Zu behaupten, dass an der Central Street reges Treiben herrschte, war eine dreiste Untertreibung. Nicht nur war diese enorme Kreuzung das Wahrzeichen Shibuyas; in den Listen zu den Top-Sehenswürdigkeiten Tokios tauchte diese immerzu auf, ebenso zu denen für ganz Japan! Die Menschenmassen an diesem Ort waren unglaublich – trotzdem versuchte sie unter all den Japanern und Touristen Midorima Shintarō ausfindig zu machen. Mit seiner Größe und Haarfarbe sollte dies eigentlich kein Problem darstellen... Doch eigentlich war nun einmal ein Umstandswort, dass die Situation beschrieb, wie sie eben nicht war.
Akira stand am Vorplatz des Bahnhofes und versuchte, den Überblick zu behalten. Unter den vielen Personen, die aus der Untergrundstation kamen, erblickte sie endlich den grünen Kopf, nach welchem sie Ausschau gehalten hatte. „Hey", begrüßte sie ihn schmunzelnd und hob die Hand. Es war ungewohnt, ihn weder in Sportkleidung noch Schuluniform zu sehen. Stattdessen trug er schwarze Jeans, ein weißes Hemd und über dieses einen grauen Strickpullover. „Hallo Yoshida", sprach er ruhig zur Begrüßung.
„Hattest du eine gute Fahrt?", fragte Akira, während sie ihre Schritte allmählich in Richtung Kreuzung lenkte. Dabei ruhte ihr Blick auf dem Gegenstand, den Midorima in seiner linken Hand hielt. Es war eine blaue Badeente. „Nun, ich bin in einem Stück hier angekommen", erwiderte der Grünhaarige auf Akiras Frage. Sie rollte schmunzelnd mit den Augen. Wie gut, dass er das erwähnte – es wäre ihr beinahe nicht aufgefallen.
„Und das heutige Horoskop?", erkundigte sie sich, während sie mit ihm und dutzenden anderen die Kreuzung überquerte, um die Einkaufsmeile zu erreichen. „Ich werde wohl einen interessanten Tag erleben", erwiderte er. „Du hingegen... Scheinst Konflikten ins Auge blicken zu müssen", fügte er der Erklärung noch hinzu. Akira zog ihre Augenbrauen hoch. Sie und Konflikte? Wann wurden Situationen in ihrem Leben so weit getrieben, dass sie mit Konflikten konfrontiert wurde? „Danke für den Hinweis. Ich würde mir allerdings nicht so viele Gedanken machen. Ich bin eine friedfertige Person", lachte sie leicht. Ihr Blick fiel auf die vielen Läden zu ihrer Rechten. Ein Stückchen weiter noch würde das Kunstgeschäft kommen, in welchem sie immer ihren Bedarf deckte.
Während sie von den Schaufenstern abgelenkt war, sah Midorima zu ihr hinab. Ihr Haar war wieder glatt und zusammengebunden, wie er es gewohnt war. Sie selbst trug eine große, schwarz-weiß-karierte Jacke, ganz dem Stil entsprechend, indem sie auch sonst immer anzutreffen war. „Unglaublich, oder? Obwohl ich Absätze trage, bist du immer noch so viel größer als ich", sprach sie zu seiner Überraschung. Hatte Yoshida bemerkt, dass er sich, nun, etwas weniger respektabel verhalten hatte, indem er sie verstohlen musterte?
Es fiel ihm wie Schuppen von den Augen: Die Schaufenster zeigten nicht nur interessanten Inhalt, sie spiegelten auch das Treiben auf der Straße in dem Glas wider. „Wundert dich das wirklich?", fragte er und wandte seinen Blick wieder ab. Mit hochgezogenen Mundwinkeln schüttelte sie leicht den Kopf. „Hier ist es", gab sie kund und deutete auf das Geschäft. Midorima hatte einen älter wirkenden Laden erwartet – auch wenn es hier in Shibuya war. Stattdessen standen sie vor einem modernen Gebäude; gestrichen in hellen Farben, mit großen Glasfronten und auch das Innere wirkte sehr geordnet.
Langgezogene Regale, in welchen Tuben in allen Farben, die das Spektrum hergab, zu kaufen waren. Obendrein noch in sämtlichen Größen, angefangen bei zwölf Milliliter Tuben bis hin zu mehreren hundert. Und als wäre das noch nicht genug, galt das für die verschiedenen Farbarten wie Aquarell und Acryl, und auch für verschiedene Marken. Wenn man Midorima fragte, dann sah es so auf, als hätte sich bei dieser Farbvielfalt ein Regenbogen im Inneren des Geschäfts erbrochen.
„Man kann hier wirklich alles kaufen. Angefangen bei sämtlichen Papieren, Leinwänden, Stiften – auch für die Kalligrafie – Bücher, Werkzeuge", Akira hätte noch mehr aufzählen können, während sie den Laden betraten, der sich auch auf mehrere Stockwerke erstreckte. Sie ersparte Midorima aber, zu sehr ins Detail zu gehen – denn was konnte er schon mit Urban Sketching oder Pouring anfangen? Da sie sich gut auskannte, konnte sie zumindest zielstrebig zu ihren Farben gehen, die sie kannte und liebte, vorbei an den Pinseln und anderen verlockenden Dingen zum Kaufen.
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The Beauty Of Basket
RomanceMidorima Shintarō, Mitglied der Generation der Wunder, Shooter der Shūtoku Oberschule und ein - im Prinzip - überaus eigenartiger Typ. Yoshida Akira, eine etwas exzentrische, aber gleichzeitig auch selbstbewusste Studentin. Oberflächlich scheinen di...