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Kapitel 5 :

Die Morgendämmerung brach an. Die Vögel waren aus ihrem Schlaf erwacht, lösten die Grashüpfer und Tiere der Nacht ab. Stimmten ihre alt fröhlichen Töne an.

Ein Haus, umgeben von Bäumen - ein natürlicher, dichter Sichtschutz. Ein Haus als architektonisches Meisterwerk, per Hand einzigartige Muster - in Stein geschlagen. Gemeißelt.
Ein stiller Zeuge von längst vergangenen Zeiten.
Moos und Efeu hatten sich um die rote Backsteinfassade gewickelt. Der Eingang war schon halb zugewachsen. Es sah aus als wäre dort schon jahrelang keiner mehr gewesen, lediglich ein schmaler Trampelpfad widerlegten diese Annahme.

So prunkvoll wie es von außen schien, desto hässlicher war es innen drin.
Vergleichbar mit einem Menschen, dessen Äußeres alle zu trügen scheint- innerlich befindet sich jedoch so oft eine fiese Ader.
Die haarige Kratzbürste.
Ein hässlicher Charakter.

Ben atmete tief durch , hustete kurz.
Er saß mit der Frau in dem Keller des Anwesens, jedoch sah dieser anders aus als diese, die er ´gewöhnt´ war. So komisch es auch klang.
Keine kargen Wände.
Keine verschlossene Stahltür.
Er hatte sogar abgedunkelte Fenster.
Dieser Raum war anders.

Er erinnert den jungen Mann eher an einen ´Raum der Lüste ´, als an ein Gefängnis.
Und obwohl es Lampen gab, die in unregelmäßigen Abständen an der Decke und der Wand hingen, bot der Raum kaum genug Licht, um die Möbel klar zu erkennen.

„Was meint der Typ mit ´Eigenbedarf´?“ , die zitternde Stimme der zierlichen Frau erfüllte den Raum.
Ben schaute sie an. Er schluckte bei dem Gedanken daran…
„Nun ja…ich denke, dass dieser Raum für sich spricht. Ich denke, dass …“, er konnte es nicht aussprechen.

In der Mitte an der Wand stand ein rotes Bet, überzogenen mit einem Laken aus Seide. Drei ebenfalls rote Kissen lagen am Kopfende. An der Wand darüber hing ein goldumrandeter Spiegel, beleuchtete, ebenso wie an der Decke.
Damit man sich dabei sehen konnte.
Die Fenster waren mit weinroten Vorhängen abgedunkelt.

Dem Polizisten wurde schlecht, als er überlegte wie viele Menschen hier wohl schon ihren Willen verloren hatten. Ihre Unschuld. Ihr Leben.

„Wir dürfen nicht zulassen, dass diese Typen unser Leben zerstören. Uns zerstören. Wir müssen uns dagegen wehren.“

„Und wenn die uns umbringen? Die haben Waffen. Die haben Sie bedroht…die hätten abgedrückt.“

Ben lächelte leicht : „Nein - der Typ hätte nicht abgedrückt, denke ich, immerhin sind wir ´sein Eigentum´“, er stockte kurz , schüttelte sich , „Niemand zerstört sein Eigentum komplett …oder nicht? „

„Wie sicher sind sie sich?“

Der junge Mann zögerte.
Ja-
Wie sicher war er sich dabei?
Würden diese Typen ihnen wirklich nichts antun ?
Nichts was sie töten könnte.
Oder?

„Hören Sie…Ich weiß nicht ob die uns umbringen würden, aber ist der Tod in dieser Situation schlimmer als das was uns erwartet? Sie müssen kämpfen. Wir können es schaffen. Ich bin mir sicher, dass die Polizei irgendwann nach uns suchen wird und dann…“

„Dieser Bastard hat mein Kind umgebracht. Exekutiert. Eiskalt ermordet. Ich werde kämpfen, für mein Kind. Mein Sohn wäre vermutlich sehr enttäuscht wenn ich ihn jetzt schon besuchen käme.“ Sie lächelte gequält.
„Ich denke, dass Ihr Sohn stolz auf Sie sein wird, stolz wenn Sie kämpfen.“ , der junge Polizist lächelte ebenfalls, „Ich bin Ben. Ich denke, dass die förmliche Anrede in dieser Situation keine große Rolle spielt.“
Er streckte ihr seine Hand entgegen.
Die Frau nickte : „Eleonore.“

„Das ist ein sehr schöner Name. Nicht gerade typisch.“
„Wohl wahr…Ich wurde nach meiner Ur-Ur-Ur Oma benannt.“, beinahe stolz klangen ihre Worte. Eleonore stand langsam auf und musterte das Zimmer. Eine kleine Holzkommode in der letzten Ecke zog sie magisch an.
Ein paar hübsch, aufwendig hergestellte Verzierungen zierten die Griffe.
Was da wohl drin war ?

„Denkst du, dass wir nachgucken sollten was hier drin ist? Ich bin wirklich neugierig…und…vielleicht ist da ja etwas drin was uns helfen könnte“, die Augenbrauen von Eleonore gingen in die Höhe. Erwartungsvoll schaute sie Ben an.
„Ich denke kaum, dass die Typen hier etwas lagern , wodurch wir fliehen könnten. Ich sehe das als eher unrealistisch.“
„Ja, aber…“
„Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich wissen möchte was in der Kommode ist.“ der Beamte schaute die Frau an und schüttelte leicht mit dem Kopf. In Anbetracht der Situation und dem Versprechen , beziehungsweise der Drohung des Pistolenmannes , jenachdem wie man es sehen wollte , war sich Ben unschlüssig ob er wirklich wissen wollte was da gelagert wurde.
Einerseits war eine geringe Chance da, dass dort etwas drin sein könnte, was ihnen helfen könnte. Andererseits war die Chance, dass er das noch früh genug erfahren würde, deutlich höher.
Und wenn seine Gedanken recht behielten…
Dann wollte er es nicht wissen.

Eleonore warf noch einmal einen Blick auf die Kommode, legte ihre Hand an den Griff und zog daran.

Wenn Angst - zu Liebe wird Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt