Erziehung... oder wie Mr Murphy sich als Grandpa macht

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"Schlaflabore sind zum Kotzen.", motzte ich in mein Handy, während ich meine Badezimmerschränke nach einem Zopfgummi durchkramte. "Ich hasse es, wenn Wildfremde mir beim Schlafen sehen."
"Dann konntest du also nicht schlafen?"
"Doch.", grummelte ich. "Ich bin sofort eingenickt."
"Und wann bekommst du die Ergebnisse?"
Ich gab die Suche auf und ließ mich genervt auf den Klodeckel fallen. "Der Arzt meint, es ist mit ziemlicher Sicherheit Narkolepsie. Das MRT war unauffällig, also konnte er Tumore ausschließen."
"Das ist doch mal eine gute Nachricht. Also, dass es kein Tumor ist." Miranda schwieg für eine Weile, dann fragte sie bedrückt: "Und was sagt deine Mum?"
Ich seufzte schwer. "Sie ist tatsächlich mit zum Arzt gekommen und hat die ganze Hinfahrt über gemeint, Robert würde sich nur in den Vordergrund spielen wollen, aber nachdem der Arzt meinte, es könnte wirklich Narkolepsie sein, hat sie irgendwie gar nichts mehr gesagt."
"Vielleicht hat sie ein schlechtes Gewissen. Immerhin hätte sie selbst drauf kommen können, dich zum Arzt zu bringen, wenn sie mal Zeit mit dir verbringen würde."

Ich hörte, wie jemand an meine Tür klopfte.
"Cloe?", fragte Mum.
"Ich muss auflegen. Mum will was von mir. Wir sehen uns dann in einer Stunde bei der Probe, ja?"
"Bis dann.", sagte Miranda, dann hörte ich das Leerzeichen.
"Ja?", rief ich Mum zu.
Sie trat ein, heute in einem bordeauxroten Businessanzug.
Ich wickelte mich enger in meinen Morgenmantel und ließ mich auf meine Couch fallen.
"Hey Schatz! Wie geht's dem Kiefer?"
Ich hatte ihr erzählt, dass ich auf der Treppe gestolpert und gegen das Geländer gefallen sei, was sie mir - bei meiner Paddeligkeit - sofort abgekauft hatte.
"Tut nicht mehr ganz so weh."
"Sehr gut.", sagte sie leise. "Ich dachte, wir können gleich einen Kaffee im Levington trinken."
Das Levington war ein tolles kleines Diner mit fantastischem Kaffee. Früher waren Mum und ich öfter dort gewesen und irgendwie machte mein Herz einen kleinen Sprung bei dem Gedanken daran, dass sie sich daran erinnern konnte.
"Tut mir Leid Mum, ich habe gleich Theaterprobe.", sagte ich also ehrlich bedrückt. "Vielleicht danach, so um fünf?"
Mum sah auf den Boden. "Ich... ich hab da noch ein Meeting. Aber ich kann dir ja einen Kaffee vom Levington mitbringen."
"Ja, ja das klingt gut.", log ich. Mir wäre es hundert Mal lieber gewesen, mit Mum auch wirklich im Diner zu sitzen.

"Also wie läuft es denn gerade beim Theater? Ist das dein Probentext?"
Ich sah den Ordner auf meinem Tisch und nickte einfach. Mum nahm ihn und begann darin zu blättern.
"Wow, das sieht nach einer Menge Arbeit aus. Oh, und hier ist die Mitgliederliste."
Mir gefror das Blut in den Adern. Ich hatte jedes Mitglied aufgelistet. Und Mum hatte ich von einer ganz bestimmten Person noch nichts erzählt. Gott sei Dank stand da nicht die Besetzung. Immerhin dachte Mum ja noch, dass Jacob und ich Halbgeschwister waren.
"Toll, dass du deine Wunschrolle bekommen hast.", sagte sie in sich hinein lächelnd. Doch dann bildete sich eine nachdenkliche Falte auf ihrer Stirn und in ihrem Gesicht spiegelte sich eine Mischung aus Verwirrung und Zorn.
Bevor das hier noch ausartete, sprang ich auf, nahm ihr den Ordner aus der Hand und warf ihn in meine Schultasche.
Dann stürmte ich in mein Ankleidezimmer.
"Wann genau wolltest du mir sagen, dass ER mitspielt?", hörte ich meine Mum sagen.
Wütend riss ich eine Jeans aus dem Regal. Mrs Graham hatte für mich gewaschen, dafür musste ich ihr unbedingt noch danken, sonst wäre ich irgendwann in meinen Wäschebergen untergegangen.
"Was ist das Problem dabei? Er SPIELT mit. Das ist der Witz am Schauspiel. Es ist ein SPIEL!", sagte ich wütend.
Mum riss die Tür zum Umkleideraum auf, als ich mir gerade einen Pulli mit unserem Schullogo überzog.
"Ich will nicht, dass du das mit diesem Bastard zusammen machst.", sagte Mum herrisch und spuckte das Wort 'Bastard' geradezu aus. Schon witzig, schließlich war ICH als uneheliches Kind strenggenommen der Bastard.
"Ach, hast du Angst, ich könnte ihn MÖGEN?" Mir entfuhr ein kaltes Lachen. "Du hast mir beigebracht, ihn hassen zu lernen. Das werfe ich doch nicht so mir nichts dir nichts über den Haufen."
Theoretisch hast du das schon längst, korrigierte mich mein Unterbewusstsein.

A Little Dream of YouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt