Bonus 6: Der Ort, wo alles begann

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Es war wieder Frühling in Japan. Allerorts erblühten die Knospen der Kirschbäume und versetzten Stadt und Land in wunderschöne Szenerien, die besonders in Parks besichtigt werden konnten. Im Gegensatz zum vergangenen Jahr waren die Tage von einer wohligen Wärme gekennzeichnet, was den vielen Einschulungsfeiern zugutekam, die im ganzen Land mit dem Beginn des Aprils abgehalten wurden. Während neue Schüler kamen, verließen die Ältesten ihre Schulen schließlich – die Shūtoku bildete da keine Ausnahme. Miyaji Yūya, Takagi Hikaru und Maruyama Kenji zählten zu jenen, die sowohl Schule als auch Basketballteam verlassen hatten. Das war nun einmal der Lauf der Dinge.

Was den Basketballklub der Shūtoku anging, so hatte Takao von Miyaji die Position des Kapitäns vermacht bekommen und Midorima war sein Vizekapitän geworden. Die Hoffnung lag darin, dass Kazunari mit seiner positiven Art und seinem Optimismus das Team zusammenhalten und motivieren konnte. Und sollte er zu nachlässig werden, sollte Shintarō ihm und dem Team Beine machen. Auch wenn der Shooter es nicht hören wollte, er und Takao waren ein gutes Duo und das nicht nur auf dem Feld.

„Wir haben dieses Jahr ziemliches Glück", hörte Shintarō seinen Kameraden sagen, während dieser die Neuzugänge von der Seite beobachtete. „Von den Stammspielern haben uns nur Miyaji und Takagi verlassen... Es wird zwar nicht ganz einfach, Miyajis Position neu zu besetzen, doch Kimura macht sich gut als Power Forward." Im vergangenen Jahr war es Kimura Shinsukes Bruder, Shōta, nicht gelungen, einen Platz als Stammspieler zu bekommen, da Takagi jeden in dieser Position ausgestochen hatte. Doch nach einem weiteren Jahr des Trainings konnte man ehrlich behaupten, dass er sich den Platz unter den Stammspielern verdient hatte.

„Unsere neuen Erstklässler sind überraschenderweise gar nicht so schlecht", war Shintarōs Kommentar dazu. Unter den Neuzugängen gab es auch zwei, die durchaus Aussichten darauf hatten, die Position als Small Forward zu bekommen. Arito Shingo und Katsuro Renji waren ihre Namen. Sie beide spielten auf der Position und das relativ solide als Erstklässler. Es gab auch jemanden, der gute Aussichten darauf hatte, nach Shintarōs Weggang zum Shooting Guard zu werden: Kagaya Rō. Wie sich herausgestellt hatte, kam dieser junge Oberschüler von der Teikō. Das bedeutete, es hatte schon einmal eine Zeit gegeben, in welcher sie dem gleichen Team angehört hatten. Jedoch war der Basketballklub der Teikō schon immer so groß gewesen, dass sich Shintarō an Jungen beim besten Willen nicht erinnern konnte.

„Wenn ich sie so sehe, werde ich ganz nostalgisch. Weißt du noch, wie wir unseren ersten Tag hier verbracht haben, Shin-chan?", fragte Takao schmunzelnd und stieß seinen Kameraden leicht in die Seite, der daraufhin mit verschränkten Armen und genervten Blick zum Schwarzhaarigen herunter sah. „Oh, oder letztes Jahr! Weißt du noch? Heute vor genau einem Jahr sind wir Akira hier begegnet!" Kazunaris Grinsen wuchs immer weiter. Kaum zu glauben, dass das jetzt ein Jahr in der Vergangenheit lag. „Als würde ich das vergessen...", erwiderte Shintarō lediglich und verdrehte die Augen. Immerhin sprachen sie hier von seiner Freundin...

Akira fühlte eine Welle der Nostalgie, während sie über den Schulhof der Shūtoku schritt. Nicht nur war es auf den Tag genau ein Jahr her, dass sie Takao und Shintarō hier kennengelernt hatte, mittlerweile lag allgemein ihr letzter Besuch ziemlich weit zurück. Welch bessere Gelegenheit gab es also, als diesen besonderen Tag dafür zu nutzen, um die Neuzugänge des Teams zu begutachten, sowie alte Bekannte wiederzusehen?

Vor dem Eingang der Halle schlüpfte Akira aus den Schuhen ihrer Uniform, ehe sie ein paar Schritte in das Innere setzte. Gleich am Eingang war sie bereits jemandem aufgefallen, der von ihrem Besuch positiv überrascht war. „Yoshida-san, es ist eine Weile her. Schön Sie wiederzusehen", sprach Trainer Nakatani und löste seine verschränkten Arme, als er die Kunststudentin der Geidai erkannte. Nun, da ihre Gemälde seit einem Dreivierteljahr in der Schule aushingen, war Yoshida Akira zu einer Art Leitfigur für moderne Kunst unter den Schülern geworden. Die Begeisterung war noch immer groß, deshalb war sie auch ein gerngesehener Gast.

„Herr Nakatani, es freut mich ebenfalls. Ich hoffe, ich störe nicht", erwiderte die Brünette und verneigte sich leicht. An sich kannte sie die Trainingszeiten der Shūtoku in- und auswendig, weshalb sie extra das Ende abgepasst hatte und es keine Probleme geben sollte. „Nein, sie räumen ohnehin auf", erklärte ihr der Trainer und deutete zu den Spielern, die damit beschäftigt waren, die Bälle einzusammeln und den Boden zu wischen. Unter ihnen erkannte Akira einige neue Gesichter. Das waren dann wohl die Erstklässler, die das Vermächtnis ihrer Vorgänger weiterführen und irgendwann wieder weitergeben sollten.

„Hey, wer ist denn das? Doch nicht etwa die Managerin unseres Klubs?", fragte Katsuro, dem die fremde Person beim Trainer aufgefallen war. „Hast du Tomaten auf den Augen? Sie trägt eine fremde Uniform, sie ist keine Schülerin der Shūtoku", erwiderte sein Rivale Arito, mit welchem er um die Position des Small Forwards kämpfte. In der Mittelschule waren sie sich schon, wenngleich in verschiedenen Teams, gegenseitig auf den Keks gegangen und jetzt mussten sie auch noch auf der gleichen Schule und im gleichen Klub landen! „Wenn ich Tomaten auf den Augen habe, dann hast du Gurken in den Ohren, so schlecht wie du hörst!", keifte Katsuro ihn an.

Bevor sich die beiden Erstklässler streiten konnten, hagelte es zwei Basketbälle von Kimura. Sein Bruder hatte ihm zwar geraten, dass er von dem Gemüseladen seiner Eltern einfach eine Ananas mitnehmen sollte, doch Yūya war der Meinung, dass Basketbälle vollkommen ausreichten. Er hatte dem jüngeren der Miyaji-Brüder versprechen müssen, dessen Tradition des Ballwerfens fortzuführen, wenn es die Situation erforderte. „Das ist weder unsere Managerin, noch gehört sie sonst irgendwie zur Shūtoku. Das ist Yoshida Akira, die Künstlerin von der Tokio Geidai, die unseren Klub letztes Jahr begleitet hat", erklärte Shōta den Neuzugängen, die sich noch immer den Hinterkopf rieben.

„Ach, dann hat sie die Gemälde gemalt", stellte Katsuro fest und besah sich die Studentin von der Ferne noch einmal. „Sie ist ganz schön...", bevor er sagen konnte, was er wollte, legte sich ein Arm um Schulter und zog ihn beinahe schon in eine Art Schwitzkasten – das gleiche wiederfuhr auch Arito. „Sie ist eine Freundin und ein geschätzter Besuch unseres Klubs, also werdet ihr höflich sein und eure jungen, pubertären Gedanken für euch behalten. Sonst wird man euch die Hölle heiß machen", lächelte Takao die beiden an, während er sie weiter festhielt. „Verstanden, Kapitän. Aber...warum eigentlich?", presste Arito hervor und bezog sich darauf, warum man eine hübsche Studentin nicht anbaggern durfte.

„Warum?", wiederholte Takao die Frage der beiden und ließ sie los. „Weil sie Shin-chans Freundin ist." Mit einem Lächeln auf den Lippen, als würde er die Welt gerne brennen sehen, betrachtete Kazunari die Erstklässler vor sich. Sogar die anderen Neuzugänge um ihn herum stoppten ihre Tätigkeit, im Unglauben darüber, was sie gerade gehört hatten.

„Aber Midorima ist doch..." Was Katsuro sagen wollte, würden sie wohl nie erfahren. Denn kaum blickte Shūtokus größter Spieler mit verschränkten Armen und einem Blick, der die Hölle gefrieren lassen konnte, zu ihnen hinab, verstummte er ganz schnell. „Erstklässler... Ihr solltet lieber zusehen, dass ihr den Boden richtig wischt. Sonst nutzen wir Drittklässler euch das nächste Mal als Lappen", waren seine einzigen Worte, während er mit seinen Turnschuhen auf eine Stelle deutete, die noch etwas klebte. „Ganz recht. Also schön weiter putzen", fügte Takao lächelnd hinzu.

Die Drittklässler Shūtokus waren unheimlich und krass drauf – das war die Lehre, welche die Neuzugänge sogleich gelernt hatten, ehe sie die Feudel in die Hand nahmen und loslegten.

„Euch zwei scheint eure neue Position ja zu gefallen", schmunzelte Akira, während sie zu Takao und Shintarō ging. Während der eine lediglich vor sich hin flötete und der andere seine Brille justierte, schienen sie sich beide einig zu sein, darauf keine Antwort zu geben. Da sie wussten, dass Akira sie besuchen wollte, waren sie über das Erscheinen der mittlerweile zwanzigjährigen Studentin im fünften Semester auch nicht verwundert.

„Misaki lässt fragen, ob wir nach eurem Training nicht alle zusammen essen gehen wollen. Hier in der Nähe soll es ein gutes Restaurant für Okonomiyaki geben. Vielleicht wäre der Ort ja etwas für uns...", sprach Akira schmunzelnd, während sie sie Nachricht ihrer Freundin übermittelte. Takao kicherte daraufhin und selbst Shintarō schien ein wenig amüsiert.

Das wäre durchaus eine Tradition, die sie für sich einführen könnten...

An den Ort zurückzukehren, wo alles begann. 

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