Kapitel 10

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Carlos:

Als ich wieder aufwachte, lag ich allein im Bett. Ich bummelte unzufrieden. „Na du kleiner Langschläfer? Bist du jetzt ausgeschlafen?", Harry setzte sich zu mir auf die Bettkante und fuhr mir durch die durchgeschwitzten Haare. Seufzend setzte ich mich auf und sah ihn fragend an, bevor mein Blick nach draußen fiel. Es dämmerte schon und die Sonne schickte sich wohl gerade an unterzugehen. „Wolltest du mich nicht wecken zum Abendessen?", hakte ich verwirrt nach und kratzte mich am Hinterkopf. „Ich habs probiert aber du hast so tief geschlafen, das wahrscheinlich eine Bombe neben dir hätte einschlagen können.", zuckte Harry und sah mich besorgt an. Ich wollte nicht das er sich Sorgen machte, also setzte ich mich hastig auf. „Es ist alles gut. Mach dir keinen Kopf.", winkte ich ab und wollte aufstehen, doch Harry hielt mich zurück und sah mir ernst in die Augen. „Ich werde mir immer Sorgen um dich machen Babe. Und ich merke wie ausgezehrt du immer bist, wenn du auf... ihn triffst. Das macht mir Sorgen. Zieht er dir irgendwie die Energie aus dem Körper? Oder wie darf ich das verstehen?", er streichelte mir über die Wange und ich legte mich schutzsuchend gegen seine Hand Innenfläche. „So ist das nicht direkt..."; seufzte ich und er verzog verstimmt das Gesicht. „Aber er hat was damit zu tun.", schlussfolgerte er weiter und ich nickte langsam. 

„Es sind die Flammen... also das Feuer.", zuckte ich mit den Schultern und Harry runzelte die Stirn. „Wie kann es eigentlich sein das... diese Gabe erst jetzt aufgetreten ist?", ich schnaubte bei dem Wort Gabe. „Eine Gabe würde ich es nicht nennen. Für mich ist es eher ein Fluch.", ich drückte mich an Harry vorbei und stand nun wirklich auf. „Ares hat es mir so erklärt das es meine Wut war. Bei ihm ist es schon in frühem Kindesalter ausgebrochen. Aber ich hatte in meiner Kindheit nur mit der Wut meiner Mutter zu tun. Ich hatte eigentlich immer nur Angst. Aber als Ares mir erzählt hat, wer er ist... dass er mein Vater ist..." „Das ist er nicht Carlos...", ich winkte ab. Auf dem Papier war er es. Es war nicht abzustreiten das ich mit ihm verwandt war. „Hat mich so eine blinde Wut gepackt das...", ich zuckte mit den Schultern. „Das du in Flammen aufgegangen bist.", nickte Harry nur. 

„Ja, aber ich kann es nicht wirklich kontrollieren, deswegen versuche ich es zu unterdrücken. Aber Ares bringt mich immer so aus dem Konzept das ich förmlich rasend vor Wut werde und dann bricht es aus. Vor allem wenn er Leute bedroht, die ich liebe."; ich sah Harry vorsichtig an, während wir uns an den Essenstisch setzten. „Aber es ist bestimmt nicht gesund das du es unterdrückst Babe. Es ist jetzt ein Teil von dir und du musst versuchen es zu akzeptieren. Ich glaube nicht das es einfach wieder verschwindet.", ich presste meine Lippen zusammen und piekte eine der Nudeln mit der Gabel auf. „Ich habe nie darum gebeten etwas „Besonderes" zu sein, wie Ares es immer nennt. Ich möchte einfach nur normal sein. Einmal in meinem Leben.", ich konnte Harry nicht ansehen. Auch wenn er sagte das er damit klarkam, konnte es doch noch passieren das er irgendwann vielleicht doch vor mir zurückschreckte. 

Harrys Hand legte sich unter mein Kinn und zog es nachdrücklich zu ihm. Ernst sah er mir in die Augen. „Du warst nie Normal Carlos. Du warst schon immer etwas Besonderes, und zwar nicht erst seitdem du weißt wer dein Vater ist. Du bist das Besondere. Nicht das Feuer in dir oder die Tatsache das dein Vater ein Gott ist. Und vergiss nicht das ich auch noch da bin, wir finden eine Lösung wie du damit umgehen kannst.", ohne dass ich es wollte sammelten sich Tränen in meinen Augen. Was würde ich nur ohne ihn tun?

„Mensch da seid ihr ja endlich! Wir dachten schon euch wäre vielleicht was passiert oder ihr hättet es vergessen!", tadelnd sah uns Evie an, als wir am Tag der Hochzeit vor der Kirche ankamen und zog mich gleich in eine ihre festen Umarmungen. „Als ob wir Mals Hochzeit vergessen würden.", rollte ich nur mit den Augen und sah schmunzelnd dabei zu wie sie auch Harry herzlich an sich drückte. Die letzten zwei Wochen die wir auf dem Schiff und verschiedenen Inseln verbracht hatten, hatte uns nur noch enger zusammengeschweißt und es würde schwer werden ab morgen wieder in den Schulalltag einzutauchen. Von meinem Vater hatten wir Gott sei Dank nichts mehr mitbekommen. Also er hatte sich zumindest nicht mehr blicken lassen und ich hatte Harry davon überzeugt erst mal niemandem etwas von ihm oder meinem neuen Talent alles in Schutt und Asche legen zu können zu erzählen. 

Anfangs hatten wir probiert das ich einfach meine ganze Energie am Morgen in den Sand oder das Meer entlud so das quasi keine überschüssige Energie mehr übrig blieb, aber wir hatten schnell festgestellt das meine Kraft dadurch nur Tag für Tag wuchs und hatten es wieder gelassen und ich war wieder auf die Meditation ausgewichen was bis jetzt ziemlich gut geholfen hatte. Es würde sich zeigen, wie weit ich damit kommen würde. „Hey ihr zwei, wir hatten ja schon fast Wetten am Laufen ob ihr rechtzeitig von eurem Liebesurlaub zurückkommen würdet.", Uma und Gil gesellten sich ebenfalls zu uns, genauso wie Harriet, CJ und Dizzy. Demonstrativ griff ich nach Harrys Hand. „Oh schaut mal da kommt Hades! Er hat anscheinend auch einen Gast mitgebracht.", Gil deutete auf Mals Vater, der gerade aus einem der Wägen ausstieg, die in regelmäßigen Abständen vor der Kirche hielten. 

Dizzy schnappte aufgeregt nach Luft, während auch ich den Mann, der neben Hades herlief, erkannt hatte. „Das ist der Mann mit den großartigen Haaren", quiekte sie begeistert und himmelte Ares förmlich an. Ich spürte wie Harry sich anspannte und sich instinktiv vor mich schob. „Ignorier ihn einfach."; wisperte ich Harry ins Ohr. „Carlos, schön dich wieder zu sehen!", Lonnies Eltern waren gerade ebenfalls mit ihrer Tochter und einem jungen Mann angekommen, den ich sofort wiedererkannte. „Auch schon sie wieder zu sehen Mrs Shang." „Du sollst mich doch duzen."; tadelte sie mich und ich lächelte verlegen. „Und du bist bestimmt der berühmte Harry. Freut mich dich kennen zu lernen.", sie lächelte Harry herzlich an, bevor sie sich bei ihrem Mann einharkte und die Kirche betrat. „Carlos!", der junge Mann schloss mich in die Arme und hob mich lachend hoch. „Shen lass mich runter du Verrückter!", lachte ich und schlug ihm leicht auf die Schulter, bis er mich wieder absetzte. Harry trat an meine Seite und funkelte Shen aus kleinen Augen an. 

„Harry, das ist Shen. Er war mein Trainingspartner als ich bei Lonnie und ihren Eltern gewohnt habe.", stellte ich die Beiden vor. Auch Shens Haltung veränderte sich ein wenig und die Beiden nickten sich nur knapp zu. „So wir sollten dann auch langsam rein gehen."; wies uns Evie an, was Harry als Vorwand nahm mich am Ende meiner Krawatte zu greifen und mit Nachdruck hinter sich her zu ziehen. „Harry!", brummelte ich und machte seinen griff los, obwohl er mir eine Gänsehaut beschert hatte. „Was denn?", frech grinsend legte er seinen Arm um meine Hüfte und strich wie zufällig über meinen Hintern. Ich spürte, wie ich errötete und sah hinter uns. Doch außer Shen schien es keiner mitbekommen zu haben. Harry dirigierte mich auf unsere Plätze. 

Unexpectedly 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt