einunddreißigster Brief I G. Gilbert

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"Liebe Elisabeth,

mir scheint, als könnte ich Mister Danham nun auch nicht mehr loswerden. Wegen der Geschichte mit dem Geheimnisvollen, welche ich dir schon erklärt habe. Er ist wirklich nervtötend beizeiten, doch immerhin scheint es, als könne ich auf seine Unterstützung zählen. 

Was hast du wohl gedacht, wer der geheimnisvolle Mann war? Mit Sicherheit ein Verrückter, aber nun weiß ich auch, woher er mich kennt. Kannte, besser gesagt, kannte. Bevor er tragischerweise die Klippen hinunterstürzte. 

Erinnerst du dich noch an die Geschichte mit Lord Fernsby? Ich weiß, der Beginn allen Übels. Der Moment, an dem ich meinen vermutlich ersten Fehler begangen habe. Der Moment, welcher so gut wie alles änderte. Der Moment, welchen ich niemals bereuen werde. 

Diese Angelegenheit hatte ich schon fast vergessen, aber leider nicht der Diener. Garry Gilbert. Der Diener, welcher damals, nachdem ich verschwand, Hauptverdächtiger wurde und in eine Irrenanstalt geschickt wurde. Der Diener, dessen Leben ich angeblich zerstört haben soll, dessen Leben aber, meiner Meinung nach, ohne Lord Fernsby besser war.

Aber so ist die Welt. Nie dankt sie einem und immer rächt sie sich. Aber mit mir legt man sich eben nicht an, würde ich behaupten. Das ging noch für keinen gut aus. 

Ich war gerade auf dem Weg nach Hause, als ich einen Schatten hinter mir bemerkte, welcher mit Sicherheit nicht meiner war. Ich lief um eine Kurve und um noch eine, um zu sehen ob er mich verfolgte. 

Nachdem ich ganz sicher war, drehte ich mich auf dem Absatz um. G. Gilbert konnte nun nicht mehr ausweichen. Doch das hatte er nicht vor... 

Er zog sein Messer und fing an zu sprechen: "Wieso glauben Sie sich erlauben zu können leichtfertig mein Leben zu zerstören? Sie haben kein Recht dazu! Sie dreckiger Mörder!" 

Ich habe diese seltsamen Reden noch nie gemocht. Es wirkt einfach zu unrealistisch, wie ich finde. Den perfekten Moment für einen Mord gibt es nicht. Selbst wenn für Darcy alles andere nur ein Unfall war. 

Gerade a diesen Vormittag hatte ich alle nötigen Informationen von Veronica bekommen um zu wissen, wer er war. Und eigentlich hätte ich mich an ihn erinnern sollen. 

"Glauben Sie, dass es eine gerechte Rache ist mich zu ermorden, weil ich Lord Fernsby getötet habe, Mister Gilbert?"

"So, Sie wissen also schon, wer ich bin?"

Er warf seine Kapuze in den Nacken und sah mich mit seinen bitterbösen Augen in den eingefallenen Augenhöhlen an. Ein Anblick, bei welchem jeder erschaudert wäre. 

Ich weiß, ich bin noch niemals in meinem Leben fortgerannt, aber ich tat es. Man konnte nicht darauf hoffen, dass er sich beruhigte. Ihn interessierte es nämlich nicht, ob es wirklich Mord gewesen war, nein. Ihn interessierte nur, ob man ihm die Schuld dafür gegeben hat oder nicht. Und das hatte man. 

Vielleicht hätte er mir leidtun können, aber im Grund genommen tun mir andere Menschen nicht im Entferntesten leid. Und ich habe auch nicht vor, etwas daran zu ändern. 

Er kam also näher auf mich zu und lächelte verkrampft. Er wollte gnadenlose Rache und ich konnte es vollkommen verstehen, wenn ich ihn auch nicht bedauerte. Wäre es nicht um mein Leben gegangen, wer weiß, vielleicht hätte ich anders gehandelt. 

Doch so besiegelte ich seinen Tod endgültig, als ich ihn nach unserer kleinen Rangelei von der Klippe stieß.

Ich stehe noch nicht einmal unter Verdacht dank des nervigen Mister Danham, welcher sich langsam immer besser mit Darcy versteht. Ein Mörder wie ich passt nicht so recht ins Bild, aber das stört mich nicht.

Ich wünsche dir alles Gute und einen schönen Tag noch.

Auf Wiedersehen,

Dein

James"

James legte den Brief hin und seufzte. Er würde wohl nie ein ruhiges Leben, geschweige denn einen ruhigen Tod finden, dachte er sich. Aber auch an Feinden würde es seinen Lebtag nicht zu wenige geben.

Ein Herz aus Stein, aber immer ein Schwert zur Hand um zu kämpfen - das macht eine gebrochene Person aus---

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