Sich in einem Menschen zu täuschen kann mehrere Gefühlszustände hervorrufen. Man zweifelt zum Beispiel am Täuscher.
Meine Mutter hatte kein Problem damit, den Fehler in meinem leiblichen Vater zu sehen, der sie damals geschwängert und dann verlassen hatte. Sie zweifelte seine moralischen Beweggründe an und fühlte sich getäuscht. Dabei hatte sie mir nie verraten, wie genau das ganze damals abgelaufen war.
Anders als meine Mutter gab es noch die Leute, die sich irgendwie dazu durchrangen, das "positive" überall im Leben zu sehen, auch wenn sie es mit Gewalt aus seinen Schatten zerrten. So jemand war Miranda - naja meistens. Sie redet sich stets ein, dass jeder Fehler in ihrem Leben sie klüger machte.
Ach ja, da waren ja noch diejenigen, die den Fehler in sich suchten und ihre Blindheit verfluchten, weil sie zu blöd waren, ihren Täuscher zu durchblicken.
Tja, und dann war da noch ich. Ich war im Moment von allem etwas. Gut, etwas wirklich positives konnte ich Ian und seinem fiesen Korb nicht abgewinnen, aber umso mehr war ich sauer auf sein moralisch verwerfliches Verhalten und insbesondere auf mich selbst. Da treffe ich mal so einen gutaussehenden Schulsanitäter (der nur so am Rande meine Spritzenphobie prima in den Griff bekam) und dann war er so ein Idiot.Jedenfalls saß ich gerade auf meinem Bett, scrollte durch die neuesten Meldungen aus aller Welt und telefonierte mit Miranda. Sie hatte nach der Probe noch einen Shoppingtrip durchgezogen und erzählte mir gerade haargenau, was sie so alles im Summer-Sale ergattert hatte.
Gerade berichtete sie über eine sehr blaue und sehr zerschnittene Jeans, als ein weiterer Anrufer anklopfte. Es war Ian. Moment mal, warum hatte ich noch mal seine Nummer? Ach ja, wegen der super unnötigen Theater-WhatsApp-Gruppe, in der sowieso nichts besprochen wurde.
Ich drückte ihn weg und beendete somit das penetrante Summen. Fehlte ja gerade noch, dass er mich zutextete.
"Also dann habe ich auch noch dieses obergeile Shirt im Schaufenster gesehen, also excuse me, aber darauf waren sogar noch 70% Rabatt." Ich hörte Miranda eigentlich nicht richtig zu und antwortete nur mit "Mmh." und "Oha, nicht war."Eigentlich sprach ich ganz gerne mit ihr über sowas, einfach weil es so unterhaltsam war, wie sie sich in etwas reinsteigern konnte. Nur waren meine Gedanken gerade noch bei meinem weißen Shirt auf Jacobs Rücksitz und dem Grauen vor der nächsten Probe.
Mein Handy summte erneut, als Ian versuchte, noch mal anzurufen. Ich lehnte wieder ab. Er konnte mich gerade mal kreuzweise.
Miranda gelangte zu einem Sommerkleid, was sie mit allem drum und dran bis aufs letzte Detail beschrieb, als Ian erneut versuchte, mich zu erreichen.
"Sag mal, welcher Pfosten wagt es, mich ständig bei meinem Shoppingbericht zu unterbrechen? Was summt da so?", fragte Miranda empört.
Ich seufzte. "Das ist Ian. Er versucht, anzurufen."
Miranda reagierte prompt. "Also den lässt du jetzt erstmal am Haken baumeln. Da muss er sich schon mehr überlegen als einen billigen Anruf."
Sie hatte recht, das konnte er sich sparen. Einmal abserviert war ich nicht mehr so leicht zurück zu kriegen. Glaubte ich jedenfalls.Etwa zehn Minuten später, als Miranda immer noch nicht fertig war mit ihren Beschreibungen, klingelte es an der Haustür.
Ich ging mit dem Telefon am Ohr aus meinem Zimmer, um zumindest zu sehen, wer geklingelt hatte. An der Zwischenetage der Treppe angekommen, sah ich, wie Mr Murphy gerade Ian hereinließ.
"Hey, was ist da los?", fragte Miranda am Telefon, als ich nicht antwortete.
"Ähm, egal, ich melde mich.", antwortete ich und legte auf. Ehrlich gesagt war ich mehr als überrascht davon, dass Ian wirklich hier aufkreuzte. Als ich an der letzten Stufe angekommen war, lief Mr Murphy an mir vorbei in die Küche, jedoch nicht, ohne mich über die Belange des Besuchers zu informieren.
"Der junge Mann würde sie gerne sprechen. Schon der zweite diese Woche. Ich muss sagen, sehr auffällig, Miss Cloe.", wisperte er (sonst wäre ich auch vor Scham im Boden versunken). Dann verschwand er mit einem neckischen Lächeln auf den Lippen.Ich verschränkte meine Arme. Schön und gut, dass Ian hier aufkreuzte, aber da fehlte noch einiges, um mich zu überzeugen. Aber vielleicht ging es ja auch gar nicht darum? Vielleicht hatte ich nur was in der Aula vergessen und er wollte es mir vorbeibringen?
"Nette Bude, in der du wohnst." Er kam auf mich zu und betrachtete dabei ausgiebig die Eingangshalle. Das klang fast abfällig, also zog ich meine verschränkten Arme gleich ein bisschen enger.
Ian schien den Wink mit dem Zaunpfahl verstanden zu haben und wendete sich gleich wieder an mich.
"Hey, können wir uns vielleicht irgendwo... hinsetzen? Zum Reden?", fragte er zaghaft. Ihm war das also unangenehm. Eigentlich süß, wenn ein Junge mal kein Macho war.
"Klar.", sagte ich und seufzte. Ich führte ihn nebenan ins Wohnzimmer. Er setzte sich vorsichtig auf das Sofa, wahrscheinlich in der Erwartung, es wäre so alt und wertvoll, wie die Bilder in der Eingangshalle. War es nicht - Ikea. Seit das letzte Sofa hier den Geist aufgegeben hatte, hatte Mum sich nicht um ein neues gekümmert und ich hatte einfach eins im Internet bestellt.
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A Little Dream of You
RomanceDie 17-jährige Cloe müsste eigentlich glücklich sein. An ihrer High School gibt es nun eine Theater-AG und dann wird auch noch für ihr Lieblingsstück gecastet: Romeo und Julia - Das einzige, was ihr Vater dagelassen hatte, bevor er kurz vor ihrer Ge...