Es war Samstag Abend und Miranda und ich halfen uns gegenseitig in unsere Kleider für den Winterball.
Ihres war silbrig grau und glitzerte fein, wenn Licht darauf schien. Es war in einer A-Linie geschnitten und oben leicht gerafft, damit es, wie Miranda gesagt hatte, ihr mehr 'Holz vor den Hütten' zauberte. Sie hatte sich die Haare kunstvoll hochgesteckt - wie genau hatte ich nicht gesehen, irgendwann sahen sie plötzlich fantastisch aus.
Während Miranda sich schon nach zwanzig Minuten für ein Kleid entschieden hatte, war es bei mir eine schwere Geburt gewesen.
Ich selbst wollte etwas unauffälliges, doch nach 4 Kleidern hatte mir Miranda eine seegrünes Stück Stoff in die Hand gedrückt.
"Du ziehst das jetzt an, sonst drehe ich bald durch vor Langeweile.", hatte sie gesagt.
Und obwohl ich es viel zu auffällig gefunden hatte, hatte ich ein wenig in mich hinein grinsen müssen, als ich mich vor dem Spiegel sah.
Genau wie jetzt, denn langweilig war es definitiv nicht.
Das Kleid bestand aus einer Lage Stoff und fiel ab der Hüfte gerade hinunter. Carmenärmel und ein Herzausschitt machten das Oberteil zum Hingucker, so wie das Muster aus kleinen Glitzersteinchen überall auf dem Stoff. Aber das wohl Auffälligste von allem war der Schlitz im Rock, der mir bis zur Mitte des Oberschenkels ging.
"Du hast so tolle Beine, ich fasse es nicht, dass du sie verstecken wolltest.", meinte Miranda.
"Und ich fasse es nicht, dass du mir noch immer nicht gesagt hast, wer deine Begleitung ist.", sagte ich eingeschnappt und schlüpfte in meine Riemchen-Pumps. "Wann wollte er kommen? Zur selben Uhzeit wie Ian?"
"Ja, auch um halb sieben." Sie sah nervös aus.
"Das wäre dann..." Ich sah auf meine Uhr an der Wand. "...jetzt."
Wie gerufen klingelte unsere Haustür im harmonischen Dreiklang.
Ich stand auf und machte mich auf den Weg nach unten, Miranda folgte mir. Auf den ersten Stufen hörte ich, wie Mr Murphy die Tür öffnete.
"Mr Mayfair.", hörte ich ihn sagen. "Schön sie zu treffen."
Wir traten um die Ecke der Treppe und gingen die letzten Stufen hinunter. Als ich Ian sah, schlug mein Herz direkt doppelt so schnell.
Er stand da in seinem Smoking, ein kleines Päckchen in der Hand, und starrte mich einfach an, während ich auf ihn zuging.
Bei ihm angkommen gab er mir einen Kuss auf die Wange.
"Du siehst unglaublich aus.", flüsterte er mir zu, sodass ich beinahe errötete. Dann gab er mir einen Kuss auf den Mund.
"Für dich." Er überreichte mir die weiße Schachtel. Darin war eine kleines weißes Blumengesteck an einem Stoffband. Er nahm es heraus und band es mir um das Handgelenk. In diesem Moment hätte ich glücklicher nicht sein können.
"Danke.", sagte ich und lächelte wahrscheinlich wie ein Honigkuchenpferd.
"Mr...?", sagte Mr Murphy fragend, immer noch die offene Tür haltend.
"Theroux.", beantwortete jemand ein wenig außer Atem. Ich sah augenblicklich vom Armband auf.
Dort in meiner Tür stand doch tatsächlich ER. In einem SMOKING.
"Mark.", hörte ich Miranda erfreut sagen.
Ich sah sie an, wie sie fröhlich auf ihn zuging als wäre es das normalste der Welt, dass die beiden zusammen auf einen Ball gingen.
"Ich weiß, ich bin drei Minuten zu spät, aber auch nur, um dir noch ein Gesteck zu besorgen.", sagte er und hielt ein Schächtelchen ähnlich wie Ians hoch.
"Du weißt, das war nicht nötig.", meinte Miranda lachend. Mir fehlten immernoch die Worte. Mark Theroux stand da tatsächlich mal OHNE Lederjacke mit gestylten Haaren und lächelte höflich in die Runde.
"Hi.", begrüßten Ian und ich ihn unisono.
"Wusstest du, dass er...?", flüsterte Ian mir zu, während Mark und Miranda sich unterhielten und Mr Murphy ins Wohnzimmer verschwand.
"Nope.", flüsterte ich zurück."Cloe?", hörte ich meine Mutter fragen.
Sie kam aus dem Wohnzimmer auf uns zu.
"Du musst Ian sein.", sagte sie.
"Mayfair.", stellte er sich vor und gab Mum lächelnd die Hand.
"Und du bist...?" Sie sah Mark erwartungsvoll an.
"Mark... Theroux."
"Mmh." Mum grübelte. "Kenne ich dich?", fragte sie.
Oh Gott, ich legte besser nicht seine Beziehung zu Jacob aus.
"Eine wichtige Frage, Mrs Williams: Wann soll Cloe nach Hause?", fragte Ian. In diesem Augenblick hätte ich sein gesamtes Gesicht abknutschen können für diese Ablenkung.
"Ach." Mum winkte kichernd ab. "Die Entscheidung überlasse ich euch. Bleibt, so lange ihr wollt."
"Gut." Ich klatschte in die Hände. "Dann können wir ja los."
"Nein! Halt, halt! Was ist mit Fotos? Ihr seht alle so toll aus, das MUSS ich festhalten."
Wir alle sahen sie an und warteten darauf, dass jemand den Anfang machte und sich aufstellete. In mir regte sich plötzlich wieder ein Gefühl, das schon lange nicht mehr an die Oberfläche getreten war. Mum war... wie eine Mum.
"Na los. Stellt euch alle vor die Treppe."
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A Little Dream of You
RomansaDie 17-jährige Cloe müsste eigentlich glücklich sein. An ihrer High School gibt es nun eine Theater-AG und dann wird auch noch für ihr Lieblingsstück gecastet: Romeo und Julia - Das einzige, was ihr Vater dagelassen hatte, bevor er kurz vor ihrer Ge...