Verdacht... oder Julia im Zickenkrieg

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"Mum, wir wissen beide, dass es keinen Sinn ergibt, jetzt noch darüber zu diskutieren.", sagte ich erschöpft und ging an meiner Mutter vorbei die Treppe hoch.
"Du hattest Hausarrest und das bedeutet, dass du nach der Schule augenblicklich nach Hause kommst und nicht zu dieser Familie von Bastarden gehst und mit denen zu Abend isst. Ja genau, Fräulein, ich weiß, dass du bei den Coopers warst. Ich hab doch das Auto dieses Bengels gesehen." In ihren Augen lag pure Abscheu. Vielleicht weiß ich jetzt, warum Mum so wütend war, aber ich verstand sie einfach nicht.
"Jetzt sei ehrlich, wir wissen beide, dass ich den Hausarrest nicht bekommen habe, weil ich Schuld dran bin, dass Evangeline die Coopers gewählt hat. Du bist nur einfach nicht fähig, deine eigenen Fehler einzugestehen - oder aus ihnen zu lernen.", antwortete ich matt. Mittlerweile hatte ich weder die Zeit, noch die Kraft, mit ihr weiter zu diskutieren.
"Und du glaubst, deswegen kannst du wann du willst zu den Coopers rennen? Ich bin deine Mutter und ich darf es dir verbieten."
"Und ich fange langsam an, mir selbst ein Bild von der Welt zu machen. Je weiter du versuchst, mich davon abzuhalten, desto weiter entfernst du dich von mir. Und irgendwann werde ich dann nicht mehr hier sein, um deinen Sündenbock zu spielen, so wie mein Vater."
"Er ist nicht dein Vater!", schrie Mum. "Er war nie bei dir, hat sich nie um dich gekümmert."
"Du meinst, so toll wie du? Es ist wirklich toll, dass du härter daran arbeitest, die Coopers in den Bankrott zu treiben als eine gute Mutter zu sein. Und ich hätte meinen Vater gerne früher kennengelernt, aber meine Meinung hat dich ja noch nie interessiert!"
Ich ließ meine Mutter einfach stehen und ging nach oben in mein Zimmer, wo ich knallend meine Tür schloss, in mein Bett fiel und sofort einschlief.

"Hey, Williams, nicht einschlafen.", flüsterte Ian. Ich schreckte auf und brauchte einen Moment, um zu realisieren, wo ich war. Spanisch bei Mrs Zurita.
Sie schrieb gerade zum Subjuntivo an die Tafel, während sie irgendwas auf Spanisch über Satzbau schwafelte. Eigentlich fand ich ihren Unterricht super, aber an meinen Gedanken nagte gerade so viel, dass ich mich einfach nicht konzentrieren konnte - und stattdessen offenbar einschlief.
"Danke.", murmelte ich Ian zu, der daraufhin meine Hand drückte und mir zulächelte.
"Zu wenig geschlafen?", fragte er leise.
"Ja... nein. Erzähl ich dir gleich."
Mir wurde schlagartig bewusst, dass ich mit Ian nicht über gestern Abend reden durfte. Wenn ich ihm sagen würde, dass ich Roberts Tochter war, müsste ich auch erklären, dass Jake nicht mein Bruder ist. Mir stand es einfach nicht zu, ihr Geheimnis vor Ian auszuplaudern, der diese Familie hasste.
Andereseits war Ian aber mein Freund. Vielleicht konnte ich ihm da vertrauen...
Genau das gleiche hast du auch über Christina gedacht... klang es im meinem Unterbewusstsein. Ja, das hatte ich. Aber ich hatte auch keine Beweise, dass Christie überhaupt etwas mitbekommen hatte von Mirandas und meinem Gespräch in der Hütte.
So sehr es mich auch wurmte, Ian nicht einfach mein ganzes Herz auszuschütten, so durfte ich ihm von diesem Geheimnis noch nichts erzählen.
Die Schulklingel unterbrach meine Gedanken.
Ian und ich packten unsere Sachen zusammen und verließen mit dem Strom der Schüler die Klasse.
An meinem Spint angekommen verstaute ich meine Bücher und Unterlagen.
"Also was wolltest du mir erzählen?", fragte Ian.
"Ich dachte, ich erzähl' es dir in Ruhe beim Mittagsessen."
Er setzte eine entschuldigende Miene auf. "Tut mir Leid, aber ich habe noch ein Treffen als Streitschlichter. Ein Siebtklässler hat einen Fünftklässler geschlagen und seitdem geht es zwischen den beiden nicht mehr gut."
Ich stöhnte. "Dann bin ich also ganz allein?"
Ian zog mich an sich, drückte mir einen Kuss auf den Mund und nahm mich in den Arm- "Miranda und Christie haben sich also immer noch nicht beruhigt?"
Ich schüttelte stumm den Kopf.
"Warum auch immer ihr euch streitet, ich finde, ihr solltet euch einfach mal alle beruhigen. Das ist doch albern. Miranda und du, ihr seit schon so lange Freunde, da bringt euch ein kleiner Streit doch nicht schon an die Grenzen eurer Freundschaft."
Ich seufzte. "Da hast du vielleicht recht. Aber ich warte lieber, bis sie mich nicht mehr mit wütenden Blicken auf die Knie zwingen will."
"Also was wolltest du mir sagen?", fragte Ian.
"Ähm... also ich habe heute einen Termin beim Neurologen." Er sah mich mit hochgezogenen Brauen an. "Bei mir besteht Verdacht auf Narkolepsie. Deswegen schlafe ich vielleicht so oft ein ."
"Ist es was schlimmes?" Ian schien sehr besorgt.
"Nichts, was man mit Tabletten nicht wieder hinkriegt.", sagte ich und zwang mir ein Lächeln auf.
Er gab mir einen Kuss und dann ging er in Richtung Nebentrakt zum Raum der Streitschlichter. Mir fehlte jetzt schon seine Umarmung.

A Little Dream of YouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt