Kapitel 76

6.1K 516 41
                                    

A r e s

Zum Frühstück versammeln sich alle am Tisch und gerade als ich den anderen folgen will, werde ich am Arm zurückgehalten. Eze hält mich vor dem Esszimmer auf. „Wieso hast du heute so lange geschlafen?", fragt er und zieht eine Augenbraue hoch. „Darum", brumme ich, da es nun einmal Dinge gibt, die ich nicht erklären muss. Unzufrieden verzieht er das Gesicht. Er sieht mich eindringlich an, startet ein Blickduell, das er niemals in der Lage ist, zu gewinnen. Seufzend bricht er den Blickkontakt ab. Er deutet mit seinem Kopf etwas weiter vom Esszimmer weg, damit uns auch wirklich niemand hören kann. Ich verschränke die Arme und schenke meinem Beta mein Ohr, behalte meine Augen aber beim Esstisch. Die Genugtuung, immer wieder zu sehen, dass sich Percy zwischen den anderen wohlfühlt, sich in Gespräche mit einbringt und als ein vollständiges Mitglied des Rudels wahrgenommen wird, befriedigt mich. „Weißt du...", raunt Eze und steht ebenso mit verschränkten Armen neben mir und sieht zum Esszimmer. „Ich habe das Zimmer neben deinem und obwohl es schalldicht ist, habe ich gestern ein echt extrem lautes Krachen vernommen. Unter anderem..." Angespannt presse ich meine Kiefer aufeinander, lasse mir jedoch nichts anmerken. „Ares, ich bin nicht dumm. Und es ist offensichtlich, dass hier etwas vor sich geht, was du mir nicht sagen willst. Anfangs habe ich das hingenommen, da ich dachte, wenn es ernst wäre, würdest du zu mir kommen, doch als mich Percys Vater heute Morgen gefragt hat, wo sein Sohn ist, wurde ich doch etwas stutzig. Du weißt, ich würde dir nichts unterstellen, aber-..." „Dann tu's nicht", unterbreche ich ihn und lege nun meinen lodernden Blick auf ihn. Unweigerlich macht er einen Schritt zurück. „Ich will es doch nur verstehen", raunt er und hebt beschwichtigend die Hände. „Was willst du verstehen?" Er zieht die Augenbrauen zusammen, als würde er sich fragen, ob ich wirklich so begriffsstutzig bin. „Warum ein Omega aus einem anderen Rudel bei uns Zuflucht sucht. Weshalb er nur einen Tag später plötzlich ein Mitglied unseres Rudels ist. Wieso du so... anders bist", beim letzten Satz deutet er auf mich. „Was das war, als ich da bei euch zweimal hereingeplatzt bin. Und wieso du alles stehen und liegen lässt, nur um eine einzige Person zu retten und tagelang verschwunden bist. Verstehe mich nicht falsch, mir bedeutet Percy genauso viel wie allen anderen. Er hat so eine Art an sich, die einen sofort in den Bann zieht, doch ich kann mir nicht vorstellen, dass du eine einzige Person, ganz plötzlich, über alles stellst." Meine Muskeln spannen sich an und ich habe das starke Bedürfnis, meinen Beta den Mund zu verbieten, doch ich beherrsche mich. „Ich weiß, du und Cora seid nicht zusammen, doch hast du es so nötig, dass du dich-..." Ich lasse ihn gar nicht ausreden. Ohne weiteres packe ich ihn am Hals und presse ihn gegen die nächstgelegene Wand. Der Schlag dabei weckt die Aufmerksamkeit der anderen im Raum. „Du verstehst das nicht!", knurre ich. „Dann... erklär es mir...", röchelt er und versucht vergebens meine Hand von seinem Hals zu lösen. Ich schnaufe, tief und unwillig, entschließe mich aber dazu, ihn loszulassen, nur um ihn im Nacken zu packen. Kraftvoll drücke ich ihn nach unten und gehe mit ihm durchs Wohnzimmer nach draußen in den Garten. Etwas ungeschickt stolpert er neben mir her. Kraftvoll stoße ich ihn von mir und verschränke die Arme. Er streicht sich den Hals und sieht etwas angepisst zu mir. „Das hätte echt nicht sein müssen", murrt er und lässt sein Genick knacken. Ich erwidere nichts darauf und warte einfach. „Erklärst du es mir jetzt?!" Mit wenigen Schritten ist er wieder bei mir und sieht mich an. „Wir sind aufeinander geprägt." Viele verschiedene Ausdrücke huschen über sein Gesicht. Verwirrung, Unglaube, Belustigung, Schock und schließlich Entsetzen. „Was?!" Ernst sehe ich ihn an. „Du... verarscht mich?" Es ändert sich weder etwas an meinem Ausdruck, noch an meiner Haltung und als er bemerkt, dass ich wirklich kein Spaß mache, fährt er sich geschockt über den Nacken. „Seit wann weißt du das?" „Von Anfang an. Er erst seit ein paar Tagen." Eze blinzelt einige Male, öffnet den Mund, schließt ihn wieder und öffnet ihn erneut. „Ich hätte nie gedacht, dass es sowas noch gibt...", er schüttelt den Kopf. „Bist du dir sicher?" Genervt sehe ich ihn an. Sofort hebt er beschwichtigend die Hände. „Okay, schon gut." Er geht einige Schritte vor mir hin und her. „Wie...", er hält inne. „Wie gehst du damit um?" Ein Seufzen entflieht mir. „Zu Anfangs ablehnend. Ich wollte und konnte es nicht akzeptieren, doch einige der Symptome, die Percy gezeigt hat, hatten damit etwas zu tun, also musste ich mich entscheiden." Ezekiel sieht mich erstaunt an. „Du... Du hast ihn markiert." Für eine Sekunde zögere ich, nicke jedoch schließlich. „Das heißt..." Er reißt seine Augen auf und ich nicke. „Und du..." Wieder nicke ich. „Und er..." Erneutes Nicken. „Also war er bei dir die Nacht." Ich beobachte ihn, als er zu überlegen scheint, ehe sich schließlich ein Grinsen auf seinen Lippen bildet, was sich zu einem Lachen verwandelt. Absolut und zutiefst genervt sehe ich ihm dabei zu, wie er sich beinahe auf dem Boden kugelt. Kurzzeitig kommt in mir der Gedanke auf, dass ich ihn noch nie so lachen gesehen habe. Erneut eine Veränderung, die mich verwirrt und neue Fragen aufwirft, doch ehe ich weiter darüber nachdenken kann, redet er weiter. „Als...", er kichert. „Als sein...", wieder kichert er. „Als sein Vater nach ihm gefragt hat, warst du gerade...", erneut unterbricht er sich selbst und lacht. „Du warst dabei, seinen Sohn zu ficken." Sein Lachen ist so laut, dass es schon in meinen Ohren dröhnt. „Fuck Mann!" „Bist du fertig?", frage ich ihn schroff. Er legt mir eine Hand auf die Schulter und kichert immer noch. „Das ist völlig absurd." Ich verdrehe die Augen. Genauso absurd wie diese Situation. Er ist manchmal immer noch wie ein Kind. Genervt wende ich mich von ihm ab und gehe wieder ins Haus, während er mir weiterhin kichernd folgt. Als wir im Esszimmer ankommen, setze ich mich auf mein Platz. „Alles okay?", fragt mich Cora und bezieht sich auf Ezekiels und meine Auseinandersetzung. „Meinungsverschiedenheit", erkläre ich ihr und da Eze breit grinst, scheint sie nicht weiter darauf eingehen zu wollen.

Black DepthsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt