Kapitel 31

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Harry Hook:

Ouhh. Mein Kopf tat weh. Mein Mund war trocken. Hatte ich mich betrunken? Ich hielt mir den Schädel als ich mich aufsetzte. Er pochte ganz schön. Ich kniff die Augen etwas zusammen. Nein, ich hatte mich nicht betrunken. Ich verzog das Gesicht. Ich wusste, wie ich darüber nachgedacht hatte, als ich Carlos das tun sah, quasi aus Frust, dass er sich das antat. Aber stattdessen hatte ich dann plötzlich doch vor Carlos gestanden. ...Carlos war in meinen Armen gelegen. Ich fühlte noch wie gestern, wenn ich daran dachte. Irgendwas hatte mich daran noch mehr auf die Palme gebracht. Ich hatte was mit Punchingball gesagt. Ich war von der Party verschwunden. Ich hatte verdammt keinen Bock darauf. Daran erinnerte ich mich noch. Ich trank einen Schluck Wasser und augenblicklich zog der Schmerz wieder durch meinen Kopf. Fiese Bewegung. Der Abend rekonstruierte sich weiter vor meinen Augen. Ich war eine Runde spazieren gegangen. Keine Ahnung wohin. Ich erinnerte mich lediglich an kalt und dunkel und Stille. Gegen Mitternacht wollte ich aber noch mal zurückkehren. Irgendwann dann hatte die Turmuhr im Ort geschlagen. 

Ich rieb mir über den Kopf. Ich war zurückgekehrt, um mich zu entschuldigen für nichts. Ich hatte nichts getan, aber dennoch hielt ich entschuldigen für gut. Ich hatte Carlos gesucht. Ja, das wusste ich noch. Ich wusste auch, wie ich ihn gefunden hatte. Jetzt wieder. Er hatte in einer Ecke gelegen. An der Wand hinter einem Schrank oder Schreibtisch oder war auch völlig egal. Es war dunkel gewesen, aber ich hatte ihn erkannt. Er hatte so viel getrunken, dass er nicht mehr reagierte. Ich war stinksauer gewesen, aber hatte ihn nicht anfahren können, da er mir bewusstlos nicht antworten konnte. Also hatte ich mich zu ihm herunter gebeugt und, da hatte ich mir dann den Kopf gestoßen. Irgendwas hatte an der Wand gehangen, ich hatte auch etwas scheppern gehört. Ich hatte Carlos hoch gehoben, und war noch mal mit dem Kopf darunter gedonnert. 

Scheiße deswegen tat der auch so weh. Irgendwas fiel mir auf den Kopf während ich mich nur weiter mit ihm aufgerichtet hatte. Ich hatte ihn noch mal kurz auf meinen Armen geschüttelt, aber er hatte immer noch nicht reagiert. Also hatte ich Carlos einfach aus der Wohnung getragen. Ich fuhr mir durchs Gesicht als es wieder klarer wurde. Ich hatte ihn nach Hause in sein Zimmer gebracht. Ich wusste noch, wie spartanisch sein etwas molliger Zimmerbewohner in seinem Schlafanzug geguckt hatte als er endlich die Tür geöffnet hatte. Ich hatte ihn wach geklopft. „Pass auf, dass er weiter atmet!" sagte ich als ich Carlos auf seinem Bett abgelegt hatte. Dann war ich in mein Zimmer gegangen. Ja, hier war ich jetzt. Ich schlug auf den Wecker, der die Pausetaste etwas zu wörtlich nahm, denn er klingelte schon wieder.

Ich ging frühstücken. Was auch immer um mich herum passierte, ich ignorierte es. Heute war Carlos es ausnahmsweise mal zum Frühstück gekommen. Ich bließ in meine Kaffeetasse und ließ Carlos wie alles andere vor meinen Augen verschwimmen. Da mein Kopf meinte zu sagen, dass mir leicht übel wurde vom Essen musste Kaffee vorerst reichen.

Ich lief durch das große Gebäude auf der Suche nach einer Idee, was ich heute machen konnte. Nach draußen wollte ich eigentlich nicht und lernen schon mal erst recht nicht mit dem Schädel. Vielleicht sollte ich mich einfach umziehen und etwas Sport machen? Ja, vielleicht war das eine Idee, wenn auch nicht meine originellste. Da hier gerade nicht viel los war, die anderen Schüler schienen am Wochenende beschäftigter als ich, sah ich Diego direkt als er durch die Tür herein kam. Ich bog in einen anderen Gang. „Du! Jemand hat mir erzählt, dass du gestern noch mal da warst und dich an Carlos vergriffen hast!" Diego sah mich wütend an als ich mich zu ihm umgedreht hatte. Ich fasste ihn ebenso ins Auge. "Ich habe mich nicht an ihm vergriffen! Wäre auch gar nicht nötig gewesen." meine Nasenflügel bebten. Die Erinnerung von Carlos in meinen Armen am Anfang des Abends war deutlich vor mir. Er griff mir in den Kragen. "Ich glaube dir nicht!" 

"Ich dulde keine Gewalt an meiner Schule, Mister DeVile!" Die Gute Fee stand hinter uns. Seine Hand löste sich von mir. "Sie sollten sich mehr Sorgen darum machen, dass ihre Schüler unerlaubt auf Privatpartys auftauchen. Selbst nachdem sie raus geschmissen wurden." "Rufen Sie nächstes Mal die Polizei, wenn das passiert." Die Gute Fee ließ deutlich anmerken, dass die Beweggründe nicht interessierten. Als Diego sich mit einem Schnaufen umdrehte und wieder ging ging auch sie. "Kein Wunder, dass dein Cousin bewusstlos getrunken in der Ecke liegt, wenn du noch nicht mal weißt, wer alles auf deiner Party ist!" rief ich ihm hinterher. So schnell konnten die Meisten wahrscheinlich gar nicht gucken, wie er sich umgedreht hatte und zurück war. Wir funkelten uns an. Anscheinend gab er mehr auf die Worte der Direktorin als ich. 

"Warum warst du überhaupt da? Ich dachte du hasst Partys." Finster sah er mich an. Ich zog meinen Kopf etwas zurück. "War ich eben! Vielleicht wollte ich auch tanzen?!" Meine Stimme war laut als ich das sagte. War doch eigentlich egal warum. "Wir haben schon mal zusammen Musik gemacht, so schlecht konnte dein Musikgeschmack also nicht sein!" Mein Kopfweh schlug wieder zu. "Du hast die Vase zerdeppert, die Joaquin nach dir geworfen hat." Diego grinste schadenfroh. Dann wurde sein Gesicht wieder finster. "Du hast trotzdem nicht aufgehört an Carlos herum zu fummeln." "Ich habe nicht an ihm herum gefummelt! Warum sollte ich das tun?! Und warum hat dieser Joaquin dann nichts dagegen unternommen?!" brüllte ich ihn an. Noch immer jagten Schauder über mich, wenn ich an Carlos bewusstlos dachte, sowie als er vorher in meinen Armen gewesen war. Das mit der Vase war allerdings eine gute Erklärung für meinen Schädel. Diego wurde etwas rot und zog seinen Kopf ebenfalls ein Stück zurück. 

"War zu betrunken, hatte den Geistesblitz erst vorhin. Um ihn kümmer ich mich noch!" Er wurde wieder wütend. "Weil du ein verfluchtes Arschloch bist!" Er spuckte. "Wie gesagt, nach gestern Abend bin ich mir nicht sicher, wer der größere Scheißkerl ist." antwortete ich ihm genauso aufgebracht.

Nach unserer Auseinandersetzung war Diego wahrscheinlich Carlos umsorgen gegangen. Mir egal. Ich hasste es einfach, wenn Carlos trank und ich nicht wusste, warum er tat was er tat. Das war eigentlich bei allen so. Wer wusste schon, ob sie dann wirklich etwas wollten oder nur von dem Alkohol sämtliche Gegenwehr verloren. So war es bestimmt auch gestern Abend gewesen. Aber ich ließ mich eben nicht als Punchingball benutzen. Den Schuh zog ich mir nicht an. Ich war auf dem Weg zu meinem Zimmer. Die letzte Nacht war jetzt eh gelaufen. Etwas griff mir fest in den Nacken und zog mich zur Seite. „Mein Sohn ist wieder da." „Was machst du denn schon wieder hier?!" spie ich meinen Vater entgegen. Zuletzt war er als wir noch nicht so lange hier zur Schule gegangen waren, hier gewesen. 

„Ich hab es von deinen Schwestern gehört. Du hast gefehlt." sagte er und drehte sich einmal im Kreis. „Ich habe euch zum Essen eingeladen. Deine Schwestern sind gekommen und waren komisch drauf, du warst nicht da." „Wolltest du etwas?" „Eine neue Frau vorstellen, aber deine Abwesenheit hat sie verjagt." vollendete er seine Erzählung. Sicher, das lag an mir. „Sie muss vorher schon die Nase voll gehabt haben von dir." „Ich bin dein Vater." knurrte er. Er griff mir wieder fest in den Nacken und zog mich zu sich. „Aua." Der Schmerz in meinem Kopf schlug knallhart zu. „Du bist kein Kind mehr." grollte er und ich sah den Schnurrbart unter seiner Nase zittern. „Die Frau ist mir egal, aber sie hatte ganz sicher nicht vorher schon die Nase von mir voll." Er ließ mich wieder los. „Ich bin Captain Hook." Er zupfte vorne an seiner Brust und stolzierte einen Schritt. „Okay." sagte ich nur und sah ihn weiter an. Konnte ich mich einfach weg schleichen?

Unexpectedly 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt