Kapitel 8 - Das Atelier

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„In der Vergangenheit erfüllte die Malerei in vielerlei Hinsicht oftmals einen religiösen Auftrag. Werfen wir einen Blick auf die europäische Malerei, so wurde sie bis in die Neuzeit durch die Kirche geprägt. Zu jener Zeit war es das Ziel, Kirchen und Klöster auszumalen, Kapellen und Chorräume mit Bildern auszuschmücken. Engel sind damals wie heute ein beliebtes Motiv – unter den Werken der berühmtesten Maler der Geschichte findet ihr zweifelsohne Bilder mit Engeln als Thema. Zum Beispiel die Verkündung an Maria von Andrea del Verrocchio und Leonardo da Vinci oder die Sixtinische Madonna von Raffael..."

Während die Dozentin weiter über die Geschichte der Malerei sprach, malten die Studenten eifrig an ihren Werken. Die heutige Aufgabe war es, ein Gebet in ihre Gemälde zu legen. Auf Akiras Leinwand manifestierte sich diese Aufgabe, indem sie zwei gefaltete Hände malte, die lediglich aus Federn bestanden. Gottes Schein erhellte diese Federhände, während einzelne Daunen ihren Weg zur Erde fanden. Sie war stolz auf ihr Bild, doch sie würde sich gerne mehr darüber freuen – dafür fehlte ihr allerdings schlichtweg die Energie. Das Studium an der Geidai, ihr Selbststudium zum Basketball, dem Beiwohnen des Trainings der Shūtoku und das Nacharbeiten ihrer Eindrücke, die sie dort gewann. Seit einer Woche schon besuchte sie die Oberschule in ihrer Freizeit, aber all dies unter einen Hut zu bekommen, war wirklich kein Zuckerschlecken.

Akira legte ihren Pinsel beiseite und stand von ihrem Platz auf. Sie war fertig mit ihrem Bild, jetzt würde sie sich eine Pause gönnen. Mit diesem Vorhaben verließ sie den Seminarraum und ging die Treppen in ihrem Gebäudekomplex nach unten. Dort stand ein Verkaufsautomat, von welchem sie sich eine eiskalte Cola holte. Heute Nachmittag hatte die Shūtoku wieder Training, sie würde Midorima wieder dabei zusehen, wie er seine unfehlbaren Dreier warf und Takao, der mit seinen Pässen wahrlich der Spielmacher war. Dann war da noch Kapitän Miyaji, der es mit seiner rauen Art immer wieder schaffte, das Team zu motivieren – notfalls warf er auch Bälle an die Köpfe seiner Mitspieler. Iwasaki, der neue Center, der sich mit schierer Kraft die Rebounds holte und das auf immer wieder überraschende Weise. Und den Rest lernte sie allmählich auch kennen.

Das Ende ihrer letzten Vorlesung – wenn man es als solche bezeichnen konnte, denn auch hier wurde Praxis erfordert – hatte gar nicht schnell genug kommen können. Rasch hatte sich Akira zu sich nach Hause begeben. Viel Zeit blieb ihr nicht, bis sie wieder losmusste... So schälte sie sich aus ihrer Uniform, warf diese achtlos auf den Boden und ging im Badezimmer unter die Dusche. Für gewöhnlich mochte sie baden ja lieber, aber... Sie stand nun mal unter Zeitdruck. So schnell wie sie in den Genuss des warmen Wassers gekommen war, so schnell war dieser auch wieder fort. Abtrocknen, neue Kleidung anziehen und die Haare trocken. Alles ihrer gewöhnlichen Routine würde sie nicht mehr schaffen, doch zumindest sah sie passabel aus, als sie ihre Tasche schulterte und ihre Wohnung wieder verließ.

„Takao", sprach sie etwas außer Atem, aber lächelnd, als sie bei der Shūtoku angekommen war. Sie hatte ihn vor der Turnhalle entdeckt, wie er sich den Nacken rieb. Und aus einem ihr unerfindlichen Grund schaute er ziemlich schuldig drein, als sie ihn begrüßte. „Oh verdammt...", meinte er und haute sich leicht gegen die Stirn. „Was ist los?", fragte sie und zog skeptisch eine Augenbraue nach oben. „Ich wollte dir eigentlich Bescheid geben, dass unser Training heute ausfällt... Ich habe es vergessen. Sorry, Yoshida", entschuldigte er sich. Hätte sie das früher gewusst, hätte ihr das in der Tat einiges an Stress abgenommen. Sie seufzte leise. „Schon gut, ist jetzt auch nicht mehr zu ändern." Während sie sich innerlich darauf einstellte, wieder nach Hause zu fahren, sah sie Midorima auf sich und Takao zukommen.

„Der Boden wird neu gebohnert, deshalb können wir auch nicht allein trainieren", erklärte er Takao, ehe er zu Yoshida hinuntersah, die mit einem leichten Schmunzeln zur Begrüßung die Hand hob. Etwas an ihr war anders, wie Midorima auf den ersten Blick bemerkte – und der Grund fiel ihm ebenso schnell wie Schuppen von den Augen. Ihre Haare waren lockig, anstatt wie bei den sonstigen Treffen glatt. Ein ungewöhnlicher Anblick...

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