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Sein BMW raste an der abgesperrten Stelle vorbei und blieb stehen.
"Frau Krüger?!" Semirs Blick fiel auf die weiße Plane, welche den toten Körper des Opfers bedeckte.
"Gerkan,gut,dass sie da sind!" ihre sonst so laute,dominante Stimme klang beunruhigt.
"Sie sagten,dass wir den Toten kennen..."
"In der Tat," sie deckte die Plane auf,sodass das bleiche Gesicht des Toten zum Vorschein kam. Der Deutschtürke schluckte leicht. So auf den ersten Blick erkannte er die Leiche nicht, nur dessen offen stehende Augen wirkten warm,imponierend und nicht so als habe er in seinen letzten bewussten Momenten versucht zwei ,in die Jahre gekommene ,Polizisten zu erschießen.
"Reife Leistung Hotte...."
"Ich weiß schon warum ich nicht zivil rumlaufen will...diese Action könnt ihr gerne bei euch behalten," seufzte der dickliche Polizist,schaute aufatmend zu Dieter herüber.Er hatte mit deutlich mehr Ärger von Seiten der Chefin gerechnet.
"Herr Gerkan, " richtete die Frau die Aufmerksamkeit wieder auf sich:"Bei der Leiche handelt es sich um den Sohn unserer gesuchten Person. "
"Thildes Sohn?!" er schluckte schwer.

Ob Ben ihn wohl gekannt hatte?

"Er sieht gar nicht aus wie ein Verbrecher."
"Tja...Gerkan, wenn die Menschen aussehen würden wie Verbrecher dann hätten wir keinen Job."
"Vielleicht gäbe es dann ja weniger Tote,"mutmaßte der kleine Polizist.
"Wunschdenken Herr Gerkan. "

Er fand es immer wieder erstaunlich wie viele Menschen er niemals als böse eingeschätzt hätte. Oftmals waren die Täter in schlechten Familienverhältnissen aufgewachsen oder handelten aus Nöten heraus, so dass der Kriminelle Werdegang gerade zu vorprogrammiert war. Natürlich bildeten Ausnahme die Regel. Immer wieder gab es Fälle, wo junge, gut gebildete Menschen ohne jeden ersichtlichen Grund Gewalttaten begingen, Menschen kaltblütig ermordeten oder sich durch etwaige andere Dienste, die so partout nicht strafbar waren, aber moralisch dennoch äußerst fragwürdig, etwas Geld dazu verdienen wollten.
Er schüttelte leicht den Kopf.

"Haben wir irgendetwas was vielleicht auf den Aufenthaltsort von Thilde hinweist? Oder sonst etwas?"
Frau Krüger musterte ihren Beamten kurz:"Nein... lediglich ein abgelaufenen Personalausweis. Wir fahren gleich zu der angegebenen Adresse und gucken, ob wir zufällig irgendetwas finden. Hat der Gerichtsmediziner schon etwas gesagt?"

Semir nickte kurz:"Allerdings,deshalb ist es auch umso wichtiger die Frau zu finden!"

××××××××××Ben×××××××××××

"Guten Tag Herr Jäger, " ein Mann im fortgeschrittenen Alter betrat das kleine Krankenzimmer, blieb vor Band stehen und lächelte ihm freundlich ,die Hand ausstrecken ,zu.
Der junge Mann reagierte nicht,  was der ältere erfahrungsgemäß als 'Wer sind sie?' deutete.
"Ich bin der krankenhauspsychologe und wurde von ihren Ärzten informiert, dass sie ganz gut meine Hilfe gebrauchen könnten.Ist dem denn so?"

Ben musterte seinen Gegenüber schweigend. Der Mann sah nicht wirklich aus wie ein Seelenklempner, er trug weder eine Cordhose ,noch ein Pullunder.
Im Gegenteil, er sah er aus wie der nette Opa von nebenan, dessen dezentes Bierbäuchlein die unteren Knöpfe seines hellblauen Hemdes zu springen drohten und dessen grauer Rauschebart sicher super als essensrestfalle fungiert hätte. Auf seiner, für den Köper viel zu kleinen, Nase saß eine Brille deren Gläser sicher so dick wie ein Handy war.
Er sah weder gefährlich noch annähernd so aus wie der Mann, der ihn überall verfolgte, dessen Gesicht er selbst im Schatten des nächtlichen Mondes zu sehen glaubte.

"Herr Jäger, Ben...darf ich Sie Ben nennen?"
Der Angesprochene nickte leicht.
"Okay Ben, sehr gut. Ich möchte mich gerne ein bisschen mit Ihnen unterhalten. Ist das in Ordnung?"
Wieder nicken.
"Sehr schön, dann fangen wir mal an. Erstmal brauche ich ein paar generelle Informationen über sie. Wenn sie nicht direkt mit mir reden möchten, dann Nicken oder schütteln Sie einfach den Kopf, okay?"
Ben nickte. Der Mann war nett, aber so wirklich auf ihn einlassen konnte und wollte er sich noch nicht, auch wenn er sich nach dieser erst relativ kurzen Zeit bereits sicher war, dass der Mann ihm nichts tun würde.
"Sie heißen Ben Jäger, sind am 26.02.1978 geboren, soweit korrekt?", ohne die Antwort abzuwarten fuhr der Psychologe lächelnd fort:"Ich habe gehört, dass sie entführt worden sind," seine Stimme war sanft und leise," können Sie mir etwas darüber erzählen? Wie ihre Verletzung zustande gekommen sind, wie sie sich gefühlt haben, wie sie sich jetzt fühlen?"

Ben überlegte ,schloss die Augen.
Ja... er war in der Lage darüber zu reden, er wusste wie man Wörter und Sätze bildete, aber er konnte es nicht. Es ging nicht.
Tränen schossen in seine Augen.
Er schüttelte den Kopf.
Er konnte es noch nicht.
Er wollte nicht daran denken.
Nie wieder.

Wenn Angst - zu Liebe wird Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt