile. "Ich bin mir nicht sicher, ob ich das überhaupt noch will. Denk mal an all die Leute, denen wir es sagen müssten. Und dann ist ja auch in ein paar Tagen dieses Treffen mit der Familie, da kommt das sicher auch total komisch. Und wenn er es nicht ernst gemeint hat mit der Freundschaftssache, dann kann ich ihn ja auch nicht zwingen, die Wahrheit zu sagen."

"Und wenn DU IHM die Wahrheit sagst?", fragte Miranda etwas gereizt und schnürte das Korsett enger.

"Dann kann es immer noch sein, dass er es ernst meinte.", murmelte ich.

"Und was wäre dann das schlimmste, das passieren könnte?"

"Ich stehe wie eine Idiotin da.", antwortete ich.

Miranda hörte auf, mich zuzuschnüren und drehte mich zu sich um. "Sag das nochmal, ohne mich anzulügen."

"Was?", fragte ich verwirrt.

"Dir war es schon immer egal, wie du vor anderen dastehst. Also was ist wirklich das Problem?" Sie sah mich durchdringend an.

Ich sah meine beste Freundin an und wollte anfangen, zu weinen. Mit brüchiger Stimme antwortete ich: "Ich habe Angst, dass wir danach gar nicht mehr miteinander reden."

Mirandas Blick wurde ganz sanft und dann nahm sie mich fest in den Arm. "Dich hat es ja echt hoffnungslos erwischt, oder?"

Ich nickte nur und wollte diesen kleinen Raum am liebsten nie wieder verlassen. Aber leider mussten wir.

A Little Dream of YouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt