Kapitel 27

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Harry Hook:

„Wir haben es wenigstens versucht!" fuhr Jay mich an nachdem mir Carlos irgendwie entwischt war. Ich sah mich um, aber die anderen versperrten mir die Sicht. Natürlich dachte keiner daran, ihn aufzuhalten. „Kann ja nicht jeder du sein...der ihn hat verroten lassen." Jay war noch nicht fertig mit seiner Anschuldigung. „Ihr wart aber nicht sehr erfolgreich." fuhr ich ihn zurück an. Das würde ich nicht einfach auf mir sitzen lassen. Sie waren da gewesen, sie schimpften sich seine besten Freunde, dann hatten sie auch gefälligst dafür zu sorgen, dass er gesund war! Aber langsam bekam ich immer mehr den Eindruck, dass er das nicht war. Konnte er auch gar nicht, wenn er nie zum Essen kam. Jay knurrte. „Du hast ja keine Ahnung." Er schubste mich. 

„Natürlich habe ich eine Ahnung, wie stur er ist!" Ich hielt gegen ihn, damit ich nicht noch mal an die Wand knallte. „Sag mir nicht, wie stur er ist! Du kennst Carlos nicht. Kein bisschen. Sonst hättest du ihn nicht einfach zurück gelassen." Er drückte sich weiter gegen mich. „Ich...Ihr hättet ihn zwingen müssen!" knurrte ich. Stimmt, ich hatte ihn zurück gelassen. Aber doch nicht einfach so. „Du hast ihn zerstört! Du hast meinen besten Freund verdammt. Wir können froh sein, dass er sich nicht vor einen Zug geworfen hat." Er gab es auf, mich an die Wand schlagen zu wollen und boxte mich gegen den Oberkörper. „Du hast sie wohl nicht mehr alle! Das hätte er nie getan!" Schrie ich in Verzweiflung darüber, dass das auch nur zur Sprache kam. Das hätte Carlos nie getan. Das durfte er nicht. Ich schubste ihn von mir und stürzte mich meinerseits auf ihn als er erneut zum Schlag ausholte. „Woher willst du das wissen? Du Wichser warst nicht hier." Er schlug zu. „Du verdienst nichts mehr von ihm." Er schlug erneut zu, aber diesmal hielt ich seine Hand fest. Ich knurrte. „Lass ihn in Ruhe!" Jay holte erneut aus und wir landeten auf dem Boden als ich mich ducken wollte. 

„Damit er sich doch noch zu Grunde richtet?" knurrte ich und griff diesmal Jay an. Er hatte es versaut. „Tolle Freunde seid ihr, wenn ihr das zu lasst." Er rollte uns herum und schlug mich auf den Boden. „Wir lassen das nicht zu!" Ich lachte verächtlich. „Sieht man, wie besorgt ihr seid. Wie ihr ihn schon einengt mit eurer Fürsorge." Ich funkelte ihn an und drehte uns wieder. „Was glaubst du, warum ich ihn hier gelassen habe? Weil ihr euch um ihn kümmert!" Ich knurrte wild. „Schöne Scheiße ist das!" Wir kugelten uns über den Boden während wir gegenseitig versuchten uns weh zu tun. Irgendwann landeten wir vor der Guten Fee in ihrem Büro. „Sie prügeln sich?" Sie sah uns an. „Ich dachte, das hätten wir hinter uns Mister Hook." Ihr Blick ging zu Jay. „Hat Ihnen die Verwarnung vorletzte Woche nicht gereicht, Jay? Und kommen Sie mir jetzt nicht wieder damit, dass es nicht anders ging und irgendeiner Ehre." „Es ging um" „." Ihr strenger Blick traf ihn. 

„Sie können im Essensraum und draußen die Tische abputzen nach den Mahlzeiten. Gehen Sie." Schickte sie ihn weg. „Sie beide prügeln sich nicht mehr! Dass wir uns verstanden haben." sagte sie noch streng als Jay in der Tür stand. Knurrend ging er. Mich selbst wurmte das auch, aber eigentlich ging es mir nicht darum, mich mit ihm zu schlagen. Ich wollte anderes. Mich behielt die Gute Fee noch da. Ihr Blick ging über ihren Schreibtisch, ihre Finger klopften nachdenklich darauf, ehe sie mich wieder ansah. „Ich habe Sie nicht wieder aufgenommen, damit alles wieder von vorne los geht. Ich freue mich, dass ich Sie wieder hier begrüßen durfte und ich stehe dazu, dass mir kein Abschlusschüler verloren geht, aber ich werde keine weiteren Augen zu drücken. Wenn Ihnen jemand komisch kommt, gehen Sie ihm aus dem Weg. Mir egal, wie Sie das anstellen." Sie sah mir fest in die Augen. So autoritär hatte ich die Gute Fee selten erlebt. Ich verschränkte meine Arme.

 „Klar." „Zu ihren Privilegien, leider werden Sie auch weiterhin nicht am Waffensport teilnehmen dürfen. Ich hoffe ihr Schwert haben Sie bereits eingeschlossen?" Ich nickte. „Gut. Wir haben eine Leichtathletikgruppe und eine Tanzgruppe, versuchen Sie es bei einer von denen. Sie werden bei einer teilnehmen, damit wir uns verstanden haben. Ich will, dass Sie sich möglichst oft auspowern und dann hoffentlich umgänglicher werden." Sie steckte ihren Füller in seine Kappe. „Verschwinden Sie hier. Sie werden ab morgen nachsitzen." Damit war das Gespräch beendet.

Es war schon fast grotesk, dass unser Tisch wirklich unser Tisch war. Oder zumindest meiner. Alleine saß ich an dem Tisch, den ich in unserer Anfangszeit hier verteidigt hatte und aß. Carlos war tatsächlich nicht beim Mittagessen aufgekreuzt. Aber das hatte ich ja vorausgesehen. Immer noch fand ich es erschreckend, dass sie es einfach zu ließen. Kein Wunder, dass er dünner war, wenn sie alle seelenruhig bei ihrem eigenen Mittagessen saßen und über irgendwas lachten. Ich räumte mein Tablett auf und ging. In meinem Zimmer putzte ich mir die getrocknete Blutkruste von der Nase bevor ich in eine meiner bequemen Hosen schlüpfte. Ich konnte die Schuluniform immer noch nicht ausstehen. Ich zog mir noch ein enges weißes T-shirt an und ging dann wieder aus meinem Zimmer. Der Nachmittagsunterricht fiel wegen den Korrekturen der Abschlussprüfungen aus.

„Hallo Dude." Der Hund fing an zu wedeln und knurrte bevor er aufstand. Na immerhin kam er noch zu mir. „Was kannst du mir zu Carlos sagen?" Er sah mich nachdenklich an. „Er hat sein Zeichenbuch verbrannt." sagte er schließlich und ließ seinen Kopf hängen. „Wieder?" Grimmig biss ich die Zähne zusammen. „Ich konnte ihn nicht aufhalten." sagte Dude und sah schuldbewusst zu mir auf. „Ist schon okay. Na komm." Ich warf seinen Ball. Sofort stellten sich seine Ohren auf und der Hund lief hinterher. „Verdammt." hörte ich ihn kurz bevor er den Ball aufnahm. Ich ging wieder nach drinnen und zog die Jacke über meinem T-shirt wieder aus. Die Luft war hier drinnen im Vergleich zu draußen nicht so frisch, eher ermüdend. Ich streckte mich und gähnte einmal.

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