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FERGUS

Das beruhigende Surren der Nadel und die Rockmusik im Hintergrund lassen mich entspannt in den Stuhl sinken. Der bullige Tätowierer mit den schwarzen Handschuhen und der Spitzen Nadel in der Hand hat selbst unzählige Bilder auf der Haut. Ich kenne Fred schon lange. Das erste Mal sind wir uns begegnet als wir noch Kadetten waren, nun sind Henry und ich erneut hier und ich kann endlich den Dolch auf meinem Unterarm vervollständigen lassen. Es tut nicht mal weh. Vielleicht liegt das auch am vielen Bier, das wir zusammen getrunken haben. So oder so, es war ein schöner Abend. Es hat gut getan ihn wiederzusehen. Henry mag vielleicht nicht verstehen, wieso ich noch nicht zurückkomme, aber er ist immer noch mein Freund, der mich gut kennt. Er weiß, dass es besser ist, nicht mehr darüber zu sprechen.

»Du hast deinen Laden ja mächtig umgestaltet«, fällt Henry auf. Er sitzt auf einem Hocker und dreht sich um seine eigene Achse damit. Seine Augen wandern immer und immer wieder durch den Raum, auf und ab, kreuz und quer. Fred grinst schief, während er konzentriert die schwarze Tinte in meine Haut bringt. Er füllt gerade die Spitze der Schneide. Das letzte Stück, das noch fehlt. »Ja, habe ich letztes Jahr gemacht. Dachte, die Wände brauchen vielleicht ein paar neue Farben«, erzählt er. Ich hebe meine Augenbrauen. »Die Wände? Du hast jeden Millimeter dieses Shops umgedreht«, lache ich. Die beiden Männer stimmen mit ein. Kurz schaut Fred auf, füllt die Nadel mit Farbe und zuckt mit den Schultern. »Findet ihr es gut?«
»Am besten ist das Bild da hinten«, deutet Henry auf einen schwarzen Rahmen, hinter dessen Glas wir drei im Laden sitzen und Fred Pop gerade ein Tattoo am Hals sticht. Neal sitzt am Kopfende der Liege und hält seine Hand. Ich erinnere mich an den Tag, als wäre es gestern gewesen. Wir haben für das Foto posiert, Neal an Henrys Hand aus Spaß gehalten und danach waren wir in einem Nachtclub. Es war das letzte Mal, dass wir zu dritt bei Fred waren. Danach wurden wir nach Afghanistan geschickt.
Egal wohin ich gehe, oder was ich tue, alles erinnert mich an meinen besten Freund. Es scheint aussichtlos zu sein. So als wolle mir das Universum etwas sagen. Was genau, weiß ich nicht. Schließlich kann ich keine Gedanken lesen. Da muss es schon etwas präziser werden.

Als das Surren der Nadel stoppt, schaue ich hinab auf meinen Unterarm. Die Haut um die frische schwarze Tinte ist leicht gerötet. Die Ecken des Dolches scharf und spitz, er sieht perfekt aus. »Danke Fred«, sage ich zu dem Tätowierer vor mir. Er trägt noch Salbe auf und packt meinen Unterarm in Folie ein. Mit ein bisschen Klebeband rundet er seine Arbeit ab und zieht sich die Handschuhe aus. Sie fliegen in den Mülleimer neben dem kleinen Tischchen, auf dem alle Utensilien liegen. »Immer gern Fergus. Willst du auch eins, Henry?«, erkundigt er sich. Der angesprochene strafft die Schultern und stemmt die Hände auf die Knie, um sich zu erheben. »Ich denken, ich passe. Ein anderes Mal«, lehnt er ab. Verwundert erhebe ich mich. »Jetzt kneifst du? Es war deine Idee«, erinnere ich ihn. Der muskulöse Soldat kratzt sich am Hinterkopf und belächelt meine Worte. »Ich denke nur das es keine gute Idee ist, nach dem vielen Bier, das wir getrunken haben«, erklärt er. Auf dem Weg zur Kasse klopfe ich ihm im Vorbeigehen gegen seine Brust. »Bist richtig prüde, seit du Verpflichtungen hast, Mann.«
»Das nennt man Verantwortungsbewusst, Ferg, klar dass du davon keine Ahnung hast.«
Ich lache kopfschüttelnd und zücke ein paar Scheine, die ich Fred über den Tresen reiche. Er nimmt sie dankend entgegen und verstaut sie in der Kasse. »Es war ein super Abend, Henry. Echt, war schön dich wiederzusehen. Fred, spätestens bis übernächsten Monat«, verabschiede ich mich langsam. Der Tätowierer erwidert es. Er weiß das es nicht lange dauert, bis ich wiederkomme. Henry und ich verlassen zusammen den Laden, bevor wir vorerst getrennte Wege gehen.
»Sehen wir uns am Hafen?«
»Klar, bin morgen wieder da. Wie lange bleibst du nochmal?«
»Eine Woche.«
»Dann sollten wir unser Treffen von heute wiederholen«, schlage ich vor. Henry nickt begeistert. Er gibt mir eine brüderliche Umarmung, schließlich mache ich mich auf den Weg nachhause. Es ist schon spät.

Serpent King | 18+Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt