P e r c i v a l
Wenn ich eins gelernt habe, dann dass die Blacks wirklich wissen, wie man Partys schmeißt. Verdammt, sie wissen es wirklich gut. So eine Stimmung, wie sie hier gerade herrscht, habe ich noch nie erlebt. Alle sind so energiegeladen, glücklich und unbesorgt. Dieses Gefühl ist wie ein Pulsieren durch unsere Rudelbindung. Es macht beinahe süchtig, denn dieses Kribbeln in einem ist berauschend. Am liebsten wünsche ich mir, der Abend würde nie enden. All meine Sorgen, Ängste und Zweifel sind nur für diese wenigen Stunden völlig aus meinem Kopf verbannt. Ich nehme sie nicht mehr wahr, kann mich auch gar nicht mehr an das Gefühl erinnern. Vielleicht ist das auch dem Alkohol zu verschulden, denn es scheint so, als hätten die Zwillinge einen Plan ausgeheckt, mich betrunken zu machen. Zwar bin ich immer noch relativ klar bei Verstand, doch diese Schwerelosigkeit zieht sich durch meine Glieder und die Musik um uns alle treibt mich in fremde Dimensionen, weit weg von der Realität. Nie habe ich mich getraut, wild, ausgelassen und befreit zu tanzen, nicht so wie jetzt. Zwischen all den kunterbunten Leuten - einer mit einem verrückteren Kostüm, als der andere - tanze ich, springe ich in die Luft und lasse die Musik über mich herrschen.
Es ist nicht einen Moment komisch gewesen, als wir zu den anderen gestoßen sind. Sie sahen mich nicht merkwürdig an oder gaben mir auch nur ansatzweise das Gefühl, keiner von ihnen zu sein. Nein, ehrlich gesagt hatten sie mein neues Gesicht in ihrem Rudel nicht einmal hinterfragt, jedenfalls nicht direkt vor mir. Seitdem genieße ich den Abend mit Ell und etwas später tauchten auch ihre Freunde auf. Sie waren kurzzeitig überrascht mich hier zu sehen, doch ich erklärte ihnen, warum ich jetzt einer von ihnen war und dann hatte ich irgendwie das Gefühl, dass sie über ein stilles Übereinkommen beschlossen, mich in ihre Gruppe aufzunehmen. Sicher, Billy trug wenig dazu bei und außer einem etwas schmerzhaften Schulterklopfen kam nichts von dem jungen Mann, der sich als Zombie verkleidet hatte. Später war er auch mit seiner Freundin Trinity verschwunden, die als außerordentlich schöne Dunkelelfe einige Blicke auf sich zog. Ihre rosafarbenen Haare wurden mit einer schwarzen Perücke bedeckt und an den Seiten stachen ihre spitzen Ohren stark heraus. Cass befragte mich im Gegensatz zu den anderen noch um einiges mehr und vor allem, wie es war, mit den anderen unter diesem Dach zu leben und dabei fiel der Name Remi sehr oft. Niemals hätte ich gedacht, dass sich ein Mädchen wie Cass für einen so ruhigen Typen wie Remi interessieren könnte. Sicherlich, der Blondhaarige sieht mit seiner großen, schlanken Statur sehr attraktiv aus und seine Locken umrahmen sein Gesicht perfekt, wobei seine dunkelbraunen Augen sehr gut zur Geltung kommen, doch Cass sollte Interesse an ihm haben? Das rothaarige Mädchen konnte man perfekt mit nur zwei kleinen Worten beschreiben: verdammt heiß. Und sie wusste, wie gut sie aussah, das tat sie wirklich. Ihren wohlgeformten Körper, mit einer verdammt dünnen Taille, hatte sie in ein wirklich sehr enges und kurzes Outfit gesteckt. Anscheinend soll sie eine Spionin darstellen, doch weil so wenig von ihrem Körper bedeckt ist, frage ich mich, ob es überhaupt so einfach ist, Bösewichte zu jagen. Aber wahrscheinlich würden sie sich bei ihrem Aussehen freiwillig ergeben. Alleine wie viele auf dieser Party ihre Augen auf sie legen, ist Aussage genug. Und doch sieht das hübsche Mädchen immer wieder zu dem stillen Jungen am anderen Ende des Raums, wie er auf einem Sessel sitzt und ein Buch liest. Ich frage mich ehrlich, wie er bei dem Lärm um sich herum überhaupt ein Buch lesen kann. Sein Kostüm erinnert mich stark an eine wichtige Person in unserer Geschichte, irgendwann aus dem 19. Jahrhundert. Es ist nicht unbedingt gruselig, doch es passt zu ihm und es würde sicherlich urkomisch aussehen, wenn sich Cass endlich mal trauen würde zu ihm rüberzugehen, anstatt mich die ganze Zeit auszuquetschen, was er so macht, worüber er so redet oder wo seine Interessen liegen. Leider kann ich ihr auf keine der Fragen eine Antwort geben, denn ich habe mit Remi kaum mehr als ein paar Worte gewechselt und er kommt mir auch nicht unbedingt wie der gesprächigste Typ vor.
Mittlerweile tanzen Ell und Cass wild und ich bin irgendwie mittendrin. Es macht Spaß und ich fühle mich gut, auch wenn mein leicht benebeltes Gehirn immer wieder den Blick von Cass bemerkt, der alleine Remi gilt. Oh Mann, da hat es sie ja anscheinend echt erwischt. „Jetzt geh zu ihm, und frag ihn nach dem Buch, was er liest", seufze ich und deute auf den Jungen am anderen Ende. Stockend hält sie mitten beim Tanzen inne. „Meinst du?" „Ja, verdammt!", murrt Ell und scheint schon leicht genervt. „Aber-...", will sie einwerfen. „Was ist denn mit dir los, sonst bist du doch auch immer das Selbstbewusstsein in Person. Zeig ihm, wie heiß du bist und was er verpassen würde, und zwar jetzt, weil du langsam echt nervst." Kurz liefern sich Ell und Cass ein vernichtendes Blickduell und ich befürchte für einen Moment, dass sie sich gleich an die Gurgel gehen, doch dann verdreht Cass die Augen und bewegt ihre langen Beine in Remis Richtung. Ell und ich gehen etwas von der Tanzfläche weg, während wir Cass beobachten. Als sie beinahe bei ihm ist, dreht sie sich noch einmal kurz unsicher zu uns und beinahe, als hätte ich es mit Ell abgesprochen, heben wir zeitgleich aufmunternd die Daumen. Beide strahlen wir sie an, was sie nur kurz mit dem Kopf schütteln lässt, ehe sie seine Schulter antippt. Die beiden scheinen sich zu unterhalten und ich sehe wahrscheinlich zum ersten Mal, seit ich hier bin, Remi lächeln. „Sie hat ihn...", grinst Ell und wendet sich auch schon ab. „Meinst du?", schnell folge ich ihr. „Cass ist schon seit der Schulzeit in Remi verknallt, doch hat sich nie getraut, ihn anzusprechen. Absolut bescheuert, wenn du mich fragst, da es verdammt offensichtlich ist, dass er auch auf sie steht." Zusammen gehen wir in die Küche, als sie einiges an Obst aus dem Kühlschrank holt, was heute anscheinend geliefert wurde. „Tut er das?", überrascht sehe ich sie an und beobachte sie dabei, wie sie eine Erdbeere nach der anderen wäscht. „Ja, er ist eine Klasse über ihrer gewesen und diese verstohlenen Blicke zwischen den beiden...", Ell verdreht die Augen und macht ein Kotzgeräusch, während sie symbolisch angeekelt ihren Finger auf ihren Mund richtet. Ein Kichern entflieht mir, da es echt amüsant ist, wie wenig Ell für diese Art Romantik zu haben ist. „Die sollen endlich bumsen, damit Cass aufhört zu grübeln, ob er denn auch weiß, wer sie überhaupt ist", grummelt sie und bringt mich damit zum Lachen. Kurz schenkt sie mir einen dieser Blicke, den ich immer bekomme, wenn ich vor anderen lache, doch anders als dass er erschrocken ist, wirkt er eher für einen klitzekleinen Moment beneidend. Eine Zeit beobachte ich sie, wie sie das Obst schnippelt und sorgfältig auf einen Teller drapiert. Als ich jedoch nach einer Erdbeere greifen will, schlägt sie meine Hand weg. „Ah! Das ist mein Teller, mach dir dein eigenes Obst", sie grinst und verschwindet mit dem Teller aus der Küche. Schmollend sehe ich ihr hinterher, mache mich aber daran, wenige Erdbeeren zu waschen und einige während des Schneidens bereits zu verspeisen. Sie schmecken wirklich unfassbar gut und sind saftig, sowohl perfekt gereift. Anscheinend muss Ares sie aus Spanien bestellt haben, so wie es die Verpackung verrät. Bei uns gab es nur regionale Sachen und Obst um diese Jahreszeit war völlig undenkbar. Conner betritt den Raum und scheint selbst etwas in dem Kühlschrank zu suchen. „Na Percy, hast du Spaß?", lächelnd sieht er zu mir, als er die Wasserflasche gefunden hat und klaut mir eine Erdbeere. Schmunzelnd schüttle ich den Kopf, Ell hätte das nicht zugelassen. „Ja und du?", ich sehe zu ihm auf und stelle fest, dass sein Kostüm echt cool ist. Es scheint eine Armeeuniform zu sein, doch sie ist über und über voll mit Blut und an seiner Kehle prangt eine riesige Fleischwunde, die wohl seine durchgetrennte Kehle darstellen soll. „Es ist meine Aufgabe, aufzupassen, dass niemand etwas kaputt macht und alle sich an die Regeln des Alphas halten, also hält sich der Spaß in Grenzen", er zuckt mit den Schultern und trinkt von seiner Flasche. Verwirrt sehe ich ihn an. „Regeln?" „Na ja, eher Bedingungen, um diese Party überhaupt machen zu dürfen. Einige wurden vielleicht schon etwas ausgereizt." Irgendwas an seinem Blick sagt mir, dass er tatsächlich Sorge hat, dass Ares was davon mitbekommt und ich schätze, er spielt den Alkohol an, der auch an einige Teenager geraten ist. Ich nicke verstehend und wende mich wieder zu meinem Obst. „Mit Sahne schmeckt es bestimmt noch besser", grinst Conner und deutet auf die kleine Schüssel vor mir. „Sahne? Wo finde ich die?", frage ich ehrlich interessiert, da ich nicht gedacht hätte, dass wir welche hier haben. „In der Abstellkammer, schätze ich, wo sowas immer aufbewahrt wird", er zwinkert mir noch zu, ehe er seine Wasserflasche wieder in den Kühlschrank stellt und die Küche verlässt. Überlegend sehe ich auf mein Obst und in mir kommt plötzlich wirklich der Drang auf, Sahne zu essen. Ob das am Alkohol liegt? Kurz muss ich überlegen, wo die Abstellkammer ist, kann mich aber wieder erinnern, da ich mal Gabriela geholfen habe, als sie dort etwas gesucht hat. Glücklich laufe ich durch die Küche, zum hinteren Flur, ehe ich an der kleinen Kammer ankomme und die schmale Holztür öffne. Ruckartig halte ich in meinen Schritten inne und sehe wie eingefroren auf die beiden vor mir. Mitten in der Abstellkammer steht Tate, der sich Halt suchend am Regal anlehnt, die Augen geschlossen hat und sich fest auf die Lippen beißt. Mein Herz rast, als ich Hunter vor ihm knien sehe, wie er sein Glied im Mund hat. Dieser Moment zwischen den beiden ist unglaublich intim und ich platze einfach so herein. Die Röte schießt mir sofort in die Wangen und als Erstes sind es Tates Augen, die meine finden. Schnell zieht er Hunter an seinen Haaren zurück. „Habe ich etwas falsch gemacht?", brummt er tief und seine Kehle klingt gereizt. Als er Tates Blick in meine Richtung bemerkt, dreht er auch seinen Kopf zu mir und das ist der Punkt, als ich mich aus meiner Schockstarre löse. „E-Es tu-tut mir leid", bringe ich irgendwie über die Lippen, als ich auch schon weg sprinte. Ich renne durch die Küche, rein ins Getümmel und vorbei an den tanzenden Leuten, bis zur Treppe, die ich so schnell wie möglich erklimme. Mir sticht die geöffnete, große Balkontür ins Auge, direkt gegenüber vor dem langen Geländer, das den Blick runter zu den tanzenden Menschen ermöglicht. Frische Luft klingt plötzlich so unfassbar verlockend, dass ich gar nicht lange überlege und durch die Tür stolpere und die kalte Luft wie eine Wand gegen meine erhitzte Haut prallt. Sofort bildet sich eine Nebelschwade vor meinen Lippen. Hektisch sauge ich die eisige Kälte in meine Lungen und genieße die Erfrischung. Der Himmel ist unfassbar schön und man kann sogar einige Polarlichter erkennen. Grün-lila Farben ziehen sich über den Himmel und wirken auf eine wunderschöne Art mystisch. Die abertausend Sterne am Himmel lassen mein schnelles Herzklopfen zur Ruhe kommen. Da es mittlerweile so frisch ist, schätze ich, dass es sich wohl nur noch um Tage handeln kann, ehe der erste Schnee seinen Platz auf der Wiese findet. Seufzend schließe ich für einen kurzen Moment meine Augen und versuche die Bilder, die ich eben sehen musste, völlig aus meinem Kopf zu drängen. „Was tust du hier draußen?" Erschrocken zucke ich zusammen und werde mit der Tatsache konfrontiert, dass ich absolut nicht alleine auf diesem Balkon bin.Beta: hirntote
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Black Depths
Romance~ Black Depths ~ Ich hatte mir immer vorgestellt, dass mein Leben friedlich und nach meinen Wünschen ablaufen wird. Schon von klein an, wurde ich nicht so akzeptiert, wie ich im Herzen bin. Es war okay, ich lernte damit zu leben, da ich dachte, irge...