Kapitel 50

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P e r c i v a l

Sein Bart kratzt meine empfindliche Haut, kribbelt an meinem Gesicht und fühlt sich so unfassbar perfekt an. Ich sauge in Massen seinen Duft in meine Lungen, kann kaum die ganzen Gefühle verarbeiten. All diese Empfindungen sind so neu, unbekannt und unentdeckt. Noch nie wurde ich so geküsst, noch nie hatte ich dieses Verlangen in meiner Magengrube. Ein wildes Flattern in meinem Bauch mischt sich zu diesem Gefühl. Alles ist so intensiv, ein Keuchen entflieht mir und ich schnappe nach Luft, als er für nicht einmal eine Sekunde von mir lässt. Ich habe mich immer gefragt, ob mir sowas, wie gerade, überhaupt irgendwann einmal passieren würde und wie es sich anfühlen würde. Sowas konnte ich zuvor nur in Filmen sehen oder einer romantischen Novelle, die von unserer Bibliothekarin verschlugen wurde und die ich aus purer Neugier durchlas. Doch das... ich hatte ja absolut keine Ahnung. Und auch wenn das alles so unbekannt ist, seine Lippen auf meinen, die mich in ein anderes Universum treiben, seine Hände, die mich halten und fest an sich pressen, gefällt es mir. Gott, ich will, dass es nie mehr aufhört. Hitze steigt in Wellen in mir auf und lässt mich glauben, gerade mitten in einem Fiebertraum zu sein. In den Büchern haben sich die Personen geküsst, um zu zeigen, wie sehr sie die andere Person mögen. Deswegen tue ich es auch bei Ares, weil es gelogen wäre, wenn ich sagen würde, dass ich ihn nicht mehr mag, als es üblich ist. So wie sich seine Lippen auf meinen bewegen, ist es viel intensiver als es in den Büchern je beschrieben wurde. Einerseits macht mir das unbekannte Angst, doch seine Nähe, seine Hände, die mich berühren, überfluten mich mit reiner Geborgenheit. Ich fühle mich sicher und ich wusste, dass mir das nie wieder eine andere Person auf diese einnehmende Art geben konnte als er. Seufzend verfolge ich das wundervolle Gefühl, wie seine Haare durch meine Finger gleiten. Beben erschüttern meinen Körper, drängen mich noch näher an ihn, um Halt zu finden, in seinen Armen. Ich spüre sein Herz rasen, kraftvoll und schnell, genau gegen das meine, das seins mit der Schnelligkeit in nichts nachsteht.
Ein krachendes Geräusch erklingt und plötzlich werde ich wieder auf meine Beine gestellt. Ich tue mich sichtlich schwer damit, mein Gleichgewicht zu finden und muss mich haltend an der Wand abstützen. Mein Kopf ist völlig benebelt und ich weiß nicht mehr, wo oben und unten ist. Hektisch sauge ich die Luft in meine Lungen und fasse mir gegen mein rasendes Herz. Nicht weit entfernt erklingen Geräusche, die sehr stark nach einem Würgen klingen. Als sich mein Blick etwas klärt, sehe ich einen jungen Kerl, der sich über die Brüstung lehnt und so, wie es schient, seinen kompletten Mageninhalt entlässt. Langsam wende ich den Blick zur Seite und sehe den Mann, der mir zuvor noch den Verstand geraubt hat. Seine Schultern heben und senken sich schnell und seine Muskeln treten sehr deutlich hervor. Ich höre ein Knacken und Knirschen, was sehr nach brechendem Holz klingt. Noch immer stütze ich mich an der Wand ab und sehe wieder zu dem jungen Mann, der sich die Hand vor dem Mund hält. „Entschuldigt...", lallt er und schwankt zurück zur Balkontür und verschwindet. Als ich einigermaßen sicher bin, dass ich mein Gleichgewicht wiedererlangt habe, gehe ich vorsichtig auf Ares zu. Er lehnt sich ans Geländer und lässt den Kopf hängen, doch gerade, als ich ihn vorsichtig am Rücken berühren will, dreht er sich ruckartig zu mir um. Seine Hand packt meinen ausgestreckten Arm und hält ihn damit auf. Mit einem angespannten Ausdruck sieht er auf mich hinab. „Nicht!", zischt er. Hart schlucke ich, als ich in seine Augen blicke, die nun völlig wie Eis erscheinen. „Aber...", hauche ich verständnislos. Schnaufend löst er sich von mir und will sich an mir vorbeidrücken. Mein Blick fällt auf das Geländer, dessen obere Hälfte völlig durchbrochen ist. Schnell wende ich mich zu ihm und halte ihn auf, in dem ich seine Hand umgreife. „Ares, ich...", will ich mich entschuldigen, da das alles meine Schuld ist, dessen bin ich mir bewusst. Er schnellt zu mir herum. „Du bist ein kleiner Junge und ich ein erwachsener Mann, der Alpha dieses Rudels", gestresst fährt er sich übers Gesicht. „Vergiss das ganze einfach!", er deutet um sich, ehe er sich umdreht und geht. „V-Vergessen?"

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