Kapitel 34

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Carlos:

„Das schaffst du schon.", schnaubte ich und zerknüllte ein leeres Blattpapier. Was glaubt er denn was ich bin?! Eine Maschine, oder was?! Eigentlich wollte ich ihm nicht helfen. Ich wollte keinen Auftrag von ihm. Es gab tausend Leute, die darin geübter waren. Zumal ich bisher nur Sicherheitssysteme für Häuser überarbeitet oder entwickelt hatte. Und nicht für ein Schiff, ohne Strom und alles! Da gibt es nicht mal W-Lan! Und ich dachte eigentlich, dass das genau das wäre was Harry daran so gut fand. Das er dort von allem und jedem abgeschottet war. Seufzend fuhr ich mir durch die Haare und setzte mich an meinen Laptop. Besser ich machte mich mal schlau was es für verschiedene Sicherheitssysteme für Segelschiffe wie Carlos 2 überhaupt schon gar. Mittlerweile hasste ich es das dieses verdammte Schiff meinen Namen trug. Aber ich konnte es nicht ändern. Also könnte ich schon, aber das würde nur unnötigen Ärger geben. Als ich mich so durch die verschiedenen Webseiten klickte, schweiften meine Gedanken wieder ab. Lonnie hatte mir erzählt, wie Harry sie danach gefragt hatte ob es sie nicht störte das Jay jetzt bei mir saß. Sicher würde sie lieber neben Jay als Harry sitzen. Lonnie war Loyalität sehr wichtig. Sie hielt zu mir und wusste das ich Harrys Nähe nicht wirklich ertrug, deswegen biss sie lieber in den Sauren Apfel und duldete ihn als Sitznachbarn. 

Harry schien sein Platz ziemlich egal zu sein. Auch das die anderen auch alle sauer auf ihn waren schien ihn nicht wirklich zu berühren. Aber was andere Leute von ihm hielten oder ihn mochten das war Harry schon immer egal gewesen. Deswegen war es ihm auch so leicht gefallen damals einfach zu verschwinden, ohne mit mir oder jemand anderem zu reden. Er hatte seine Schwestern und Uma und Gil. Die verziehen ihm eh alles. Mag sein das sie auch enttäuscht oder sauer waren, aber sie behandelten ihn als wäre er nie weggewesen. Ich bewunderte dieses Verhalten, denn ich konnte es nicht. Ich nahm es persönlich. Aber das Kapitel war abgeschlossen, zumindest von seiner Seite. So kam es zumindest rüber. Deswegen verstand ich nicht, warum er mich jetzt um dieses blöde Sicherheitssystem bittet. Auch hatte er sich beim Leichtathletik Training beim Laufen zurückgehalten. Ich bin zwar schnell, aber ich weiß nur zu gut, dass Harry definitiv schneller ist als ich. Er hat die längeren Beine. 

Und doch hatte er fast penibel darauf geachtet hinter mir zu bleiben. Vielleicht hatte er das getan damit ich nicht wieder auf die Idee kam, ein Wettrennen mit ihm zu veranstalten und mich wieder so weit zu treiben bis ich wieder zusammenbrechen würde. Harry war kein gefühlskaltes Monster. Nicht gänzlich zumindest. Ich hatte aber auch nicht den Eindruck das der Club das Richtige für ihn war, er schien eher immer gefrustet, wenn das Training vorbei war. Es war ihm bestimmt zu stumpfsinnig. Ja diese Sportart passte einfach nicht zu ihm, aber das musste er für sich selbst entscheiden.

Ein paar Tage später war ich gerade auf der Suche nach dem Schwarzhaarigen, als ich zufällig beim Trainingsraum des Tanzclubs vorbeikam und innehielt. War das etwa...?! „Fünf, sechs, sieben, acht! Sehr gut!", hörte man die Lehrerin durch den Raum posaunen, während sich das Paar vor meinen Augen zu einem heißen Tango bewegte. Mein Hals schnürte sich zu und in mir stieg ein nur allzu bekanntes Gefühl auf. Die blanke Eifersucht kochte durch meinen Körper, während ich Harry und Audrey dabei zu sahen, wie sie ihren Teamkameraden zeigten was es hieß einen heißen Tanz aufs Parkett zu legen. Verdammt heiß. Harry und Audrey. Lief da etwa wieder was zwischen den Beiden? War Audrey überhaupt noch mit Melody zusammen? Und selbst wenn. Audrey hatte mit ihrem Angebot damals schon bewiesen das sie es wohl mit der Treue nicht allzu genau nehmen würde, wenn ihr momentane Partner oder ihre Partnerin nichts davon erfuhr. Und Harry und Audrey hatten eine Vorgeschichte. 

Eine verdammt sexuelle Vorgeschichte. Ich presste meine Lippen zusammen und sah weiter durch die offene Tür beim Training zu. Keiner bemerkte mich. Ich war gut darin unauffällig zu sein. Zu gut. Wenn ich einen Raum betrat, hoben die Leute nicht mal den Blick. Wenn Audrey hingegen einen Raum betritt liegt sofort jegliche Aufmerksamkeit auf ihr. Kein Wunder das Harry so auf sie abfuhr. Flammen fackelten auf meinen Händen auf und ich schüttelte sie hastig. Das war mir schon lang nicht mehr passiert. „So das reicht für heute. Übt bis zum nächsten Training weiter!", verabschiedete die Lehrerin ihre Schützlinge und nach und nach strömten die Schüler aus der Raum. Ich lehnte an der Wand neben der Tür. „Carlos? Was machst du denn hier?", Harrys Gesicht war etwas verschwitzt und in seinen Augen lag ein zufriedenes Glitzern. Ich drückte ihm die Blätter gegen die Brust und stieß mich von der Wand ab. „Dein Sicherheitssystem. Du kannst es dir ja von Audrey anbringen und besorgen lassen. Aber sicher hat sie dafür Personal.", ich schulterte meinen Rucksack und folgte dem Schwarm zum Abendessen. 

Unexpectedly 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt