Das Vorstadt-Haus der McAdams erfüllte so ziemlich jedes Klischee. Eine hellbraune Holzverkleidung zierte das zweistöckige Haus mit Dachboden. An der Hausfront erweiterte ein Erker das Esszimmer, darauf befand sich ein kleiner Balkon zum Schlafzimmer ihrer Eltern.
Vorne gab es, im Gegensatz zur Fläche hinterm Haus, nur einen kleinen Garten, den Mrs Adams aber stets in Farbenpracht hielt. Im Frühling blühten hier die Tulpen, im Sommer die Wisterien, im Herbst die Rosen und sogar jetzt noch, mitten im November, kämpften sich dutzende Fuchsienbüsche im fast verwelkten Laub durch.
Schnell schrieb ich an Jake, dass ich angekommen war, dann klingelte ich an der dunkelbraunen Holztür und wenige Sekunden später öffnete mir ein hochgewachsener Junge mit breitem Kreuz und schokoladenbraunen, kurzen Locken die Tür.
Es war Zachary, Mirandas großer Bruder, der seit Oktober in London studierte.
"Zach!", begrüßte ich ihn herzlich mit einer Umarmung. Auch wenn Miranda es nicht zugab war Zach ein lieber Typ und ein super süßer großer Bruder - sowohl betreffend seines Verhaltens, als auch seines Aussehens. Aber da Miranda wie eine Schwester war, war Zach irgendwie auch schon immer MEIN großer Bruder gewesen.
Zach nahm eine Tasse Kaffee vom Tresen, den er wohl bis eben noch getrunken hatte, und nahm einen Schluck davon.
"Den wirst du sehr bald in rauen Mengen benötigen.", riet er mir. "Also für eine Übernachtungparty hast du aber wenig Zeug dabei. Ich erinnere mich noch an das letzte Mal. Da hattest du diesen riesigen Teddy dabei mit der blauen Latzhose."
"Plugger? Da muss ich Sieben gewesen sein oder so." Mir entfuhr ein Kichern."Za-hach!", rief Miranda von oben. "Hör auf, sie mit Banalitäten aufzuhalten."
Ich hörte Miranda die Treppe herunterpoltern. Sie trug ihr übliches Sonntags-Kuscheloutfit.
"Hi.", begrüßte sie mich mit einem Blick so sorgevoll, dass sogar die Nachbarn gecheckt hätten, dass was nicht stimmte.
"Ist alles okay bei euch?", fragte Zach und griff sich einen Stapel Ordner vom Sideboard.
"Zach...!", mahnte Miranda.
"Hey...", beruhigte ich sie. "Ist okay." Dann wandte ich mich an Zach. "Ich hatte Streit mit meiner Mutter und dann hat sie mich gestern raus geworfen."
Zach sah erst genauso besorgt aus wie Miranda eben, dann wechselte sein Gesichtsausdruck zu verwundert. "Und wo hast du dann gestern geschlafen? Im Hotel?" Er nahm einen Schluck Kaffee.
Ich begann erneut, meine Hände zu kneten.
"Bei den Coopers.", gestand ich schließlich. Zach entfuhr ein Husten und es dauerte eine Weile, bis er sich wieder einkriegte.
"Bei DEN Coopers?"
Ich nickte.
"Einfach so?"
Ich nickte erneut um mich nicht weiter zu erklären. "Jepp."
"Niemals." Zach starrte verwundert ins Leere. "Ich meine, ich kannte ihn ja mal besser und meines Wissens nach gab es nur eine Person, die bei Jacob übernachten durfte - mal von sehr wenigen weiblichen Bekanntschaften abgesehen - und das war Mark Theroux."
Miranda nahm mich genervt am Arm. "Toll, und was ist daran so krass?"
Zachs Lippen umspielte ein Lächeln. "Ich bin mir ziemlich sicher, dass DU nicht zu seinen weiblichen Bekanntschaften zählst, also frage ich mich, warum du bei den Coopers übernachtet hast. Überhaupt frage ich mich, warum ausgerechnet bei den DENEN. Du hasst sie doch."
"Wie auch immer.", sagte Miranda und schleifte mich ihn die Küche. "Tolles Gespräch, Zachary."
Mit einem letzten Blick verschwand er nachdenklich nach oben.
"Was hast du nur immer gegen ihn? Sei froh, dass du überhaupt Geschwister hast.", sagte ich entrüstet.
"Froh? Der Typ kann unfassbar nerven." Sie zog irgendwelchen Kram aus den Vorratsschränken und dem Kühlschrank.
"Ich hätte lieber einen nervigen großen Bruder als gar keinen.", murmelte ich.
Miranda seufzte. "Hast recht. Ich würde ihn schon ein bisschen vermissen. Und dank ihm macht gerade etwas sehr Sinn - oder auch nicht."
"Hä?", fragte ich.
"Na warum Jacob sich nie ganz auf ein Mädchen einlässt. Er kann ihnen ja nicht von Du-weißt-schon-was erzählen. Und wenn sie dann zu neugierig werden, muss er sie abwimmeln."
Etwas in meinem Kopf machte Klick. "DESWEGEN wollte er Christina abservieren. Er sagte damals im Auto, dass sie so aufdringlich oder anhänglich oder was auch immer wäre und ich dachte, er wäre ein Arschloch, weil er sie zu nervig fand. Aber er hatte wohl keine andere Wahl."
"Na und? Kann er dann nicht einfach die Finger von Mädchen lassen?"
"Kannst du die Finger von Schokolade lassen, obwohl du weißt, dass sie ungesund ist?"
"Guter Einwand.", murmelte sie. "Aber was mich dennoch stutzig macht ist, dass er jetzt ausgerechnet mit Bethany zusammen ist. Ich meine, sie riecht Geheimnisse doch 1000 Meilen gegen den Wind."
"Ja, das verstehe ich jetzt auch nicht. Aber apropos Geheimnisse: Wo warst DU gestern eigentlich?"
Miranda hielt in der Bewegung inne. Sie rührte bis eben etwas in einem Topf, das verdächtig nach Kakao aussah.
"Bei Callum.", piepste sie. "Hab ich doch gesagt."
"Ich hab euch gesehen.", sagte ich und wackelte mit den Augenbrauen.
"WAS? WO?", schrillte Miranda wenig unauffällig.
"Im Levington. Dich und Mark. Dass du auf mysteriöse Draufgänger stehst und Callum schon längst abgeschrieben hast hättest du mir auch sagen können."
"Das war kein Date.", meinte sie und füllte den Topfinhalt in zwei Tassen.
"Was denn sonst? Ein Schulprojekt?", fragte ich belustigt.
"Nein." Miranda holte Sprühsahne und Mini-Marshmallows und verteilte beides auf die Becher.
"Muss ich dir das jetzt aus der Nase ziehen?"
"Herr Gott noch mal Cloe, er hilft mir bei diesen Sachen, die ich herausfinden will."
Ich sah sie erstaunt an. "Dann ist er also dein Co-Detektiv?"
Sie nickte.
"Cool. Aber rot geworden bist du trotzdem bei 'mysteriöser Draufgänger'."
"Ach halt die Klappe.", antwortete Miranda lachend und drückte mir die Tasse heiße Schokolade in die Hand.
Das Thema Mark und Miranda hatte ich dennoch nicht abgeschrieben.
Wir gingen die Treppe hoch in ihr Zimmer.
DU LIEST GERADE
A Little Dream of You
RomanceDie 17-jährige Cloe müsste eigentlich glücklich sein. An ihrer High School gibt es nun eine Theater-AG und dann wird auch noch für ihr Lieblingsstück gecastet: Romeo und Julia - Das einzige, was ihr Vater dagelassen hatte, bevor er kurz vor ihrer Ge...