Kapitel 25 - Von Gewinnern, Verlierern und den Machtlosen

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 „Nummer 1-1-5", las Akira die Ziffern des kleinen Schildes innerhalb des Verkaufsautomaten ab, vor welchem sie stand. Sie suchte auf ihrem Portemonnaie die nötigen Yen-Münzen heraus, was sie vor eine kleine Herausforderung stellte, da sie nebenbei noch ihre Handtasche und das georderte Essen von ihr und Takao trug. Jetzt fehlte nur noch etwas für den werten Herrn Midorima. Und wie sie in der vergangenen Woche gelernt hatte, war eines seiner absoluten Lieblingsessen Rote-Bohnen-Suppe. Wenn es nach ihr ginge, dann würde sie nicht einmal gegen Bezahlung aus einer Konserve wie dieser Essen... Doch es sollte ja Shintarō schmecken, nicht ihr.

Vollgepackt machte sie sich auf den Weg zurück zu der Mehrzweckhalle und schließlich zu den Zuschauerrängen. Kaum war sie angekommen, stellte sie fest, dass Shintarō noch angespannter wirkte. Kazunari hingegen hielt so sehr sein Lachen zurück, dass sein Kopf bereits rot wurde. Was in ihrer Abwesenheit wohl vorgefallen war? „Essen ist da", zog sie die Aufmerksamkeit der beiden auf sich. Takao bekam seinen Cheeseburger, der mit jedem erdenklichen Sonderwunsch belegt worden war und Midorima drückte sie die Dose mit seiner Bohnensuppe in die Hand. Sie selbst hatte aus dem amerikanischen Imbiss Pommes mitgebracht, die sie schließlich auf ihrem Schoß abstellte, nachdem sie sich hingesetzt hatte. „Danke, Akira!", sprach der Schwarzhaarige vor ihr sogleich erfreut. „Danke", hörte sie auch Shintarō leise neben sich sagen. Die Freude der beiden brachte schließlich auch die Kunststudentin zum Lächeln.

Was war das nicht für eine wunderschöne Zeit gewesen, die sie in der vergangenen Woche mit Shintarō verbracht hatte. Die Erinnerungen daran kamen ihr gerade wieder in den Sinn, als sie zu dem Grünhaarigen neben ihr geblickt hatte. Nicht nur, dass seine Unbeholfenheit ihr gegenüber immer weiter abebbte, er hatte sich ihr auch immer weiter geöffnet. So hatte sie doch tatsächlich noch mehr über den jungen Mann erfahren, der neben ihr saß und an seiner Dose nippte.

Dass Shintarō ein schlaues Köpfchen war, hatte sie schon immer gewusst. Er nahm die Schule sehr ernst und lernte fleißig in seiner Freizeit. Sein Wunsch war es, Medizin zu studieren und Chirurg zu werden. Das hatte sie nicht erwartet, wo er doch ein Ausnahmetalent im Basketball war. Akira hätte schwören können, dass er Profisportler werden wollte. Andererseits wusste sie von seiner vorsichtigen und kalkulierenden Natur; dass er lieber einen sicheren und festen Beruf ausüben wollte, war daher gar nicht so weit hergeholt. Und er schien alles, was er dafür brauchte, zu besitzen. Er war intelligent und fleißig, seine besten Fächer waren Chemie und Biologie – Bereiche, mit denen er sich auch außerhalb der Schule befasste – und er besaß talentierte Hände. Das zeigte er durch seine Präzision im Basketball und im Klavierspiel. Vor allen anderen Dingen trug er aber den Wunsch in seinem Herzen.

Eine andere Art der Intelligenz hatte sie auch von ihm kennengelernt, als sie miteinander Shōgi gespielt hatten. Akira würde gerne behaupten, sich gegen ihn etwas bewährt zu haben. Doch er hatte sie regelrecht abgezogen. Fünf Runden hatten sie gespielt und obwohl sie das Gefühl hatte, er wäre mit jeder Runde nachsichtiger geworden, hatte er sie trotzdem jedes Mal in Windeseile mattgesetzt. Dabei hatte er sogar angefangen, ihr Tipps zu geben, indem er Dinge wie „Das würde ich noch einmal überdenken" und „Bist du dir sicher, dass du das tun willst?" gesagt hatte.

Shintarō hatte ihr auch etwas sehr Privates anvertraut, von dem wohl nicht einmal Takao wusste. Auf Akiras Frage hin, was ihn derart an Horoskopen und Astrologie faszinierte, hatte er nur zögerlich geantwortet. Und wenn die Studentin ehrlich war, dann brach ihr Herz immer noch ein wenig, wenn sie an die Erklärung zurückdachte. Sie hatte bereits gewusst, dass er in seiner Kindheit schüchtern gewesen und leider an falsche Freunde geraten war. Doch er hatte diese Geschichte noch weitererzählt.

Es war die negative Prägung seiner Kindheit, die ihn gegenwärtig so sehr darauf achten ließ, welche Personen sein näheres Umfeld betreten durften. Der damalige Ausschluss durch jene, die er seine Freunde genannt hatte und deren emotionale Misshandlung, hatten ihre Spuren hinterlassen. Er vertraute nicht mehr leichtfertig, war verschlossener und in sich gekehrt.

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