Kapitel 15

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Harry Hook:

Ich zog das Seil straff und das Segel blähte sich im Wind. Sie hatten wahrscheinlich Recht. Ich würde das Schuljahr nicht schaffen. Das letzte Mal waren es nur ein paar Monate gewesen und ich war gerade so nicht raus geschmissen worden. Das meiste davon lag eh an Carlos, dass er sich immer wieder für mich eingesetzt hatte. Wie sollte ich das also ein ganzes Jahr schaffen? Ich hatte nun mal mein eigenes Benehmen, meinen eigenen Charakter. Ich bin wie ich bin. Ich ging zurück zum Steuer. Carlos und die anderen waren da anders, sie konnten sich anpassen. Carlos, ich hatte mich nicht von ihm verabschiedet. War besser so, er wäre mitgekommen oder hätte mich umgestimmt. Er hätte es geschafft. Ich konnte ihm nichts abschlagen. Aber Carlos war gut, er würde ohne Probleme seinen Schulabschluss machen. Das konnte ich ihm nicht versauen. Auch nicht die Gefahr eingehen, dass er wegen mir ebenfalls flog. Carlos hatte seine Freunde, sie passten auf ihn auf. Das hatten sie vorher auch. 

Um ihn brauchte ich mir keine Sorgen machen. Auf dem Meer war ich frei. Ich war Pirat. Deswegen dachten wahrscheinlich auch viele ich hätte einen schlechten Einfluss auf Carlos gehabt, aber eigentlich war es anders rum gewesen. Er hatte einen guten Einfluss auf mich. Ich hatte so einiges gemacht... Ich dachte an die vergangenen Monate an der Prep zurück. Ja, aber damit war jetzt Schluss. Ich war Harry Hook, Kapitän von Carlos, Sohn des Captain Hook. Endlich hatte ich die Möglichkeit überall hin zu segeln und die würde ich jetzt auch nutzen. Auf der Insel hatte ich immer davon geträumt und mit Carlos hatte ich schon die Freiheit geschnuppert, nun war es an der Zeit.

Ich sah über das blaue Meer und ein Grinsen stand auf meinem Gesicht. Ich hatte auf dem Weg zum Steg noch ein paar Vorräte gekauft, zwar nur Nötigste, was man immer an Board haben sollte, so konnte ich mir jetzt ruhig Zeit lassen bis zur nächsten Anlegestelle.

Mit der Meerbriese, dem Schaukeln des Wassers unter einem aufzuwachen war schon immer toll gewesen. Eine Möwe schrie und ich setzte mich auf. Dann würde ich bald Land erreichen. Schnell ging ich zum Steuerrad, meinem Kompass und der Karte. Wenn ich richtig rechnete war es noch ein gutes Stück. Ich veränderte die Segel etwas und holte mir etwas zum Frühstück an Deck. Die Sonne zog von Osten langsam Richtung Süden und irgendwann fand sich eine zweite Möwe ein und ließ sich ein Stück mittragen. Kurz bevor ich den Hafen aus machte flog sie davon. Ich legte an und betrat Land. Direkt am Hafen gab es einen bunten Markt. Ich beschloss später meine Vorräte zu prüfen und etwas einzukaufen. Aber jetzt würde ich mir erst mal etwas anderes suchen. Es gab mehrere Straßenmusiker, die ihre Darbietung zum Besten gaben. Ich ignorierte sie und zog weiter über die bewohnte Insel. Hier gab es alles, trotz, dass sie nicht an Festland angebunden und damit auch deutlich kleiner war. 

Eine Katze klaute mir Brot als etwas herunter gefallen war. Ich setzte ihr nach, aber sie rannte eh schon weg. Während ich mich weiter umsah, konnte ich mir vorstellen, über Nacht hier zu bleiben. Ich würde mir das Nachtleben dieser belebten Insel ansehen. Der feste Boden und der Sand unter meinen Füßen am Strand hatten etwas. Etwas seltsam vertrautes. Auch, wenn es jetzt schon zuletzt eine Woche her war, hatten die Wochen davor Carlos und ich zumeist an Inseln mit Sandstrand Anker gelegt. Zurück auf meinem Schiff zog ich mein Schwert und schwang es herum. Ich liebte das Gewicht in meinen Händen und das surrende Geräusch der Luft. Gegen einen unsichtbaren Gegner absolvierte ich mein Training. "Huch. Hier euer bestelltes Brot." sagte das blonde Mädchen, das gerade an Board gekommen hatte. Ich schwang das Schwert vor ihren Hals. 

"Schleiche dich niemals an jemanden mit einem Schwert an. Schon gar nicht auf seinem Schiff. Ich erteile dir die Erlaubnis an Board zu kommen." Ich sah sie finster an. Sie knickste und stellte den Brotkorb an die Seite. "Danke. Werde ich mir merken. Dabei ist es hier so friedlebend, dass man keine Waffe zur Verteidigung brauchen sollte." Ich schnaubte nur. "Seid ihr ein richtiger Seemann? Ich bin Hanni." fragte sie und musterte mich. "Ich bin ein Pirat." erläuterte ich ihr genervt. "Du hast für das Brot bezahlt. Ich dachte Piraten tun das nicht. Aber hey, danke." "In jedem Märchen steckt was Wahres, aber das ist es nicht." Sie nickte als hätte sie das irgendwo aufgeschrieben. "Ich hab dir meinen Namen gesagt. Sagst du mir deinen?" "Nein." Sie war ziemlich naiv. "Oh okay. Na dann, ich muss wieder zurück. Danke für deinen Einkauf." Sie lief wieder vom Schiff. Ich schnaubte.

Unexpectedly 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt