Die Samstagsprobe ... oder wie Romeo und Julia sich kennenlernen

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Am liebsten hätte ich wirklich gerne noch ein Bild von Jakes Gesicht gemacht, aber Christina hatte mich mit der Kraft eines ICEs mitgezogen.
Nachdem sie sich vor dem Hauptgebäude etwas beruhigt hatte, begann sie plötzlich wissend zu grinsen. "Das war dein Shirt, oder?"
Ich musste mir echt Mühe geben, nicht sofort in der Bewegung zu erstarren. "Ähm..." Was sollte ich sagen? War sie wütend?
Christina lachte. Sie lachte tatsächlich. Mir viel ein Stein vom Herzen. "Er wollte mich wahrscheinlich abservieren, oder?", fragte sie. Ich nickte nur, denn mir war noch nicht ganz klar, was sie von alldem verstanden hatte. Sie könnte auch vermuten, ich hätte mich rausreden wollen, weil Jacob sie mit mir betrogen hatte. Doch sie überraschte mich. "Keine Sorge, in hundert Jahren hätte ich nicht gedacht, dass ihr was hattet. Ihr seid die zwei größten Streithähne, die ich kenne. Ich war nur sauer, weil er sich nicht darum geschehrt hat, dass ich ihn ungefähr hundert Mal angerufen habe. Warum auch immer er dich aufgegabelt hat und warum du kein eigenes schwarzes Shirt dabei hattest, ist mir egal. Ich bin dankbar dafür, dass du mich die Sache mit Jacob hast beenden lassen. Mir ist gerade aufgegangen, wie dumm ich war." Ich konnte nicht anders, als sie angrinsen. Sie war also so klug, wie ich sie eingeschätzt hatte.

"Aber wie hast du Jacobs Shirt erkannt?", fragte ich dann doch.
"Cloe, erstens ist es mehr als eine Spur zu lang für dich und zweitens bezweifle ich, dass du und Jacob das gleiche Aftershave benutzen. Das macht er sich nämlich gerne in den Weichspüler, weil er den Duft so mag." Sie grinste mich an. Oh mein Gott, mit der Rest-Fahne und dem Kaugummi war mir das gar nicht aufgefallen. Und jetzt erst viel mir auf, dass sie recht hatte, der Duft nach Aftershave war nicht von der Hand zu weisen. Aber wer machte  sich denn bitte Aftershave in die Wäsche?
"Sieht aus, als würde das ein interessanter Tag werden.", sagte Christina und dann traten wir ineinander verhakt in die Aula.

Einige drehten sich nach uns um und musterten uns interessiert. Auf halber Strecke löste ich mich von Christina und ging zu Miranda herüber. Sie erwartete mich schon mit verschränkten Armen.
"Wenn ich dich nicht so wahnsinnig lieb hätte, würde ich dir jetzt eine scheuern! Wo warst du?", zischte Miranda in gemäßigter Lautstärke. Immerhin brüllte sie es nicht durch den ganzen Saal. "Und warum genau hast du Jacobs Liebelei im Schlepptau?", sie deutete missbilligend auf Christina hinter mir.
"Ich hab ihr geholfen, mit Jacob Schluss zu machen. Und die EX- Liebelei heißt übrigens Christina." Ich stellte die beiden einander vor. Miranda schien sie gleich ein bisschen mehr zu mögen, als ich ihr sagte, dass Christina Jacob abserviert hatte. Dann umarmte sie mich fest.
"Wo warst du gestern?", nuschelte sie in meine Haare. "Momentmal, rieche ich da etwa Aftershave?" Schockiert schob sie mich weg und starrte mich an. Sie senkte die Stimme. "Bei wem hast du die Nacht verbracht?" Gott sei dank sprach sie immer noch leise, sonst wäre ich gerade im Boden versunken. In ihren Augen konnte ich sowohl Schock, als auch Aufregung lesen. Genau in diesem Moment kam Jake durch die große Aulatür. Mittlerweile hatte sich bereits fast die gesamte AG versammelt. Er suchte die Menge ab, dann fixierte er uns und steuerte auf unsere Gruppe zu.

Gott steh mir bei! Lass ihn bitte nichts Unangenehmes sagen. Leider war genau das sein Plan. Er lief an uns vorbei und grinste in die Runde. Dann sah er zu mir. "Mein Shirt steht dir schlechter, als gedacht. Nächstes Mal, wenn ich dich abschleppe, hast du lieber ein eigenes dabei." Und damit verzog er sich, genau wissend, was er gerade angerichtet hat. Mich beeindruckte es, wie er die Situation heute morgen so zweideutig ausdrücken konnte.
Panisch sah ich mich um, aber offensichtlich war die Geräuschkulisse zu laut, als dass jemand es hatte hören können. Außer Miranda und Christina natürlich. Jacob hatte wohl darauf abgezielt, mich vor Christina als Lügnerin darzustellen (was ich streng genommen auch war), jedoch hatte er nicht damit gerechnet, dass sie die Wahrheit - auch über Jacob - bereits wusste. Nur Miranda nicht. Ihre Hand um meinen Arm wurde langsam zum Schraubstock.

A Little Dream of YouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt