Julias Loyalität... oder die Konsequenzen unserer Entscheidungen

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Das hier würde eines der schwierigsten Gespräche meines Lebens werden, aber es war leider nötig.
"Hey, Mum.", begann ich am Freitag Abend, mich zu erklären. Mum arbeitete ausnahmsweise einmal nicht, sondern las mit einem Tee in der Hand die Zeitung, was ich ausnutzen musste, schließlich wollte ich ihre volle Aufmerksamkeit.
"Was ist?", fragte sie überrascht. Die ganze Woche über hatten wir kaum ein Wort gewechselt. Höchstens, wenn es um meine Diagnose ging. Ich hatte tatsächlich Narkolepsie.
Ich knetete nervös meine Hände und setzte mich schließlich ihr gegenüber an den Küchentisch.
"Also es geht um die Coopers." Mum ließ langsam die Tasse sinken und bedachte mich mit einem Blick voller Erwartung. "Robert hat gefragt, ob wir nicht morgen Abend zu einem Dinner zu ihm kommen möchten."
"Wir?", war das einzige, was Mum dazu sagte. Ich hatte ein striktes 'nein' erwartete, oder dass Geschirr durch den Raum flog.
"Ja, wir. Er denkt... ich denke, dass das einfach mal nötig ist, sich auszusprechen." Meine Stimme war flach und gehetzt. Ich wollte das hier so schnell wie möglich klären.

"Hör mal, Cloe." Mum stellte ihre Tasse und die Zeitung zur Seite und sah mich mit diesem ernsten, erwachsenen Blick an. "Mag sein, dass du dir deine eigene Meinung bilden willst, aber ich habe das schon lange getan und das kann kein Dinner der Welt umstimmen."
"Bitte, Mum.", flehte ich. "Ich weiß, was du über sie denkst und ich will dir auch nicht aufzwingen, das zu ändern, aber ich möchte, dass zumindest mal darüber gesprochen wird."
"Wir machen es bei uns.", sagte sie trocken und widmete sich dann wieder ihrer Zeitung.
"Was?", fragte ich verständnislos.
"Das Dinner. Wir machen es bei uns. Ich lasse mich unter keinem Umständen von diesem Spinner bekochen, in SEINEM Eigenheim."
"Okaaaay.", sagte ich langsam. Ich hatte vieles erwartet, aber sicher nicht, dass Mum das so gelassen sah.
"Woher die Überraschung?"
"Ähem. Ich hätte nicht gedacht, dass du ja sagst."
Wieder dieser erwachsene Blick. "Es scheint dir aus einem mir unerklärlichen Grund wichtig zu sein, uns beide an einem Tisch zu haben. Und du hast recht, irgendwann muss dieser Moment mal kommen. Da ist es mir lieber, es gleich morgen Abend hinter mir zu haben."
"Gut.", sagte ich, immer noch verwirrt. "Dann sage ich das mal weiter."
"Mach das. Und sag ihm gleich, dass es kein Kaviar auf Trüffelpesto geben wird." Und da war sie wieder, die alte Mum.

Natürlich war dieses Dinner Roberts Idee gewesen. Laut ihm wäre es 'längst Zeit, deine Mutter über die Gegebenheiten zu informieren'. Damit war natürlich das kleine Geheimnis gemeint, mit dem die Coopers seit 18 Jahren lebten - mal von meiner Existenz abgesehen. Aber er hatte recht, wenn Mum irgendwann das Theaterstück sah, würde sie wahrscheinlich einen Herzinfarkt erleiden. Sie dachte schließlich immer noch, dass Jacob mein Halbbruder war.
Dass Mum und Robert sich versöhnen könnten war das Unwahrscheinlichste, was ich mir vorstellen konnte. Schon eher würde Mum wegen des Geheimnisses erst in ganz London wüten und es dann jedem erzählen, der ihr über den Weg lief.

Ist abgemacht, aber ihr müsst zu uns kommen. So 21 Uhr?
~Cloe

Ich sendete die SMS ab und wenige Sekunden später kam die Antwort.

Klingt gut, wir bringen Wein mit.
~Robert

Ich glaubte nicht, dass der Wein noch so sonderlich viel retten konnte.

Jacob

"Das ist Wahnsinn, Bob.", sagte ich und richtete mein Jackett, dass ich an den Ärmeln hochgekrempelt hatte und zu einem weißen Hemd und Jeans trug. "Es ist eine Sache, CLOE zu UNS einzuladen, aber eine andere, bei Elizabeth Williams aufzukreuzen. Wer weiß, vielleicht vergiftet sie das Essen."
"Sei nicht albern, Jake. Elizabeth hat in ihrem Leben vielleicht einmal den Kochlöffel geschwungen.", rief Robert aus der Küche, auf der Suche nach einem Wein. "Glaubst du, ein Riesling ist okay?", fragte er.
"Riesling? Bei ihr muss die Champagner-Traube schon mit Goldwasser gegossen worden sein, um ihr ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern."
Er kam mit einer Flasche Weißwein zurück. "Nein, dann wären wir wieder angeberische Rüpel. Rheinhessen...", sagte er und reichte mir die Flasche. "Der passt immer."
"Kann ich nicht einfach zu Hause bleiben? Wenn Elizabeth erfährt, dass die ganze Sache im Endeffekt meine Schuld war, mache ich es doch nur schlimmer."
"Erstens bist du an rein gar nichts Schuld und zweitens liegt es an Elizabeth, wie sie damit umgeht."
Ich seufzte einfach nur als Antwort.
"Geh schon mal deinen Wagen holen.", sagte Bob.
"Wir können doch in einem fahren..."
"Nein, falls ich mit Elizabeth noch ein ernsteres Gespräch führen muss, möchte ich, dass du und Meridith schon mal nach Hause fahren könnt."
Ich nahm meine Schlüssel vom Brett.
"Und was ist mit Cloe? Die kann nicht einfach so nach Hause fahren."
"Darum sorgen wir uns, wenn es so weit ist.", murmelte er und verschwand durch den Vordereingang.

A Little Dream of YouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt