"Liebe Elisabeth,
viele Grüße von der Erde.
Wie sieht wohl der Himmel aus? Das frage ich mich eigentlich schon lange. Gibt es ihn überhaupt? Werden wir uns dort wiedersehen? Es gab in den letzten Jahren viel zu viele Fragen, welche du mir nie beantwortet hast. Vielleicht wirst du bald die Möglichkeit dazu haben...
Ich redete öfter über den Tod, aber nie war ich ihm so nahe. Meine Hinrichtung steht in zwei Tagen bevor, ich will es lieber nicht wieder verleugnen.
Wie wird es dir wohl mittlerweile ergangen sein? Wirst du dich überhaupt freuen, mich wiederzusehen? Ich werde mich auf jeden Fall freuen, falls ich dich wiedersehe. Über alles werde ich mich dann freuen, denn alles wird wie früher sein. Nichts wird sich dann mehr für uns ändern und wir werden nie mehr getrennt werden. Wenigstens ein Ziel ist dann erreich,
Dies hier wird der letzte Brief sein, also eine Art Abschiedsbrief. Lächerlich, dass ich das jetzt schreibe. Dabei soll es gar keinen Abschied geben, sondern lieber ein Wiedersehen. Aber das in nun unwichtig. Vielleicht kann ich es dir bald selbst erzählen. Keine Briefe, kein ewiges Warten mehr. Auch wenn ich mich schon langsam an mein neues Leben gewöhnt hatte...
Was denkst du, wer wird zur Hinrichtung erscheinen? Ein paar Reporter, Schaulustige, aber vermutlich keiner meiner Bekannten, wenn man von den anderen Professoren absieht. Der Henker zählt immerhin nicht. Darcy lade ich nicht ein, immerhin würde es ihm das Herz brechen und ihn in Gefahr bringen. Veronica kann ich auch nicht einladen, da die kleinste Aufregung ihre Wunde wieder aufplatzen lassen könnte. Und sonst gibt es niemanden, den ich mir hier wünschen würde. Aber eigentlich ist es auch egal, was könnte dort schon Großartiges geschehen?
Dieser Brief ist reichlich kurz, ich überlegte mir mehrere Male, was ich schreiben sollte, doch verwarf es sehr schnell wieder.
Alles scheint einfach so surreal - vor kurzem noch schien mein Leben wieder gut zu laufen und jetzt sitze ich in irgend einer Kammer in Pembroke, während meine ehemaligen Kollegen mich hinrichten wollen. Morgen schon werde ich tot daliegen und keine Zeitung wird mich mit einem Wort erwähnen. Pembroke wird wieder schweigen, sobald das Unheil - ich - beseitigt ist. Von einem langweiligen Leben kann ich wenigstens nicht reden.
Bis bald.
In ewiger Liebe
Dein
James"
James faltete den letzten Fetzen Papier, welchen er noch hatte, zusammen und steckte ihn zu den anderen in seine kleine Schachtel. Diese Briefe würde er jedenfalls nie hergeben, niemals, egal was auch geschehen mag. Auch wenn ihn selbst bald der Tod erreichen zu schien...
Und auch wenn er die Situation voll und ganz wahrnahm, so bemerkte er sie dennoch nicht. Bei jedem Gedanken erklärte er sich immer wieder, dass es kein Morgen mehr gab, über das es sich nachzudenken lohnt und doch begriff er es nicht.
Würde er zu Elisabeth zurückkehren können oder in ein Nichts verschwinden? Der sonst nicht gläubige James ließ sich lieber auf eine Illusion ein, welche er nicht bestätigen konnte. Er verdrängte die Zukunft vollkommen und dachte keine Sekunde an das, was er zurücklassen würde. Nur noch Illusionen waren ihm geblieben...
Heute ist noch ein Tag auf dieser Welt, doch wer weiß, was morgen geschieht---
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Remember and forget
Mystery / ThrillerAlles hat einen Anfang, sogar das Ende--- Als Elisabeth, James' Frau, durch einen Vulkanausbruch stirbt, ist er am Boden zerstört. Doch schon kurz danach erfährt er, dass Lord Fernsby von der drohenden Gefahr Bescheid wusste. Es kommt zum Streit und...