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Ben war wieder alleine in dem Raum. Sein ganzer Körper qar übersät mit blutigen Striemen.

Diese plötzlichen Veränderungen des älteren waren nicht normal- sie waren gefährlich und Ben konnte sich nicht vorstellen, dass diese Stimmungsschwankungen alleine und ausschließlich vom Alkohol kamen. Nicht in diesem Maße.
Normalerweise sollte sich Maximilian vermutlich mal einen Psychologen vorstellen, aber das würde er nicht tun, denn wenn sein "Unternehmen" aufflog, dann würde er für immer im Knast landen. Das stand fest.

Die Erinnerung an die Offenbarung, dass der ältere ein gemeinsames Leben mit dem jungen Mann anstrebte, vielleicht sogar mit Familie, ließen diesen unwillkürlich zusammenzucken. Das wollte er nun wirklich ganz und gar nicht. Erstens nicht mit diesem Menschen, welcher schon über Leichen gegangen war, und zweitens nicht mit einem Mann. Der einzige Mann mit dem er sich ein zukünftiges Leben vorstellen konnte war sein Kollege: Semir.
Ob er ihn bereits vermisste?
Nach ihm suchte?

Ben seufzte leise.
Wenn er diese ganze Situation realistisch betrachtete, dann hatte er absolut keine Chance mehr hier leben rauszukommen. Entweder würde der Ältere wieder ausrasten und ihn zu Tode prügeln, oder er starb aus Frust und Einsamkeit. Vielleicht würde er sich auch vorher schon selbst umbringen.
Alles realistische Möglichkeiten.

Langsam richtete der Polizist sich auf, ließ seinen getrübten Blick im Raum umher gleiten.
Das Zimmer war in einem warmen orange gestrichen worden, hier und dort standen ein paar alte Möbelteile rum. Teile von Tischen, Stuhllehnen und einige zerbrochene Lattenroste. Das einzige Fenster in diesem Raum war, anders als die anderen, nicht vergittert, dafür jedoch etwas höher gelegen als es im Normalfall bei den standardfenstern der Fall war.

Er starrte das Fenster an.
Die Sekunden wurden zu Minuten. Eine halbe Ewigkeit stand er so da.
Ben atmete tief durch.
In seinem Kopf, zwischen all den wirren Gedanken, reift da eine Idee heran.
Ein Wunsch.
Düster- Abbild völliger Verzweiflung. Der junge Mann schloss die Augen.

Er hatte einen Entschluss gefasst.

Was würde Semir wohl von ihm denken?
Wie würden seine Kollegen reagieren?

Ben wollte sich gar nicht ausmalen wie seine Chefin gucken würde, oder seine Schwester, geschweige denn sein Vater, wenn sie erfuhren was passiert war.
Vielleicht würden sie ihn dafür hassen...
Obwohl er überhaupt nichts dafür konnte.

Der Beamte sah ein, dass er sterben würde, dass er all seine Freunde zurücklassen würde, deshalb war ihm klar, dass er das tun musste was er sich überlegt hatte. Er stützte sich leicht wankend an der Wand ab, zuckte zusammen als plötzlich die Tür geöffnet wurde.
Im Anbruch der Nacht würde er seinem Entschluss Taten folgen lassen- niemand könnte ihn dann noch aufhalten.

"Ben?", Thilde trat leise in den halb dunklen Raum,"wie geht es dir? Ich habe mitbekommen, dass Maximilian wieder ausgerastet ist..."
Der Jüngere zuckte leicht mit der Nase:"Wie soll es mir schon gehen?" Er wusste ehrlich keine Antwort auf diese Frage. Müde blickt er die Frau an. Sie tat ihm leid- es hat ihm leid, dass er sie alleine lassen würde. Sie hatte es nicht verdient.

"Hör zu, ich weiß, dass das alles furchtbar ist- dass du dich wohl nie an das Leben hier gewöhnen könntest... aber du solltest es versuchen."

Ben musterte sie:"Thilde, wenn du zur Polizei gehst, dann kann ich aussagen- für dich und deinen Sohn ."
Sie lächelte sanft, kam näher und strich ihm durch die Haare.
"Du du weißt, dass ich das nicht kann. Wir hatten das Thema bereits. Ich kann meinen Sohn nicht verraten... was wäre ich für eine Mutter?"

"Stattdessen lässt du ihn in einer Bande Mitglied sein, die über Leichen geht. Die Menschen foltert und verkauft. Eine Bande, die Kinder tötet. Stell dir vor, dein Sohn wäre eines dieser Kinder gewesen. Würdest du nicht, dass diese Mörder ihre gerechte Strafe bekommen?"

"Die bekommen sie schon irgendwann."

"Irgendwann?",Ben schüttelte resigniert den Kopf, "...wie viele Menschen müssen noch sterben?" Seine Augen durchdrangen sie förmlich.
Thilde wandte sich blinzelnd ab "Gute Nacht,Ben."
"Es tut mit leid," flüsterte er leise. Zu leise, als dass es jemand hätte hören können.

Die Tür wurde wieder verschlossen.

Dee Polizist seufzte leise.
Es wurde Zeit.

Wankend ging er zu dem Fenster, linste hinaus in das Dunkel der nahenden Nacht.
Niemand war zu sehen.
Leise und vorsichtig öffnete er das Fenster. Der raue Nachtwind pfiff ihm ins Gesicht, wirbelte eine Haarsträhne auf.
So leise und vorsichtig er konnte, wuchtete er seinen noch immer schmerzenden  Körper auf das Fensterbrett. Lächelnd lauschte er dem  Wind, den singenden Grillen, den schimpfenden Blättern.
Die Bäume bogen sich ächzend, als würden sie jeden Moment zu bersten drohen.

Sein Blick fiel an der Hauswand hinab. Er hatte zwar keine Höhenangst, aber so weit oben, mit baumelnden Beinen, auf einem Fensterbrett zu sitzen war durchaus unangenehm.

Noch einmal atmete er tief aus. Schloss seine müden Augen. In wenigen Augenblicken würde er  dieser Hölle entfliehen.

Niemand hatte damit gerechnet,dass er springen könnte.

Wenn Angst - zu Liebe wird Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt