Harry Hook:
„Okay, den habe ich wohl verdient." keuchte ich und versuchte vor Carlos stehen zu bleiben und nicht weg zu taumeln. Er schnaubte und ich sah, wie er an mir vorbei sah. „Carlos, es... Ich sehe ein, dass ich Fehler gemacht habe. Es tut mir Leid." Ich richtete mich wieder auf. Mein Bauch fühlte sich immer noch merkwürdig weiter. Carlos schnaubte wieder und machte einen Schritt zur Seite und von mir weg. „Der Schlag war aber gut gewesen, hat genau gesessen." sagte ich und spulte meine Liste, wie brachte ich Carlos wieder runter, ab. Er ging. „Hilft es dir, dass ich dir fast vor die Füße gekotzt hätte?!" Ich wollte nicht, dass er einfach ging. Er lachte trocken auf und es klang nicht mal ansatzweise echt. „Das ist mir so was von egal." Vielleicht sollte ich seinen kalten Worten glauben schenken, aber das tat ich nicht. „Carlos." Ich hatte seine Degenspitze zehn Zentimeter vor mir.
„Na, wie ist das? Hast du sicher auch schon unzählige Male mit anderen gemacht." Er sah mich an, seine Augen bewegten sich nur minimal. Ich hob meine Hände seitlich von mir hoch. „Und jetzt?" Das war nicht die Antwort, die er haben wollte. Carlos senkte den Degen rasch und es klirrte. Der Schlüssel war zu Boden gefallen nachdem er in meine Hosentasche geschnitten hatte. Mit der Spitze holte er sich den Schlüssel heran und hob ihn auf. „Verschwinde, ich muss abschließen." In Anbetracht, dass er noch immer den Degen hielt, wenn auch gut zehn Meter von mir entfernt, tat ich lieber was er sagte. Zumal ich auf ganzer Linie versagt hatte. Nur eines hatte ich in Erfahrung gebracht, er ließ sich immer noch einschüchtern von mir.
„Achja, wegen mir solltest du nicht das Essen schwänzen." sagte ich noch als ich durch die Tür ging und sie schnell hinter mir zu zog. Er sollte gar nicht erst die Chance zu einer Antwort haben. Ich wollte sie nicht hören.
Ich ging zurück ins Schulgebäude und suchte einen Ort auf, den ich wohl so schnell nicht wieder besuchen würde. „Schneid mir die Haare." Ich sah auf dicke Brille Dizzy herab. Ihr Gesicht hellte auf als sie mich sah, nahm einen merkwürdigen Ausdruck an und fiel dann wieder in sich zusammen und wurde grimmig. „Was?" „Na ganz einfach, schneid mir die Haare." Sie überlegte noch einen Moment dann nickte sie zaghaft und sah sich um. „Wie?" „Na schneiden eben.." Es war nicht so, dass ich sie in den letzten Monaten nie hatte schneiden lassen, aber sie sollte sie wieder richtig richtig machen. „Nicht hier. Komm mit." Ich verdrehte die Augen bei ihrer Aufforderung. Die Bibliothek war wohl kaum ihr Salon. Wir trafen ihre Freunde beim Gehen.
„Ich hab noch was zu tun. Ich komm später nach." sagte sie ihnen. Die Mädchen nickten. CJ warf mir einen langen Blick zu. In der Tür schubste Dizzy mich. „Rück mir nicht auf die Pelle." Hatte ich nicht, würde ich nie und wollte ich definitiv niemals. Schätze das sollte ein Show für alle anderen sein. Als, wenn ich Schulfeind Nummer Eins wäre. Als, wenn auf unseren Köpfen gestanden hätte, das wir was miteinander tun wollten. Ich folgte ihr zu dem Ort, an dem sie ihre Scheren auspacken wollte.
Nach dem Abendessen traf ich Gil und Uma an unserem Waldplatz. Die Natur hatte sich über den Sommer etwas weiter entwickelt, aber sonst sah es noch gleich aus. „Hallo." sagte ich und sah sie an. Ich wusste nicht recht womit ich rechnen sollte. Sie waren nicht sehr erfreut, aber auch nicht ganz so aggressiv, wie die anderen. „Um das klar zu stellen, ich bin mega sauer auf dich. Aber du bist mein bester Freund und ich möchte auch, dass das so bleibt. Also reiße ich mich zusammen." stellte Gil direkt klar. Ich lächelte leicht. „Danke, Mann." „Geht mir auch so. Einmal beste Freunde, immer beste Seemonsterfreunde." sagte Uma mit verschränkten Armen. Sie drehte sich zur Seite und sah mich dann direkt an.
„Aber das heißt nicht, dass ich dir nicht am Liebsten den Kopf abreißen möchte, Scheißkerl." Sie fluchte laut und Gil drehte sich schon zu ihr um, um sie notfalls aufzuhalten. Ich lachte tonlos. Das war Uma. „Vielleicht nächste Woche, Seemonster. Frag mich einfach dann noch mal." sagte ich und zog die Schultern etwas hoch. Wenn ich noch öfter auf Diego oder Jay traf wollte ich vielleicht selbst bald, dass es vorbei war. Es war mir eine Ehre, wenn ihre acht Beine das dann tun würden. Außerdem würde es ihr anscheinend gut tun. Gil sah ein wenig skeptisch zwischen uns hin und her, aber anscheinend vertraute er schließlich unserer Waffenruhe. „Ich hab dich vermisst, Mann. Kann ganz schön langweilig sein hier. Wobei Carlos schon so manches aufgemischt hat, dass ich auch mal dachte, Langeweile würde ihm gut tun."
„Er hat es getan, weil er Langeweile..nichts zu tun hatte." konkretisierte Uma das Geschehene ihm gegenüber. „Uhm...ja Carlos kann einiges, wenn er will." Ich wollte nicht über Carlos reden. Ich wollte mit Carlos reden, aber nicht über ihn. Zumindest nicht jetzt und, wenn es so deutlich machte, was durch mich passiert war. „Offensichtlich kann er jetzt auch Feuer spucken." fügte Uma hinzu. „Das solltet ihr mit ihm besprechen." sagte ich sofort. „Du wusstest davon?!" Sie sahen mich beide mit großen Augen an. Ich zuckte locker mit den Schultern. „Ich war sein Freund." erklärte ich. „Ja, du warst. Dann bist du einfach gegangen und hast ihm das Herz herausgerissen und so klein gestückelt, dass man fast von pürriert reden kann." Uma sah mich verächtlich an. Sie hatte wieder ihre Arme verschränkt und lehnte jetzt noch abgewandter am überwachsenen Fels. Was hatte ich gesagt? „Vielleicht sollte ich wirklich besser gehen." sagte ich und ging schon mal vorwärts. „Wag es dich ja nicht!" „Zurück zur Schule." erläuterte ich. „Oh, okay, ja solltest du vielleicht." antwortete Uma. Ich warf meinen Arm zum Gruß aus und kehrte im Fastdunkel zurück in die Schule und mein Zimmer.
Ich zog mir meine blaue Uniformshose an und ein Hemd. Trotz Winterwetter nahm ich das kurzärmelige. Draußen konnte ich dann meine Jacke anziehen, aber drinnen würde ich so bleiben. Meine Haare saßen wieder so, wie sie sollten. Nicht zu lang, nicht zu kurz und richtig im Schnitt. Dizzy wusste worauf es ankam. Ob ihre Liebelei da jetzt ein Vorteil war oder nicht, wusste ich nicht, war mir aber auch egal. Das Ergebnis zählte. Und das konnte sich hoffentlich sehen lassen. Ich strich noch mal meinen Kragen nach und überprüfte den Sitz der Krawatte bevor ich mir meine Schulsachen nahm und mein Zimmer verließ.
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Unexpectedly 2
RomanceDie Story spielt nach dem dritten Teil, lediglich mit dem Unterschied das die Kinder der verlorenen Insel unter anderem Uma, Gil und Harry auf die Auradone Prep kommen. Um den neuen Schülern den Einstieg in den Schulalltag zu erleichtern kommt jedes...