P e r c i v a l
Ich habe noch sehr lange mit meinem Dad geredet. Wir haben uns über alles Mögliche unterhalten, doch das Thema Ares hat er vermieden, sowie er absolut nichts von der Zeit seiner Gefangenschaft erzählt hat. Um ehrlich zu sein, kann ich ihm das aber auch absolut nicht vorhalten. Diese Zeit muss traumatisch gewesen sein und ich werde ihm so viel Zeit geben, wie er braucht, selbst wenn es Monate dauern würde. Das einzige, was ich spüre, wenn ich ihn sehe, ist reines Glück ihn hier bei mir zu haben, gesund und munter. Alleine wenn ich an das Gefühl denke, als ich dachte ihn für immer verloren zu haben, bildet sich eine unangenehme Gänsehaut. Ich erschaudere und will dieses Gefühl einfach für immer vergessen.
Er erzählt mir gerade wieder einmal eine peinliche Geschichte aus meiner Kindheit und ich muss kopfschüttelnd lächeln, als wir gerade die Treppe heruntergehen. Im selben Moment kommt Ares um die Ecke, so wie es scheint aus seinem Büro und sieht zu uns. Mein Vater hält mitten im Satz inne und blickt zu ihm. Er sieht noch einmal kurz zu mir, dann zu Ares, ehe er auf ihn zugeht. „Ich müsste mal mit Ihnen unter vier Augen sprechen." Sofort ruckt der Blick des Alphas auf mich. Anscheinend kann er alles in meinem Gesicht lesen, was er zu wissen braucht. Verstehend nickt er und deutet auf sein Büro. Mein Herz rast und ich bin zutiefst besorgt. Ares' Ausdruck ist undurchdringlich, kühl, abweisend, doch als er noch einmal zu mir sieht, weiß ich, dass er alles im Griff hat. Die beiden verschwinden hinter der dicken Holztür und ich bleibe draußen zurück. Unwohl trete ich von einem Bein auf das andere, lehne mich an die Wand und lasse für keine Sekunde die Tür aus den Augen. Was sie wohl bereden? Als ich meinem Dad alles erzählt habe, erschien er zwar ruhig, aber was, wenn es in ihm ganz anderes aussah? Was, wenn er etwas Schreckliches zu Ares sagt? Ihm verbietet mit mir zusammen zu sein? Wie würde Ares reagieren? Was, wenn er sauer wird und meinen Vater verbannt? Was... Was würde ich dann tun? Würde ich mit ihm gehen? Alleine der Gedanke, dieses Rudel zu verlassen, beschert mir solche Schmerzen in der Brust, dass ich keuche. Doch es ist nichts im Vergleich zu dem Gefühl, wenn ich darüber nachdenke... Ares zu verlassen. Ich reibe beruhigend meine Brust. Mein Herz rast, mein Blut rauscht und ich will einfach, dass sich endlich die Tür öffnet. Als hätte man mich erhört, tut sie das. Mein Vater tritt heraus. Sein Gesicht sagt mir nicht ansatzweise, wie das Gespräch gelaufen sein könnte. Als er bei mir ist, drückt er meine Schulter. Sein Mundwinkel zuckt, sein Blick ist eindringlich und mein Herz rast noch schneller. Danach wendet er sich ab und ich sehe durch die offene Tür zu Ares. Er lehnt am Schreibtisch. Die Beine überschlagen und seine Hände umklammern die Tischkante. Vorsichtig gehe ich auf ihn zu, schließe die Tür und sehe ihn an. „Was...", hart muss ich schlucken. „Was hat er gesagt?" Ares' wunderschöne blau-graue Augen treffen auf meine braunen. Er schnauft. „Das Übliche. Wenn ich dich verletze, wird er mich töten, egal ob ich ein Alpha bin oder nicht." Leicht lächle ich und gehe die restlichen Meter auf ihn zu. Sanft berühre ich ihn am Bauch. „Noch was?" Ares senkt für einen Moment den Blick. „Er hat mir ehrlich gesagt, dass er darüber nicht sonderlich erfreut ist. Er findet mich zu alt und dich noch viel zu jung. Dass wir uns bereits markiert haben, hat ihn ebenfalls nicht sonderlich behagt. Er meinte, dass es ihm egal sei, ob du mich liebst oder nicht, sollte ich mich dir gegenüber in irgendeiner Weise falsch verhalten, mich an dir vergreifen, gegen deinen Willen, wird er mich eigenhändig foltern. Dabei ist er... ziemlich ins Detail gegangen." Besorgt ziehe ich die Augenbrauen zusammen. Es liegt etwas in seinem Blick, wodurch ich mit ziemlicher Sicherheit sagen kann, dass er noch mehr zu ihm gesagt hat, und alleine dass er nicht weiterredet, zeigt mir, dass es mir nicht gefallen würde. Sein Blick ähnelt dem, den er damals in der Scheune hatte, nach dem Gespräch mit Cora. Ohne weiteres schlinge ich meine Arme um ihn. „Von allen, die auf mich geprägt hätten sein können, bin ich froh, dass du es bist", sage ich ihm mit tiefster Ehrlichkeit. Seine Hände ziehen mich an meinen Schultern etwas zurück und dieser unleserliche Ausdruck beherrscht wieder sein Gesicht. „Wir sollten jetzt mit dem Training anfangen, damit wir noch vor dem Abendessen fertig sind." Ich sehe ihn an und weiß instinktiv, dass ihn das, was mein Vater gesagt hat, verletzt hat. Doch dass er mich jetzt gleich wieder auf Abstand hält, gefällt mir nicht. Er geht um den Schreibtisch und öffnet eine Schublade. Seine Hand zieht ein dunkelblaues Säckchen hervor und er reicht es mir. „Das sind die Kräuter. Nimm sie einmal am Tag, am besten bereitest du sie wie normalen Tee zu." Ich nehme sie an mich und rieche daran. Der Geruch von vielen verschiedenen Kräutern strömt mir entgegen, ebenso wie Akonit. „Darin befindet sich Eisenhut", meine ich besorgt. „Ja, damit die Kräuter ihre volle Wirkung entfalten können. Sei unbesorgt, in dieser Menge sind sie ungefährlich." Nervös beiße ich mir auf die Lippe und fühle mich unwohl bei dem Gedanken sie zu mir zu nehmen. „Hey...", Ares kommt wieder um den Schreibtisch und nimmt mein Gesicht in seine Hände. „Mach dir keine Sorgen. Ich bin viel besorgter, was deine Kräfte unbehandelt für Auswirkungen auf dich haben, als diese Kräuter. Ich werde aber auch nicht von dir verlangen, irgendwas gegen deinen Willen einzunehmen." „Vertraust du der Hexe?", frage ich ihn. „Ich vertraue Zachary." Überrascht ziehe ich die Augenbrauen hoch. „Er hat dir die Kräuter gegeben?" „Ja, nachdem er mir schwören musste, dass diese Kräuter die richtigen sind." Lächelnd neige ich meinen Kopf etwas zur Seite und küsse seine Handfläche. „Danke", hauche ich. Er gibt mir einen Kuss auf die Stirn, ehe er sich von mir löst. „Lass uns jetzt etwas an deiner inneren Mitte arbeiten." Unmotiviert seufze ich auf und verdrehe die Augen, folge ihm aber schließlich.
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Black Depths
Romance~ Black Depths ~ Ich hatte mir immer vorgestellt, dass mein Leben friedlich und nach meinen Wünschen ablaufen wird. Schon von klein an, wurde ich nicht so akzeptiert, wie ich im Herzen bin. Es war okay, ich lernte damit zu leben, da ich dachte, irge...