Kapitel 2 - Aufeinandertreffen

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Eine warme Frühlingsbrise zog sanft an ihr vorbei. Die losen Haarsträhnen, die aus ihrem Zopf gefallen waren, fanden ihren Weg zum wiederholten Male in ihr Gesicht und kitzelten sie etwas. Ein weiteres Mal pustete die Brünette diese deshalb aus ihrem Sichtfeld, während sie mit überschlagenen Beinen und verschränkten Armen ihren Blick durch die Gegend schweifen ließ. Sie saß auf der Bank eines verlassenen Schulhofes einer fremden Oberschule, was sie nicht sonderlich stören würde, würde sie nicht auf jemanden warten. Und das nicht seit fünf oder zehn Minuten, nein, mittlerweile seit geschlagenen dreißig! So kam sie sich doch allmählich etwas fehl am Platz vor.

Ihre Freundin anzurufen, erschien ihr auch zwecklos. Die Gute war beim Volleyball-Training ihres Schulklubs, also befand sich ihr Handy sicherlich gut verstaut in einem Spind innerhalb der Turnhalle. Unerreichbar für jemanden, der entweder noch am Trainieren oder eventuell am Duschen war. Sollte sich ihre Freundin, entgegen ihrer Erwartung, bereits umziehen, so würde sie ohnehin bald auftauchen – ob sie nun anrief oder nicht, spielte dann auch keine Rolle mehr. Seufzend erinnerte sich die Brünette daran, warum sie Sport während ihrer Schulzeit nie sonderlich gemocht hatte. Der erzwungene Sportunterricht war mehr als genug gewesen... Der Gedanke allein, sich am Nachmittag und darüber hinaus noch in Klubs derart zu verausgaben, ließ sie damals wie heute erschaudern. Das sollte nicht heißen, dass sie dem nicht gerne zusah oder den Sport im Allgemeinen verachtete.... Sie selbst mochte es einfach nicht, diesen auszuüben.

„Mist", murmelte sie leise, während sie auf den Bildschirm ihres Klapphandys sah. Sie hatte schon wieder eine Mine getroffen und versuchte eifrig, den Fehler ausfindig zu machen. Aus Langeweile hatte sie angefangen, Minesweeper zu spielen. Das war nun ihre fünfte Runde, und da ihr scheinbar nichts anderes übrigblieb, startete sie einen neuen Versuch. Zumindest hätte sie das – ein plötzlicher Schatten, der auf sie fiel, stoppte sie jedoch in ihrem Tun und ließ sie aufblicken. Vor ihr stand ein großer – wirklich großer – Junge, mit dunkelgrünem Haar und Brille. Er sah nicht sonderlich freundlich zu ihr, sie behauptete sogar eine Mischung aus Skepsis, Argwohn und auch Misstrauen zu erkennen. Vielleicht erschien aber auch sein normales Gesicht einfach nicht freundlich. Das kannte sie, denn ihr selbst war schon das ein oder andere Mal nachgesagt worden, ihr neutrales Gesicht würde sie genervt aussehen lassen. Wenngleich sie es gar nicht war...

„Das hier ist eine private Oberschule. Fremde haben keinen Zutritt", sprach er im ruhigen, aber ernsten Ton. Die unterschwellige Aufforderung, dass sie verschwinden sollte, hörte die Brünette deutlich heraus. „Was macht dich so sicher, dass ich keine Schülerin dieser Schule bin?", stellte sie schmunzelnd die Gegenfrage und stand von der Bank auf. Es fiel ihr dabei erneut auf, wie groß ihr Gegenüber war. Mit ihren etwas mehr als hundertsiebzig Zentimetern hielt sie sich für eine Japanerin schon groß. Hinzu kamen dann noch die Absätze ihrer Schuhe. Trotzdem musste sie ihren Kopf etwas in den Nacken legen, um ihn in die Augen sehen zu können. „Eine Schülerin würde entweder innerhalb des Gebäudes lernen, sich mit ihrem Klub treffen oder an einem Samstagnachmittag gänzlich abwesend sein. Sicherlich würde eine Schülerin nicht verloren auf dem Schulgelände sitzen und Minesweeper spielen", entgegnete er.

Noch bevor sie etwas erwidern konnte, ertönte eine weitere Stimme, die sich in das Gespräch einmischte. Zu ihrem Unglück war es jedoch nicht ihre Freundin, die ihr aus der Patsche half. „Hey, Shin-chan, was machst du da?", fragte ein weiterer Junge, der zu den beiden kam – offensichtlich ein Freund desjenigen, den sie nun als Shin-chan kannte. „Hm, wer ist das?", fragte besagter Freund neugierig. Er besaß rabenschwarzes Haar und trug einen auffällig gelben Pullover, der womöglich der Sonne Konkurrenz machen konnte. Einen Moment lang wirkte er genauso skeptisch wie sein grünhaariger Freund, während er die Brünette mit seinen blauen Augen musterte – dann jedoch wandelte sich seine Mimik komplett und er grinste die Fremde fröhlich an. „Hi!", flötete er ihr zudem noch entgegen.

„Hört zu, Jungs, ich möchte keinen Ärger verursachen. Ich warte nur auf eine Freundin von mir. Wir sind verabredet, aber sie verspätet sich. Sie gehört zu dem Volleyball-Klub eurer Schule und hat heute wohl extra Training oder so etwas in der Art. Ihr Name ist Misaki. Sato Misaki. Genügt das?", fragte sie beide, ehe sie sich erneut die braunen Haarsträhnen aus dem Gesicht strich. Der Name, den sie soeben ausgesprochen hatte, schien den beiden Jungen wohl geläufig zu sein. Zumindest das Gesicht des Schwarzhaarigen erhellte sich. „Misa-chan? Sie ist unsere Klassenkameradin! Also sollte das in Ordnung gehen, denke ich", erwiderte er grinsend. Die Brünette seufzte daraufhin erleichtert und zeigte ein dankbares Lächeln. „Gut, wenn das dann alles ist", wollte sie das Gespräch beenden und sich wieder setzen, doch da wurde sie erneut unterbrochen.

„Nein, das ist nicht alles!", rief eine weitere Person. Dieses Mal löste der Klang einer weiteren Stimme jedoch etwas Erleichterung in der Brünetten aus, denn sie gehörte niemand geringeren als ihrer Freundin – Sato Misaki, aus dem Volleyball-Klub. Schnurstracks kam die Oberschülerin auf die kleine Gruppe zu, gekleidet in dem Outdoor-Trainingsanzug ihres Klubs. Sie wirkte etwas gehetzt, vermutlich, weil sie sich aufgrund der Verabredung beeilt hatte – ihre roten Haarspitzen schienen auch noch feucht von der Dusche zu sein, die sie wohl genommen hatte. „Midorima, Takao!", fauchte Misaki ihre Klassenkameraden an, als sie denen gegenüberstand. „Warum nehmt ihr meine Freundin in die Mangel?", fragte sie dann noch verärgert und stemmte dabei ihre Hände an die Hüften.

„Ein Missverständnis", erwiderte der Grünhaarige schlicht. Es war offensichtlich, dass er sich nicht länger damit befassen wollte, als nötig. Die Brünette fragte sich in diesem Moment, ob sie ihn Shin-chan nennen sollte, auch wenn es aus ihrer Position wahrscheinlich respektlos im höchsten Grade war. Sie würde lügen, würde sie behaupten, diese Möglichkeit nicht in Betracht zu ziehen. „Entschuldige, Misa-chan... Eigentlich war ich auch nur dazugekommen, um Shin-chan daran zu hindern, zu fies zu deiner Freundin zu sein", versuchte der Schwarzhaarige seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Dass sein größerer Freund ihn daraufhin noch genervter ansah, schien er wohl billigend in Kauf zu nehmen.

Misaki schnaubte daraufhin und schüttelte ihren Kopf. „Hmpf. Dennoch, ihr seid wirklich ungehobelt..." Anschließend wandte sich die Rothaarige ihrer Freundin zu: „Wollen wir gehen, Yoshi?" Sie schulterte ihre Sporttasche, die sie zuvor mit der Hand getragen hatte und wandte sich dem Gehen zu. Die Brünette nickte lediglich, steckte dabei die Hände in die Taschen ihrer schwarzen Lederjacke und wollte geraden losgehen, da hatte der rote Wirbelwind, den sie ihre Freundin nannte, noch etwas losgetreten: „Habt ihr zwei nicht Lust, uns zu begleiten? Wir wollen ein neues Restaurant hier in der Nähe ausprobieren, wo es richtig gutes Okonomiyaki geben soll." Auf Misakis Frage hin, blickte sogar die Brünette über ihre Schulter, um die Reaktionen der beiden Jungen zu beobachten.

„Nei...", fing Midorima an, doch er fing sich dafür rasch den Ellenbogen seines Kameraden, der dann für sie beide sprach: „Klar kommen wir mit! Kling nach Spaß!" 

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