Danke... oder Julia als Yoga-Guru

37 2 0
                                    

Ich sah mich im Klassenzimmer von Mr Johansson um. Nur wenige der Einzeltische waren schon belegt, wahrscheinlich war das Top Thema meiner Schlägerei mit Beth zu spannend, um pünktlich zu sein.
Das Kühlpack, dass ich mir noch schnell aus dem Sekreteriat geholt hatte, schmolz langsam in meiner Hand und Kondenstropfen rannen meine Finger hinunter.
Glücklicherweise hatte ich noch eine Ersatzbluse und einen weiteren Blazer im Spint gehabt, sodass ich nur noch kleine Milchtröpfchen vom Rock wischen musste, um wieder einigermaßen frisch auszusehen.
"Suchen sie sich ihren Platz, Miss Williams. Offensichtlich sind sie nicht die letzte heute.", sagte Mr Johansson schnippisch.
"Tut mir Leid, Mr Johansson. Ich hab mich in der Pause verletzt." Immerhin nur eine halbe Lüge. Das Gesicht meines Lehrers wurde aber sofort etwas milder.
Gut, die Schlägerei hatte unter den Lehrkräften wohl noch nicht die Runde gemacht.
"Ah ja, das sehe ich. Sie sind natürlich entschuldigt.", sagte er und deutete einladend auf die freien Plätze

Irgendwie hatte ich schon ein schlechtes Gewissen, weil ich ja unter anderem der Grund war, weshalb alle anderen zu spät waren, aber im Endeffekt war eine spannende Schlägerei auch keine gute Ausrede.
Ich atmete also einmal tief durch.
Jacob saß schon da, weit hinten, der einzige von 4 Schülern, die vor mir hier gewesen waren, und kritzelte etwas auf seinen Collegeblock. Warum er wohl pünktlich war? Eigentlich müsste Beth ihn doch immer noch vollkeifen, oder was auch immer sie jetzt tat.
Du schaffst das. Du setzt dich da jetzt einfach hin. wiederholte ich in meinem Kopf.
Schließlich setzte ich mich in Bewegung und ließ mich einfach auf den Stuhl neben ihn fallen und breitete meine Unterlagen auf meinem kleinen Tischchen aus.
Mr Johansson quittierte das kurz mit einer runzelnden Stirn, wandte sich dann aber wieder dem anstarren der Tür zu, wo ein weiterer Schüler gerade kam.
Jacob sah mich mit einem kurzen Seitenblick an.
"Seit wann ist das dein Platz, Kätzchen?"
"Das ist eigentlich glaube ich Amys Platz. Hör endlich auf, mich Kätzchen zu nennen.", maulte ich.
"Oh nein, seit dem Mittagessen bist du für mich NUR NOCH Kätzchen. Cloe ist verdrängt worden von dieser kleinen, wilden Kratzbürste."
"Das war nur ein kleiner... Ausbruch. Aber fein.", sagte ich, blickte wieder nach vorne und verschränkte die Arme."Dann bist du von jetzt an nur noch Grummelbär. Der große, genervte Spielverderber."
"Mit Spielverderber kann ich leben, solange das Spiel dich ins Unglück reißt." Seit wann wollte er mir denn helfen? Oder machte er nur Spaß? Vielleicht hatte er auch nur eingegriffen, weil er Beth vor Ärger schützen wollte oder weil er Angst hatte, ich würde sonst Robert petzen, dass Jake nicht geholfen hatte. Okay, letzteres war extrem unwahrscheinlich, immerhin kannte ich Bob als meinen Vater erst seit zwei Tagen.

Ich räusperte mich. "Danke noch mal dafür.", presste ich heraus, so schnell es ging. Ein kleines Dankeschön war einfach gut, um mein Gewissen zu beruhigen, denn, warum auch immer, er hatte mich vor einem Tadel oder sogar einem Verweis bewahrt. Noch...
Grummelbärs Kopf schnellte zu mir herum. "Hast du dich gerade bei mir bedankt?"
"Was? Neeein. Da hast du dich sicher verhört."
"Doch, doch, doch. Cloe Williams hat danke gesagt."
"Nein, ich sagte: Gedanke... noch...mal...", mir fiel nichts ein. Und ablenken lassen hatte ich mich auch noch. Lief ja supi.

"Ja, ist ja gut.", beschwichtigte ich ihn also.
Jake drehte sich selbstzufrieden wieder um und widmete sich seinen Kritzeleien.
Schließlich kam eine große Traube Schüler, darunter auch Amy, die schon eingebildet aussah, wie sie da auf mich zustolzierte.
Sie gehörte zum inoffiziellen Jacob-Fanclub und Bethanys engerem Freundeskreis und würde ihren Platz wahrscheinlich wie eine Löwenmama verteidigen.
"Williams, das ist mein Platz.", zickte sie los.
"Ähm, tut mir Leid, kann ich hier für diese Stunde sitzen?", fragte ich höflich.
"Ich bezweifle, dass dich hier hinten jemand haben will.", meckerte sie arrogant.
Ich wollte dieses Gespräch kurz und bündig, daher griff ich zu der radikalsten Methode.
"Wir können das hier friedlich regeln - das heißt, du nimmst deinen ganzen Kram und dein zickiges Getue und gehst dir einen anderen Platz suchen - oder wir regeln das auf die altbekannte Weise."
Amy, die offenbar keine Lust auf eine Prügelei hatte, zog tatsächlich ab.
"Wer bist du und was hast du mit Spaßbremsen-Cloe gemacht?", fragte Jake belustigt.
"Ernsthaft? So hast du mich getauft? 'Spaßbremsen-Cloe'?", fragte ich fassungslos. Er zuckte nur mit den Schultern.
"Wäre eine alternative zu Kätzchen.", grübelte er.
"Wenn du mich noch ein einziges mal 'Spaßbremsen-Cloe' nennst, haben wir ein ernstes Problem."
"Also von deinen Tritten habe ich erstmal genug. Die habe ich echt persönlich genommen."
"Hätte ich gewusst, dass du das bist, hätte ich stärker zugetreten." Kurz genoss ich diese Erfolg, dann bereitete ich mich wieder auf den Grund vor, weshalb ich mich neben ihn gesetzt hatte.

A Little Dream of YouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt