Kapitel 45

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P e r c i v a l

Es war verdammt schwer ein Black zu sein. Ich glaubte mittlerweile, dass ich in meinem Leben noch nie so viel geschwitzt hatte und dabei machte ich nicht einmal die Hälfte von dem, was die anderen leisteten. Sicherlich, sie waren Wächter, ihr Training war viel anspruchsvoller, und trotzdem wollte ich mich wenigstens etwas beweisen und zeigen, dass ich nicht so schwach war wie ich aussah. Doch was sollte ich sagen: Es ging völlig daneben. Egal, ob sie drinnen an den Geräten trainierten oder draußen miteinander kämpften, es war schrecklich. Meine Lunge hatte noch nie so heftig gebrannt und meine Beine zitterten beinahe durchgehend. Ich konnte schon kaum mehr normal laufen, da mir hier gezeigt wurde, dass ich viel mehr Muskeln besaß, als ich jemals gedacht hätte. Und verdammt, ich war hier gerade einmal drei Tage. Doch außer dem Training blieb es eigentlich ziemlich entspannt. Ich lernte Gabriela kennen, eine kleinere Frau, Mitte vierzig, die mit ihren schwarzen, welligen Haaren eine wahre Schönheit war. Sie sah etwas molliger aus, doch irgendwie machte sie das nur reizender. Ihre liebenswürdige Art zog mich sofort in ihren Bann und ich half ihr die letzten Tage, so oft ich konnte. Manchmal machten wir zusammen Essen oder ich half ihr das Haus aufzuräumen. Eins konnte ich mittlerweile sagen: Wächter in der Ausbildung machten einen Haufen Dreck und so oft wie sie sich hier im Haus in die Wolle kriegten, fragte ich mich, wie es sein konnte, dass bisher noch nichts Größeres zu Schaden kam. Obwohl sich einige oft stritten, sah ich immer wieder, wie sehr sie sich trotzdem untereinander vertrauten. Ich fühlte mich von Tag zu Tag wohler hier und trotzdem konnte ich es manchmal nicht vermeiden, mich in den Schlaf zu weinen. Nachts suchte mich jedes Mal die Sehnsucht nach meinem Dad heim. Entweder ich träumte schreckliche Dinge oder ich sah ihn nachts neben meinem Bett stehen, da schwor ich drauf. Oft verkroch ich mich zitternd unter der Decke und wurde von dem unfassbar heftigen Bedürfnis heimgesucht, zu meinen Alpha zu rennen und mich bei ihm unter der Decke zu verstecken, weil ich dann vollends gewusst hätte, dass ich wirklich in Sicherheit war. Doch es kam mir so vor, als würde er mir strikt aus dem Weg gehen. Ich sah ihn nur wenige Male, entweder er verließ ganz früh das Haus und fuhr in die Stadt ins Rathaus, laut den anderen, oder er ging am Abend in sein Büro. Einzig beim Essen traf ich ihn an, doch selbst da saß ich nun sehr weit von ihm weg und das einzige, was ich tun konnte, war, ihn anzusehen. Es ärgerte mich, zugeben zu müssen, wie mich die Sehnsucht nach seiner Nähe, seiner Wärme, seinem speziellen, völlig einzigartigen Duft überfiel, und jeden Tag schlimmer wurde. Ich weiß einfach nicht mehr, was ich dagegen machen soll. Seufzend wende ich meinen Blick auf das Tablet vor mir, in dem ich schon jetzt ein wenig den Schulstoff aufhole, da mir dieser all die Jahre etwas anders vermittelt worden ist, damit ich, wenn die Schule startet, keine Probleme habe. So wie Ares gesagt hatte, bekam ich das Tablet gerade mal einen Tag später, es war ein etwas neueres Modell, wie das in der Schule und es war diesmal auch völlig neu verpackt. Ich hatte mich einige Stunden damit beschäftigt und es eingerichtet. Es war wirklich erstaunlich, wie modern sein Rudel tatsächlich war, denn für uns gab es die Möglichkeit, selbständig die Produkte bei den Menschen zu bestellen, während wir dafür nicht erst zum Alpha gehen mussten, um ihn um Erlaubnis zu fragen oder ihm überhaupt zu sagen, was wir bestellen wollten. Damit wurde die Privatsphäre gewährleistet, was ich wirklich toll fand. Einiges von dem Geld, was ich aus dem Safe hatte, gab ich Ezekiel, da ich Ares nicht antreffen konnte und schon wenige Stunden später hatte ich sie auf einem Online-Konto. Durch das Ganze war ich so begeistert, dass ich mir vielleicht etwas zu viel sinnloses Zeug bestellt hatte. Jedenfalls ist heute Freitag und so wie die anderen verlauten ließen, würde morgen die Lieferung ankommen und ich war deswegen so aufgeregt, wie schon lange nicht mehr. Die letzten Tage hatte ich mich ein bisschen auf dem Grundstück umgesehen, in die Stadt traute ich mich bis jetzt noch nicht, was ich mir aber für nächste Woche vornehmen würde. Während meiner Streifzüge fand ich hinter dem Haus eine kleine Scheune, doch mir wurde von den anderen verboten, sie zu betreten, da es anscheinend der private Bereich von Ares war. Leider wurde ich dadurch nur noch viel neugieriger als zuvor. Es kitzelte mir regelrecht in den Fingern, unbemerkt einzudringen, um vielleicht noch mehr über ihn erfahren zu können. Wer wusste schon, ob ich ihn vielleicht irgendwann dazu bekam, mir zu zeigen, was sich in ihr befand. All die Zeit war ich mir draußen sehr wohl der Anwesenheit eines Vierbeiners bewusst. Zwar versuchte er sich immer gut vor mir zu verstecken, doch er folgte mir schon die ganze Woche überall hin. Obwohl ich am Anfang Angst vor ihm hatte, tat er mir nichts, was die Frage aufwarf, warum er mir hinterherlief. Ihm musste sehr wohl bewusst sein, dass das hier nicht sein Revier war, was er verteidigen musste, das war Ares' Aufgabe und selbst wenn - ich war keine Bedrohung. Der Hund war mir wirklich ein Rätsel und erinnerte mich deswegen viel zu sehr an Ares. Auch Zalen Blake lief ich öfter über den Weg, als mir lieb gewesen wäre. Dieser Mann jagte mir eine Heidenangst ein, mit seinem strengen, unnahbaren Blick und dieser ganz persönlichen Aura. Ich glaube auch, dass er mich nicht sonderlich leiden kann, denn er erwidert nie meine Begrüßungen oder wechselt auch nur ein einziges Wort mit mir. Die anderen meinten, dass das für ihn ganz normal sei, doch ich bin mir da nicht so sicher. Ich will, dass mich Ares' Rudel mag, denn ich will, dass er Stolz auf mich ist und dieses Bedürfnis danach ist beinahe erdrückend. Wahrscheinlich muss das den anderen auch schon aufgefallen sein, so oft wie ich frage, wo er ist, wann er wiederkommt oder ähnliches. Bis jetzt hat das noch keiner hinterfragt, doch sehr unauffällig ist das auch nicht. Cora, seine Verlobte, sehe ich meistens auch nur beim Essen. So wie ich das verstanden habe, arbeitet sie auch im Rathaus. Mit ihr hatte ich bisher noch kein einziges Wort gewechselt, was aber nicht ihre Schuld war, denn sie probierte es öfters mal - nein, es lag eher daran, dass ich schon beinahe vor ihr flüchtete. Jedes Mal, wenn ich sie sah, bereitete es mir körperliche und seelische Schmerzen. Zwar weiß ich nicht, warum, doch es ist sehr präsent und mir kommen manchmal sogar beinahe Tränen auf. Das tut mir wirklich leid, sie scheint nett zu sein und die anderen mögen sie, doch ich bin nicht bereit, mich diesem Schmerz zu stellen, auch wenn ich weiß, dass ich wohl oder übel irgendwann muss. Sie ist die... Frau vom Alpha, sie ist meine Luna und ich kann mich bei Problemen noch eher bei ihr melden als bei Ares. Ich weiß auch, dass es vielleicht ganz gut wäre, mit jemanden über meine Albträume zu reden, doch die einzige Person, der ich mich anvertrauen will, geht mir aus dem Weg.
Müde sehe ich auf den Wecker und ich denke schon zum wiederholten Male in den letzten Tagen an Ell. Eigentlich wollte ich mich schon des Öfteren mal bei ihr melden, doch irgendwie fiel es mir schwerer als ich dachte. Ich wusste, wenn ich sie antreffen würde, würde ich ihr unweigerlich von dem Tod meines Vaters berichten müssen und den anderen mehr als verwirrenden Vorkommnisse in den letzten Tagen und ich hatte Angst, dass sie mich dann für einen Freak hielt.
„Ich sagte, lass mich verdammt noch mal in Ruhe!", brüllte die unvergleichbare Alpha-Stimme von Ares. Heftig zucke ich zusammen und sehe noch einmal auf die Uhrzeit, es ist mitten in der Nacht. Ich hatte bisher kein Auge zugemacht, weil die Angst zu groß war, dass mich schlechte Träume heimsuchen könnten, doch nun bin ich absolut nicht mehr dazu in der Lage zu schlafen. Leise schwinge ich meine Füße aus dem Bett und schleiche zu meiner Zimmertür. Ich habe nur eine lange Pyjamahose an und ein grünes T-Shirt, doch im Haus ist es immer warm und ich habe das Gefühl, seit ich hier wohne, ist es noch wärmer. Vorsichtig drücke ich mein Gesicht an die Tür und versuche zu lauschen. Doch ich kann kaum etwas verstehen, nur, wie eine Tür zugeknallt wird. Zögerlich greife ich nach der Türklinke und öffne die meine, um in den Flur zu sehen. Nur wenige Lichter sind angeschaltet. Erschrocken sehe ich auf die Blutstropfen auf dem Boden. Schnell ruckt mein Blick zur Seite, wo ich Ezekiel und Cora erkenne, die sich leise unterhalten. „Ist etwas passiert?", frage ich die beiden. Sofort halten sie inne und sehen zu mir. Beide stehen am Ende des Ganges, vor einer Tür, und wie ich über die Woche erfahren habe, ist dort das Zimmer vom Alpha und der Luna. „Geh wieder schlafen", brummt Eze und deutet in das Zimmer. Ich schlucke hart und wehre mich gegen den Drang, dem Beta zu gehorchen. "Ist etwas mit dem Alpha?", will ich wissen. Denn keiner der beiden scheint irgendwelche Verletzungen zu haben und das Blut auf dem Boden muss daher wohl von Ares stammen. Sorge frisst sich in mein Herz und es klopf schnell gegen meinen Brustkorb. „Geh in dein-...", will Ezekiel noch einmal energischer befehlen, doch Cora legt ihm eine Hand auf die Schulter, was ihn innehalten lässt. "Es ist alles gut, er hat sich nur etwas verletzt und lässt uns nicht helfen", klärt mich Cora ehrlich auf. „Was ist passiert?" Hektisch sehe ich zwischen den beiden hin und her. „Ein wilder Bär hat ihn ziemlich heftig und überraschend erwischt. Er konnte es nicht vorhersehen", seufzt Eze und starrt auf die Blutstropfen. „Das Vieh streicht schon seit ein paar Monaten durch unsere Wälder und ist durch den Schmerz so aggressiv und irrational, dass es sich manchmal an unseren Rationen vergreift. Sowas passiert, es konnte abhauen, hat ihn aber noch einmal heftig am Rücken erwischt", erzählen mir die beiden und das Bedürfnis, zu ihm zu eilen, ist überwältigend. „Müsste er nicht heilen?", frage ich besorgt. „Seine Heilung ist am Rücken... langsamer", murmelt Eze. Ob das wohl an den Narben liegt? „Wie auch immer, er ist zu stur, um uns jetzt zu ihm zu lassen. Ich werde mal einen Eimer holen, um die Flecke wegzuwischen...", nuschelt Cora vor sich hin und schenkt mir ein sanftes Lächeln, als sie an mir vorbei zur Treppe läuft. Auch der Beta geht von der Tür weg, nicht aber ohne noch einmal innezuhalten und kopfschüttelnd zur Tür zu sehen. Als er bei mir ist, tätschelt er sanft meine Schulter. „Geh schlafen, morgen wird es ihm schon besser gehen", versucht er mich zu beschwichtigen. Ihm muss klar sein, dass man, wenn man sowas hört, besorgt um seinen Alpha ist, besonders wenn man einen niedrigeren Rang hat. Doch ich mache mir weniger Sorgen um meinen Alpha, als um Ares an sich. Hat er schlimme Schmerzen? Kann er denn am Rücken überhaupt selbst seine Wunde reinigen? Ich nicke schwach zur Bestätigung und er verschwindet selbst in seinem Zimmer. Noch einige lange Sekunden sehe ich auf die Tür am Ende des Ganges. Beinahe fremdgesteuert, schließe ich meine Zimmertür und schleiche mit meinen nackten Füßen den Flur entlang, darauf bedacht, das Blut nicht zu berühren. Zitternd greife ich nach dem Türgriff und will gerade die Tür öffnen, als mich eine Stimme aufhält. „Percy?" Cora steht am anderen Ende, mit einem Wassereimer in der Hand. Kurz sehe ich noch einmal zu ihr, doch etwas so Starkes, Unaufhaltsames in mir, zieht mich in dieses Zimmer. Ihr Gesichtsausdruck ist verwirrt und dann öffne ich die Tür und finde mich plötzlich in einem dunklen Raum wieder.

Beta: hirntote


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Weil das so ein Cliffhanger ist, bin ich so lieb und lade euch gleich noch das nächste hoch. (:

Black DepthsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt