After-Party... oder die Rache an Romeo

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Ich wachte auf, als Sonnenstrahlen auf meiner Nase kitzelten. Vom einseitigen liegen auf der harten Bank tat mir ein wenig die Seite weh. Stöhnend richtete ich mich auf. Mann, hatte ich einen Kater. Blinzelnd versuchte ich, einen klareren Blick zu bekommen, während ich meine Klamotten nach meinem Handy abtastete. Tatsächlich hatte es mir niemand aus der Jackentasche gestohlen.

09:27 zeigte das Display mir an, so wie einige entgangene Anrufe von Miranda. Wie lange ich wohl hier geschlafen hatte? Die Frage sollte wohl eher lauten, wo war ich HIER? Links von mir mündete die Straße in einem kleinen Wäldchen, genau wie rechts. Und vor und hinter mir folgten erst nach etwa drei Kilometern Feld die nächste Siedlung.
Ich musste mindestens 5 Kilometer von Abbygales Zuhause entfernt sein, denn bei ihr in der Nähe gab es keine Felder, erst sehr weit außerhalb Londons.

Gerade wollte ich auf die Karte meines Handys schauen, als der Bildschirm verdächtig dunkel wurde, ein roter Akku aufblinkte und das Smartphone schließlich gar nichts mehr sagte.
"Verdammte Scheiße!", schrie ich. Ich stand auf und trat mehrfach gegen die Bank.
"Warum..." Schlag. "...kann..." Schlag. "...nie..." Schlag. Mir schmerzte der Zeh, also hörte ich auf. "... einfach mal alles gut laufen." Immer noch müde ließ ich mich wieder auf die Bank, die ich misshandelt hatte, fallen und ließ meinen Kopf in meinen Händen versinken. Mir entfuhr ein einzelnes, verweifeltes Schluchzen. Ich hatte gesehen, dass ich nur Nachrichten von Miranda empfangen hatte. Mum hatte also nicht mal bemerkt, dass ich nicht nach Hause gekommen war. Klasse. Meine Augen wurden feucht.

Wann lernte diese Frau eigentlich mal, dass es nicht nur um die Arbeit ging? Und wann lernte ich endlich, dass ich lieber die Finger von Alkohol lassen sollte? Ich hörte ein Auto kommen und wischte mir schnell die Tränen weg, sowie mögliche Mascara-Spuren. Wenn mich jemand auflesen sollte, sollte ich besser nicht aussehen, wie ein verhunzter Drogenjunkie.
Es war ein roter Sportwagen, ein Oldtimer Cabrio mit schwarzem Streifen, der sich längs über das Auto erstreckte. Und ich erkannte sowohl das rennende Pferde-Emblem vorne an der Kühlerhaube, dass in der aufgehenden Sonne glänzte, als auch den Fahrer, der die Handbremse angezogen hatte und ausgestiegen war: Jacob Cooper. Klasse, der neue Tag ging genauso beschissen weiter, wie der letzte aufgehört hatte.

Jacob lehnte sich an seine Fahrertür. Sein Auto war amerikanisch, der Fahrersitz also links, hier in England musste er aber links fahren. Deswegen war er mir auch direkt zugewandt. Er verschränkte seine Arme und grinste mich schelmisch an.
"Na sie mal einer an: Cloe Williams macht durch und schläft auf der Bank einer Bushaltestelle. Und ausgerechnet ICH sehe sie zuerst. Das ist besser als jede Reality-Serie." Er begann zu lachen, während ich ihn einfach totstarrte. Jedenfalls versuchte ich das. Leider stachelte ihn das nur noch mehr an.
"Ach halt doch die Klappe, Jacob! Als ob dir das nicht ständig passiert.", fauchte ich ihn an.
"Nanana Kätzchen, erstens habe ich dir gesagt, du sollst mich Jake nennen, solange du nicht mein Opi bist. Auch wenn einige deiner Attribute..." Er ließ den Satz unvollständig. Ich konnte mir den beleidigenden Rest zwar denken, aber ich ließ es lieber, ihn dafür anzufauchen. Es war weniger nervenaufreibend, ihn wieder mit einem Killerblick anzustarren. "Und zweitens?", sagte ich stattdessen.
"Zweitens solltest du lieber deine Krallen einfahren, wenn ich dich mitnehmen soll."
Ich lachte laut los. "Als ob ich in deine Karre steige. Da laufe ich ja lieber."
"Na dann schwing die Hüften, anders kommst du sonst nämlich nicht zur Schule. Hier kommen by the way nur etwa 3 Autos pro Tag vorbei, Samstags kommt nicht mal ein Bus und in einer Stunde ist Theater-Probe."

Oh mein Gott! Das hatte ich ja komplett verpeilt - die Samstagsproben. Ich hätte gar nicht erst zu dieser Party gehen sollen, dann wäre ich heute munter und frisch. Andererseits hatten auch so ziemlich alle anderen Theater-Kollegen diese Tatsache ignoriert, denn die meisten von ihnen hatte ich gestern Abend dort getroffen.
Egal. Tatsache war, dass mir keine andere Wahl blieb: Mit Jacob - sorry, Jake - mitfahren, oder die Probe verpassen.
"Okay.", grummelte ich. Zufrieden mit meiner Peinigung grinste Jake und richtete sich auf, während ich um das Auto herumging.

A Little Dream of YouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt