Kapitel 16

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Carlos:

„Nun sicher kannst du dir denken, warum du hier bist oder mein Lieber?", die gute Fee schob mir den Teller mit Keksen hin, den ich jedoch mit keinem Blick beachtete. Ich zuckte nur schweigend mit den Schultern und sah an ihr Vorbei an die Wand, hinter ihrem Stuhl. Ich hörte sie seufzen, aber auch das riss meine Aufmerksamkeit nicht auf sie. „Nun ja da sich Mister Hook wohl dazu entschlossen hat von der Schule abzugehen haben wir seinen Platz nachbesetzt. Denn wie du weißt, ist die Auradone Prep sehr begehrt."; wieder zuckte ich nur mit den Schultern. Das tat ich in letzter Zeit öfter. „Wir werden dir also einen neuen Zimmernachbarn geben. Ist das ok für dich?", ihre Stimme hörte sich zögernd an. „Ich denke ich habe dahin gehend keine andere Wahl. Aber teilen sie mir besser keinen Neuling zu. Dafür habe ich nicht gerade ein Händchen wie sich letztes Jahr bewiesen hat.", erwiederte ich nur unterkühlt und sah ihr jetzt das erste Mal direkt ins Gesicht. „Carlos, das Harry von der Schule abgegangen ist, ist keinesfalls deine Schuld. Du hast großartige Arbeit geleistet letztes Jahr.", versuchte sie mich aufzubauen, doch ich verzog nur verbittert mein Gesicht. „Wenn sie das sagen. Wars das dann?", ich wartete ihre Antwort nicht ab und stand fast lautlos von meinem Stuhl auf. 

„Carlos?", als ich schon fast an der Tür war, ertönte die Stimme der älteren Frau noch einmal und ließ mich noch mal zu ihr umdrehen. „geht es dir gut? Ich weiß das du und Harry mehr wart als nur Freunde und Zimmergenossen. Und deine Freunde machen sich Sorgen um dich.", ihre Stirn lag in tiefen Falten. „Mir geht es ausgezeichnet. Machen sie sich da mal keine Sorgen. Und meine freunde sollten sich besser um ihren eigenen Kram kümmern."; schnaubte ich nur und zog dann die Tür hinter mir zu. Ich steckte meine Hände in die Hosentaschen und schlurfte die Gänge entlang. Vor meinem Zimmer blieb ich misstrauisch stehen. Die Tür stand offen. „Ah hallo Carlos, ich bin Toby dein neuer Mitbewohner. Ich bin in deiner Parallelklasse.", begrüßte mich ein etwas stämmiger Junge, der ungefähr in meinem Alter sein musste. Da hatten sie ja wirklich keine Zeit verloren, um jemand neuen bei mir einzuquartieren. Ich nickte ihm nur zu und ging in meine Ecke des Zimmers, in der ich meine Schultasche neben den Schreibtisch warf und mein Schwert neben dem Bett schnappte. 

„Wow ist das echt? Darf ich es mal anfassen?", mit großen Augen streckte Toby bereits seine Hand nach meinem Schwert aus, doch bevor er sich versah hatte ich ihm seine Hand schon so weit verdreht das er mit einem kleinen Schmerzensschrei auf die Knie ging. „Du fasst meine Sachen nicht an. Ich werde nicht dein Freund oder so was. Wir teilen uns dieses Zimmer und das wars. Du sprichst mich nicht an und gehst mir am besten auch nicht auf die Nerven. Ansonsten spürst du mein Schwert früher als dir lieb ist."; knurrte ich und ließ seine Hand los, welche er sofort mit der anderen festhielt. Sollte er sich mal nicht so anstellen. Ich schulterte mein Schwert und verließ damit das Zimmer. Ein Mitbewohner machte meine erneut wieder unruhigen Nächte nicht gerade besser.

„Carlos denkst du nicht das es langsam reicht?", wollte Lonnie mich ein paar Wochen später überreden mein Training zu beenden, doch ich ignorierte sie einfach und drosch weiter auf den Übungsdummie ein. „Hey Kumpel, normalerweise würde ich ja sagen das es dir gut tut dich mit dem Training abzulenken, aber langsam machen wir uns ernsthafte Sorgen Carlos. Du bist fast nie beim Essen, nach dem Unterricht verschwindest du entweder oder du trainierst bis du fast tot umfällst. Und Toby hat erzählt das du oft spät nachts unterwegs bist.", Jay legte seine Hand auf meine Schulter und ich fuhr zu ihm herum. „Fass mich nicht an."; knurrte ich und er hob abwehrend beide Hände. Schnaubend steckte ich mein Schwert zurück in die Scheide und wischte mir durch das schweißnasse Gesicht. „Verdammt Carlos es ist jetzt schon Wochen her, seit Harry gegangen ist. Er ist es nicht wert das du dein Leben wegschmeißt!", der Langhaarige verschränkte die Arme. „Du weißt nichts von meinem Leben."; knurrte ich wieder und wollte an ihm vorbei, doch er versperrte mir den Weg. 

„Dann rede mit uns Carlos! Wir sind doch deine Freunde, deine Familie.", versuchte er es noch mal verzweifelt, doch ich stieß ihn nur mit einem „Geh mir aus dem Weg!", zur Seite und verließ die Turnhalle. Familie... Freunde das ich nicht lachte. Das alles ist nichts wert. Harry hatte auch behauptet er wäre meine Familie... ich wäre Teil seiner Familie... Aber man ließ seine Familie nicht zurück... Und das hatte er getan. Allein beim Gedanken an seinen Namen zog sich alles in mir zusammen. Ich hatte gehofft das es mit der Zeit besser werden würde, aber ich wachte immer noch jede Nacht auf und schrie seinen Namen, in der Hoffnung das sich seine Arme jeden Moment um mich legen würden und jedes Mal war das Bett leer. So wie mein Herz. Deswegen kapselte ich mich von allem und jedem ab. Der Einzige, mit dem ich noch wirklich zu tun hatte, war Diego. Er fragte mich nicht wie es mir ging, fragte nicht ob ich noch an ihm hing oder ihn vermisste. Und ich war dankbar ihm bei seinem Umzug nach Auradon zu helfen. Er hatte hier einen Job bei einem Musikproduzenten bekommen und hatte sich jetzt eine zweite Wohnung hier genommen die wir immer noch fertig einrichteten. 

Die Arbeit lenkte mich ab und ich war beschäftigt. Ich versuchte mich jeden Tag so zu verausgaben das ich einfach nur noch traumlos in den Schlaf fallen müsste was aber nicht klappte. Nie. Aber es ist nicht so als wäre ich es nicht gewohnt. Vor Harry war es auch so gewesen, also musste ich mich nur wieder daran gewöhnen. „Man siehst du heut aber fertig aus. Sicher das du noch mithelfen willst?", begrüßte mich mein Cousin, als ich mein Motorrad vor seiner Tür geparkt und geklingelt hatte. „Red nicht viel herum und sag mir lieber, wo wir weiter machen."; brummte ich nur und schloss die Tür hinter mir. 

Unexpectedly 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt