Es waren 2 Wochen seit dem Polospiel vergangen und dass heute etwas nicht stimmte, war mir klar, sobald ich die Tür meines Spints öffnete. Nach der Prügelei mit Beth hatte ich mein Taschenbuch notdürftig von Milchshake befreit und hier aufbewahrt, aber nun war es weg. Stattdessen lag da ein Zettel.
Schwimmhalle. 13 Uhr. Allein.
In meinem Nacken kribbelte es. Tausende Gedanken schossen mir durch den Kopf. Das musste Beth' Rache sein. Sie lockte mich mit dem Buch in die Schwimmhalle unserer Schule und sie hatte den Zeitpunkt perfekt gewählt. Montags war dort kein Unterricht und Miranda, Ian, Christina und Billy, alle, die mir (vermeintlich) näher standen, waren im selben Biokurs und schrieben von 12 bis 14 Uhr eine Klausur. Dieses Miststück.
Bis zur Mittagspause, die um 13 Uhr begann, hatte ich noch vier Stunden Zeit, mir etwas zu überlegen.
Ich rannte zu Mirandas Algebra-Kurs und setzte mich neben ihren Platz.
"Warum so eilig? Du hast noch 10 Minuten.", sagte sie verwirrt und sah kurz von ihren Bio Notizen auf.
"Hier.", sagte ich außer Atem und hielt ihr den Zettel hin.
Sie las die drei Sätze. "Och nö. Das ist der ungünstigste Zeitpunkt."
"Was soll ich jetzt machen?"
Miranda dachte kurz nach. "Du wirst da definitiv nicht alleine hingehen."
"Und wen soll ich dann mitnehmen? Einen Lehrer?", flüsterte ich.
"Nein, dann würde sie sich eine Ausrede ausdenken und sich einfach wann anders rächen. Es muss doch jemanden geben, den du mitnehmen kannst. Jemand, der Eindruck schinden kann und dir vielleicht noch was schuldet."
In meinem Kopf machte etwas klick. "Miranda, du bist ein Genie,", sagte ich, gab ihr einen Kuss auf die Wange und rannte zum Literaturunterricht."Ian, Schatz.", würgte ich gerade so eben überzeugend heraus.
"Hi, Cloe!" Alles an ihm, sein Lächeln, seine Berührungen und seine Küsse, kamen mir nun vor wie widerliches Schauspiel. Gut, vielleicht, weil es das auch war.
Aber heute würde ich ihn auflaufen lassen, denn einen weiteren Tag lang würde ich diese Schauspielerei nicht aushalten. Aber bis dahin musste ich überzeugender sein, also ließ ich meine Hand durch sein Haar fahren und küsste ihn leidenschaftlich zurück.
"Womit habe ich das denn verdient?", fragte Ian schließlich.
Ich zuckte mit den Achseln und grinste. "Ach, mir war einfach danach." Ich wollte schon gehen, da hielt er mich am Arm zurück.
"Cloe! Ich wollte dir noch sagen, dass ich heute nicht mit dir Mittagessen kann. Ich habe ein Gespräch beim Rektor."
"Achso.", sagte ich gespielt enttäuscht. Innerlich arbeitete mein Hirn auf Hochtouren. Ian musste aus seiner letzten Lüge gelernt haben, er würde ein Gespräch mit dem Rektor wohl kaum als Ausrede für ein Treffen mit Christina nutzen. Miranda und ich könnten ihm erneut folgen. Somit blieb nur die Möglichkeit, dass er tatsächlich die Wahrheit sagte - irgendwie.
"Ich werde dich vermissen.", flüsterte er mir ins Ohr.
"Ich dich auch.", sagte ich. Aber diese Schauspielerei würde ihm noch leidtun.Es war Punkt 13 Uhr, als ich in der Schwimmhalle stand. Vor mir bäumten sich bedrohlich die Sprungtürme auf, unter ihnen glitzerte ruhig das Chlorwasser, das für gewöhnlich von unserer Schwimmmannschaft durchschnitten wurde.
"Hey, Williams.", hörte ich Beth sagen. Sie stand auf dem 3-Meter-Turm und winkte mir huldvoll vom Sprungbrett herunter. In ihrer Hand hielt sie mein Buch.
"Also ich habe hier zufällig was gefunden, ich glaube, das gehört dir."
Ich sah sie grimmig an, jedoch kroch die Angst vor dem Wasser langsam mein Rückrad hoch.
"Naja jedenfalls werde ich es dir hier hinlegen und dann kannst du es dir abholen." Sie legte das Buch genau an die Kante des Sprungbretts, ging dann einige Meter zurück und lehnte sich lässig ans Geländer. Sie würde warten, bis ich oben war und mich in dem Moment hinunterschubsen, in dem ich nach dem Buch greifen würde.
"Und wenn ich nicht komme?", fragte ich gespielt mutig.
"Tja, dann werden Romeo und Julia baden gehen."
"Dave, Paul, Chris!", rief ich hinter mich. Die drei Idioten aus dem Schwimmteam, die mich besoffen baden geschickt hatten, kamen aus der Umkleidekabine.
Ich konnte erkennen, wie Beth den Mund verzogen hatte. "Ganz schön clever, der Zeitpunkt. Aber weißt du, die drei Herrschaften hier schulden mir noch einen Gefallen. Und ich denke, das hier ist die perfekte Gelegenheit."
Paul und Chris setzten sich in Bewegung und liefen die Treppe zum Dreimeterturm hoch. Während Paul neben Beth stehen blieb und sie beobachtete, holte Chris das Buch vom Brett.
Bethany stiefelte beleidigt die Treppe hinunter.
"Irgendwann kommt, der Zeitpunkt, da kriege ich dich."
"Warum?", fragte ich genervt. "Warum kannst du nicht einfach einsehen, dass nicht immer alles so läuft, wie du willst?"
"Ach halt einfach dein Maul, Williams.", sagte Beth beleidigt und zog mit verschänkten Armen von dannen.
"Puh, das lief ja besser als gedacht."
Chris reichte mir mein Buch. "Dankeschön, Jungs."
Die drei sahen mich erwartungsvoll an. "Ich weiß, ihr wollt von eurer Schuld entlassen werden, aber ich hätte da noch eine Aufgabe. Kennt ihr Christina?"
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A Little Dream of You
RomanceDie 17-jährige Cloe müsste eigentlich glücklich sein. An ihrer High School gibt es nun eine Theater-AG und dann wird auch noch für ihr Lieblingsstück gecastet: Romeo und Julia - Das einzige, was ihr Vater dagelassen hatte, bevor er kurz vor ihrer Ge...