Jacob (zeitgleich zum vorigen Kapitel)
"Verarsch mich nicht!", fauchte Bethany. "Das ist doch erstunken und erlogen."
Was GENAU ihr Problem mit Cloe war, war noch nicht ganz zu mir durchgedrungen, aber auf jeden Fall war ich noch nie so angewidert von ihr gewesen wie in diesem Moment.
Ihre von Gloss penetrierten Lippen hatten sich geschürzt und ihre aufgemalten Augenbrauen wütend zusammengezogen, während sie am Spint lehnte und am Strohhalm ihres Bechers zog. Vor einem Jahr hatte sie noch normal ausgesehen. Ganz hübsches Gesicht, eine attraktive Figur. Aber vor allem war sie natürlicher gewesen. Mit der Zeit war immer weniger davon übrig gewesen.
Jetzt trug sie den Rock ihrer Uniform mindestens zwei größen zu klein und die Bluse viel zu weit aufgeknöpft.
Was zu Anfang noch überraschendes Sexappeal gewesen war, war zu einer willenlosen Klette mutiert. Und eine Klette war leider gerade das letzte, was ich in meinem Leben gebrauchen konnte."Das ist doch albern. Außerdem habe ich einen scheiß Hunger und die Küche in der Cafeteria hat sicher schon zu. Danke dafür."
"Mir ist dein Hunger egal. Ich will wissen, warum die Williams-Schlampe bei euch war!"
Ich stöhnte und fuhr mir durch die Jahre. "Hatten wir nicht eine Abmachung, dass du dich aus meinen Angelegenheiten rauslässt?"
"Wenn wir diese Beziehung..."
"Fake-Beziehung!", warf ich murmelnd ein.
"WENN wir diese Beziehung durchziehen wollen, musst du ehrlich sein."
"Erstens muss ich einen Dreck. Ich dachte, dass hätte ich dir klar gemacht. Und zweitens kennst du die Wahrheit schon. Nämlich, dass sie geschäftlich da war und ich jetzt essen gehe. Sofern es davon noch was gibt."
Als ich in Richtung Cafeteria ging und Beth klar wurde, dass wir nun wieder in die Öffentlichkeit traten, dackelte sie mir hinterher und klammerte sich an meinen Arm.
"Du kannst bei meinem Milchshake mittrinken."
Wie schade, dass bei ihr an einigen Charakterzügen gespart wurde.Wir betraten die Mensa und ein Blick auf die Essensausgabe, die schon durch den Rolladen verschlossen verriet, dass nicht mal mehr die Köche waren da, um einem noch schnell Reste zusammenzukratzen.
"Na super, die Küche ist zu. Danke Beth.", grummelte ich.
"Hier, ich habe dir doch gesagt, du kannst von meinem Milchshake trinken." Sie hielt mir ihren Becher hin. "Außerdem ist es im Prinzip die Schuld dieser Williams-Schlampe."
Hoffentlich hörte Cloe das nicht. Das würde im Desaster enden.
Doch wie immer, wenn ich mal Glück brauchte, kam es nicht so.
Cloe stand genau hinter uns und fragte Beth, was sie da gesagt hatte. Sie hatte wieder ihr klassisches Sonnenschein-Lächeln aufgesetzt, nur mit einem Hauch Zickigkeit.
Ich stöhnte. Ich hatte keine Lust, dass Bethany wieder Leute zum weinen brachte. Aber Cloe würde sogar für sie eine harte Nuss werden.
"Ich habe dich doch nur Williams-Schlampe genannt."
Ich musste sie auf jeden Fall JETZT hier weg bringen, doch Bethany ignorierte meine Beruhigungsversuche. Die Tatsache, dass sie mich Babe nannte, löste in mir einen Kotzreiz aus.
"Ich wollte mich nur entschuldigen.", hörte ich sie sagen.
Es war zu spät, Beth holte zum finalen Schlag aus. Niemals in hundert Jahren würde jetzt eine Entschuldigung kommen. Ich hielt den Atem an.
"Wie hieß dein Vater noch gleich?", fragte sie.
In mir spannten sich alle Muskeln an. Das war Cloes sensibles Thema, das wusste sogar ich.
Ich sah sie ernst an, in der Hoffnung, sie würde auf dem Boden bleiben.
Doch anstatt auszurasten oder loszuweinen fasste sie sich und faltete Beth in einer Predigt zusammen, die ich selbst nicht besser hätte formulieren können.
Doch leider beruhigte das Beth so überhaupt nicht. Sie kochte jetzt erst so richtig hoch.
Ich sah Mark an, der neben mir stand und zurückblickte. Beth hatte schon des öfteren den einen oder anderen Schlag verteilt, aber selten war sie so wütend gewesen.Die Katastrophe begann so richtig, als sie Cloe ihren Shake entgegenfeuerte. Der Raum keuchte beinahe synchron auf, dann war es still, alle erwarteten ihre Reaktion. Ich konnte nicht einschätzen, was passieren würde.
Schließlich blickte Cloe an sich herunter und zog unter ihrem Arm ein Taschenbuch hervor, das mir zuvor nicht aufgefallen war. Doch ich erkannte es als ihre Version von 'Romeo und Julia', die sie des öfteren in den Proben gelesen hatte.
In meinem Kopf machte es klick: Das war das Buch, das Bob ihr hinterlassen hatte, wahrscheinlich der Grund, weswegen das ganze Stück ihr so viel bedeutete.
Und ebendieses Buch triefte jetzt zur Hälfte voll mit Milchshake.
Etwas schlimmeres hätte Beth wohl nicht tun können.
Und dann schien in Cloes Augen etwas aufzuflackern, was ihr ganzes Gesicht beschattete und sie dazu bewegte, etwas zu tun, was sicher keiner von der aufbrausenden, aber nie gewalttätigen Cloe Williams erwartet hätte. Sie ging auf Beth zu, packte sie am Kragen und verlangte mit einer so eiskalten Stimme nach einer Entschuldigung, dass mir ein Schauer über den Rücken lief.
Doch Beth gab ihr nicht, was sie wollte. Stattdessen holte sie zum Schlag aus und...
...lag wenige milisekunden später auf dem Boden.
Sogar mir klappte kurz die Kinnlade runter. Das war das ALLERLETZTE, was ich von Williams erwartet hätte.
"Scheiße alter.", flüsterte Mark mir fasziniert zu, während Cloe auf Beth saß und erneut eine Entschuldigung verlangte. Sie war eine verdammte Kampfmaschine, nicht mehr die elegante Cloe, die ihr Haupt hoch oben in den Wolkenkratzern Londons trug. Ich dachte noch nicht daran, irgendwas zu tun, viel zu interessant war es, wie der Kampf weiterging. Ich traute mittlerweile beiden zu, sich selbst verteidigen zu können.
Beth riss Cloe am Schopf herum und setzte ich auf sie.
Sie holte zum Schlag aus und Cloe schien ihn mit einer eiskalten, berechnenden Ruhe abzuwarten, als wäre sie unverwundbar. Beth traf sie mit voller Wucht im Gesicht, wie ich es bei ihr noch nie gesehen hatte und als meine Fake-Freundin sich vorbeugte, um sie zu beleidigen, sah man Blut an Cloes Lippe herunterlaufen.
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A Little Dream of You
RomanceDie 17-jährige Cloe müsste eigentlich glücklich sein. An ihrer High School gibt es nun eine Theater-AG und dann wird auch noch für ihr Lieblingsstück gecastet: Romeo und Julia - Das einzige, was ihr Vater dagelassen hatte, bevor er kurz vor ihrer Ge...