Kapitel 46

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Carlos:

„Ich verstehe zwar nicht, warum du jetzt erst das Bett tauschen willst aber gut..."; schultern zuckend begann ich meine Sachen von meiner Seite des Zimmers in Tobys Seite zu räumen. Eigentlich war Toby ein relativ entspannter Mitbewohner aber in den letzten Tagen schien ihn irgendwas aus dem Konzept gebracht zu haben. Er hat mich ja gerade zu angefleht mit ihm die Seite zu tauschen. „Glaub mir spätestens morgen früh wirst du wissen was ich meine..."; hörte ich ihn murmeln als Toby als letztes sein Bettzeug mitnahm und ich mich mit einem Buch auf mein neues Bett fallen ließ. Das Bett, in dem Harry und ich vor einem Jahr geschlafen hatten. Doch es war nicht mehr unser Bett. Ich schloss meine Augen und dachte an das letzte Schuljahr. Wann hatte Harry wohl beschlossen mich zu verlassen und in die weite Welt zu segeln? Allein. War es als ich den Beginn der Sommerferien bei Jay und Lonnie verbracht hatte? War es die Zeit, in der wir zusammen auf der Insel der verlorenen gewohnt hatten? War es die Hochzeit von Mal und Ben gewesen auf die er so gar keine Lust gehabt hatte? War es mein Verhalten gewesen? Frustriert schüttelte ich den Kopf und öffnete meine Augen wieder. 

Toby hatte das Zimmer wohl in der Zwischenzeit verlassen. Er traf sich letztens immer mit einem Mädchen aus unserer Parallelklasse. Trotz meiner inständigen Warnung an ihn nicht einfach blind sein Herz zu verschenken, schien er sie ziemlich gern zu haben. Hoffentlich brach sie ihm nicht das Herz. „Mhh Carlos!", mein Kopf schnellte automatisch zur Wand herum als ich das gedämpfte Stöhnen aus dem anderen Zimmer hörte. Harrys... Zimmer. War das gerade wirklich passiert? Oder litt ich schon unter Wahnvorstellungen?! „Fuck ja!", nein, ich hatte definitiv keine Wahnvorstellungen. Das war eindeutig Harrys Stimme. Und er stöhnte, das hieß er... holte er sich da drüben etwa gerade einen auf mich herunter? „Deswegen also wollte Toby das Bett tauschen...", murmelte ich mehr zu mir selbst und lehnte mich leicht gegen die Wand, um Harrys Stimme zu lauschen. So abwegig war es gar nicht das er es sich auf mich machte, schließlich hatte ich ihn letztens erst dabei erwischt und das Ende vom Lied war gewesen das wir beide gekommen waren. 

Ich kam mir trotzdem etwas schmutzig dabei vor ihn bei solch einer intimen Sache zu belauschen. Ich würde auch nicht wollen das mir jemand dabei zuhörte. Wobei Harry nicht so war wie ich. Er war sehr aufgeschlossen was seine Sexualität anging. Es klopfte an meiner Zimmertür und ich schoss erschrocken auf die Beine. „Hey Carlos...", Jane öffnete die Tür und lächelte mich sanft an. Mir war so als würde ich ein frustriertes Stöhnen Seitens Harrys Zimmers hören, aber da war ich nicht sicher. „Was gibt's?", fragte ich und knetete nervös meine Finger. Es fühlte sich fast so an als hätte Jane mich beim Masturbieren erwischt und ich nicht nur Harrys dabei gelauscht. 

„Ich war noch in der Nähe und wollte dich fragen, ob du Mit willst zum Essen. Dann könnten wir zusammen hingehen.", schlug sie vor und hinter der Wand wurde es verdächtig still. Belauschte uns Harry etwa? Sollte er ruhig. Ich weiß das er Jane nicht so gern hatte. Er war zwar glaube ich nicht eifersüchtig auf sie, denn das war Harry eigentlich nie, aber ihm gefiel es nicht was wir für eine Vergangenheit miteinander hatten. „Ja klar lass uns gehen."; stimmte ich mit etwas lauterer Stimmlage zu und ließ ihr den Vortritt als wir mein Zimmer verließen. Auf dem Gang hörte ich wie sich Harrys Zimmertür öffnete und konnte es mir nicht verkneifen, Jane einen Arm um die Schultern zu legen.

Nachdem Essen schnappte ich mir mein Bike und fuhr in Richtung Hafen. Ich hatte die Teile für Harrys Sicherheitssystem bestellt. Die ersten Teile waren heute schon angekommen und ich würde versuchen die bereits auf dem Schiff zu verbauen. Als ich den Steg entlang ging, sah ich mich ein paar Mal um. Irgendwie kam ich mir beobachtet vor, doch ich konnte keinen sehen. Der Steg war leer. Die meisten hatte ihre Schiffe schon winterfest gemacht und fest verzurrt. Kopfschüttelnd kletterte ich auf Carlos 2 und machte mich an die Arbeit. Eigentlich widerstrebte es mir ein wenig dieses verdammte Schiff sicherer zu machen. Das wäre nur wieder ein Grund für Harry wieder einmal alle seine Zelte abzubrechen. Aber daran würde ich ihn so oder so nicht hindern können. Mit gerunzelter Stirn verdatete ich gerade die Kabel für die W-lan Box unter Decke als ich ein lautes Knarren hörte und mich verschreckt umsah. Mittlerweile war ich in einer der leeren Zimmer unter Deck, sprich ich hatte keine Ahnung wer oder was sich da oben auf dem Deck herumtrieb. 

Ich hörte das zähe Knarren der Treppenstufen und hörte Schritte näherkommen. Ich schluckte schwer und umklammerte mit heftig klopfendem Herzen den Schraubenzieher in meiner Hand, bevor ich die Tür aufriss, das Werkzeug erhoben, um damit zu zustechen, doch ich hielt gerade noch so inne. „Du hast mich zu Tode erschreckt Harry!", schnaufte ich und ließ meine Hand sinken. 

Unexpectedly 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt