Unexpectedly 2

Kapitel 42

Carlos:

Völlig überrumpelt griff ich mir an die Lippen, die immer noch kribbelten als würden hunderte von Ameisen darüber laufen. „So ein Verhalten dulde ich nicht in meinem Unterricht. Mister Hook und Mister De Vile raus.", unsere Geschichtslehrerin deutete mit mahnender Miene auf die Klassenzimmertür und ich räumte wie in Trance meine Sachen in meine Tasche. Sie schien wohl die einzige zu sein, die den Kuss mitbekommen hatte, denn alle anderen hoben jetzt verwirrt die Köpfe. Sie waren wohl zu sehr in ihre Partnerarbeit vertieft gewesen. Jay der ausnahmsweise jemand anderen als Partner zugeteilt bekommen hatte, sah mich mit gerunzelter Stirn an bevor er Harry funkelnd ins Visier nahm, der offenbar hinter mir zur Tür trottete. Als er die Tür hinter sich zu zog, drehte ich mich langsam zu ihm herum und sah ihn einen Moment lang nur schweigend an. Es hatte sich verdammt gut angefühlt ihn endlich wieder zu küssen, so verdammt richtig. „Was? Hab ich was im Gesicht?", durchbrach Harry die Stille und fuhr sich nervös durch die Haare. Von seinem zufriedenen Grinsen war nichts mehr zu sehen. Es machte ihn nervös, wenn ich ihn anstarrte. Ich machte ihn nervös. Ich konnte es in dem suchenden Blick seiner Augen sehen. 

„Warum hast du das gemacht?" „Was?" „Mich geküsst Harry! Tu nicht so als wüsstest du nicht von was ich rede!", knurrte ich ihn an und ging den Flur entlang. Verarschen konnte er jemand anderen. „Hey sorry, warte...", er hielt mich am Unterarm davon ab, aus seinen Augen zu verschwinden. „Also?", ich hob eine Augenbraue. Wollte er nur wieder mit mir spielen? Gucken ob ich immer noch, wie Butter in seinen Händen war? „Warum werde ich dich wohl geküsst haben."; er wandte sein Gesicht von mir ab, doch ich sah etwas das ich bisher noch nie bei Harry gesehen hatte. Er wurde rot. „Ich will es von dir hören, sonst hätte ich dich nicht gefragt.", ich verschränkte meine Arme und sah ihn weiter abwartend an. „Verdammt weil ich wissen wollte ob ich dir noch was bedeute! Bist du jetzt zufrieden?", jetzt wurde auch Harrys Gestik und Ton ungemütlicher. 

„Schrei mich nicht an."; warnte ich ihn und hörte ihn nur schnaufen. „Warum willst du wissen ob ich dir noch was bedeute? Ist dir nicht alles und jeder egal?", ich verengte meine Augen und ließ ihn keine Sekunde aus dem Blick. Der dunkelhaarige Pirat wand sich förmlich unter meinem Blick. „Du bist mir nicht egal und wirst es auch nie sein."; nuschelte Harry und jetzt war ich derjenige der laut auf schnaubte. „Das habe ich aber ganz anders in Erinnerung."; knurrte ich und wand mich ab. „Ich hab dich doch nur hiergelassen weil ich dachte deine Freunde würden sich um dich kümmern und auf dich aufpassen. Außerdem hättest du mir die Reise sicher ausgeredet!", Harry stellte sich mir in den Weg. Ich presste meine zitternden Lippen fest zusammen. Ich wollte keine Schwäche vor ihm zeigen. „Dein Plan hat ja anscheinend super funktioniert. Ich bin kein Spielzeug Harry. Du kannst mich nicht einfach wegschmeißen und dann wiederholen, wenn dir danach ist!", meine Stimme zitterte und Harrys Augen rissen auf. „Ich hab dich doch nicht weggeschmissen..."; murmelte er und machte einen Schritt auf mich zu. 

„Wie nennst du das dann?! Du hast mich zurückgelassen! Allein! Du hast immer gesagt du wärst meine Familie. Familie lässt sich nicht im Stich! Ich war dir egal. Du hast nur an dich gedacht!", ich konnte mir ein Schniefen nicht verkneifen und sah den Schmerz in Harrys Augen. Er machte einen Schritt auf mich zu und legte ganz vorsichtig seine Arme um mich. „Ich hatte nie vor dich zu verletzen. Zumindest nicht so sehr. Mir war klar, dass es dich treffen würde, wenn ich einfach gehe, aber ich wusste nicht dass es dir so zusetzen würde. Hat es mir später auch, deswegen bin ich zurückgekommen und... es war hart das du mich so ignoriert hast. Dann hast du mich vor deinem Vater verteidigt und ich hab ein bisschen Hoffnung geschöpft. Deswegen wollte ich wissen ob du wirklich noch was für mich übrig hast, oder ob es den Kampf gar nicht mehr lohnt weil du mich nur noch hasst.", ich spürte seine Lippen an meinen Schläfen und schloss genießend meine Augen. Es war die erste richtige Nähe, die ich seit Monaten zuließ. Und dann ausgerechnet von Harry. Ich hob meinen Kopf und legte meine Lippen auf seine. „Ich könnte dich niemals wirklich hassen."; Harrys Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. 

„Was nicht heißt das ich dir von heut auf morgen vergeben werde."; ich drückte mich von ihm weg und straffte meine Schultern.