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MILA

Fergus wuchtet die beiden Taschen auf die Kommode neben der Tür und schnaubt auf. »Vielleicht hatte ich nur noch keine Gelegenheit, witzig zu sein«, verteidigt er sich und lässt mich eintreten. Dunkler Holzboden trifft schwarze Wände und ein kolossales Bett steht an der Wand links von mir. Eine dicke Matratze, schwarze Laken und Kissen über Kissen. An die große Fensterfront regnet es stetig dran. Das Zimmer kommt mir von unserem letzten Besuch sehr vertraut vor und fast schon heimisch. Nun zu wissen, das dies sein Kinderzimmer gewesen ist, macht es noch besonderer. Ich stelle mir klein Fergus hier auf dem Teppich mit Autos spielend vor und kann nicht anders, als zu schmunzeln. Der Lichtschalter klickt und kurz darauf springen die beiden Lampen auf den Nachttischen an und tauchen das Zimmer in ein stimmungsvoll gemütliches Licht. Ich lasse mich am Rande es frischgemachten Bettes nieder und beobachte, wie Fergus die Vorhänge schließt und das Licht im Badezimmer nebenan einschaltet. »Das gefällt mir, du solltest öfters so sein«, sage ich und streife mir meine Jacke ab. »Hm, mal sehen«, antwortet er und nimmt mir den Mantel ab. Er hängt ihn auf einen Kleiderbügel und schließlich in seinen Kleiderschrank. »Aber erstmal möchte ich wissen, ob du Hunger hast«, wechselt er das Thema und lehnt sich gegen das Holzmöbelstück. Wie auf Kommando knurrt mein Magen und entlarvt mich. »Wie du gehört hast, ja«, lächle ich bescheiden und reibe mir den Bauch. »Also Gut. Mexikanisch, italienisch, französisch?«
»Hier draußen gibt es wirklich Lieferdienste?«, frage ich erstaunt nach. Ich meine - wir sind hier praktisch im nichts. Würde der berühmteste See der Welt nicht gerade nebenan liegen, würde sich sicher keine Seele hier hin verirren.
Fergus verdreht die Augen und stößt sich vor Schrank ab. Wie eine Schlange schleicht er auf mich zu und hält wenige Zentimeter vor mir inne, sodass ich aufschauen muss, um den Blickkontakt nicht zu unterbrechen. »Natürlich nicht, Vögelchen. Ich kann kochen, oder wie glaubst du, habe ich die letzten Jahre überstanden?«
»Äh... darüber habe ich mir nie Gedanken gemacht«, gebe ich ehrlich zu und kratzte mich am Nacken. Amüsiert greift Fergus nach meiner gesunden Hand und hilft mir auf die Beine. Wir sind uns nun so nah, das unsere Körper sanft gegeneinander prallen. Hüfte gegen Hüfte und Brust gegen Brust. Er ist mehr als einen Kopf größer, viel breiter und muskulöser. Er könnte mich einfach einkesseln und wie seine Beute zum Abendessen verschlingen. Stattdessen schlängelt er seine Arme sanft um meinen Rücken und hält mich fest an sich. »Du hast mir deinen Essenswunsch noch nicht verraten, süße. Also sag schon; was möchtest du?«
»Kannst du das alles kochen?«, frage ich mit großen Augen. Das beeindruckt mich wirklich. Fergus hat viel mehr Talente, als ich anfänglich glaubte. »Natürlich, sag schon«, drängelt er.
»Mexikanisch«, entscheide ich mich und er lässt von mir ab. An einer Hand führt er mich wieder aus dem Zimmer hinaus nach unten und ich bin gespannt, was er kochen wird.

Es ist verdächtig ruhig im Haus geworden, als wir uns auf den Weg in die Küche machen. Das Feuer knistert noch im Kamin aber der Fernseher ist verstummt. »Wo sind die beiden hin?«, frage ich den Schotten, der mich an der Hand durch den Eingangsbereich führt. »Sicher im Bett, komm, bevor mein Onkel noch nachschaut was wir machen«, sagt er und zieht mich weiter. Er lässt meine Hand erst los, als wir uns in der Küche befinden. Er schiebt die zwei großen Türen zu und hält anschließend hinter der Küchentheke inne. »Also, Setz dich«, bittet er und schwingt eine Pfanne in seiner Hand durch die Luft. Ich platziere mich gegenüber von Fergus auf einem der Barhocker und stütze mein Kinn in die Handfläche meines gesunden Armes. Neugierig beobachte ich wie er einige Zutaten aus dem Kühlschrank zieht und beginnt, Fleisch anzubraten. Nebenbei schneidet er rote Zwiebeln und Kräuter. »Wo hast du kochen gelernt?«, frage ich nach einer Weile neugierig. Ich kann nicht anders. Die Frage scheint zu verlockend. Ich hätte nie gedacht, das er so kochen könnte, nichtmal nach dem Essen was er mir in seiner Wohnung gezaubert hat.
»Glenna hat es Ewan und mir beigebracht als wir Kinder waren. Ist nichts besonderes«, winkt er ab und blickt auf das Schneidebrett vor ihm. »Nichts besonderes? Es ist eine Gabe die du schätzen solltest. Schau mich doch an, ich wäre aufgeschmissen ohne dich«, murmle ich und beiße mir auf die Unterlippe. Fergus' Augen treffen für einen Moment meine und er zuckt mit den Mundwinkeln. »Hm, ich denke, dass du nur jeden Tag essen gehen würdest. Stimmt doch, oder?«
»Erwischt«, antworte ich und entlocke ihm ein zartes Schmunzeln. »Wusste ich's doch.«
»Du scheinst ein Hellseher zu sein, Fergus Duncan.«
»Sicher«, lacht er kopfschüttelnd und gibt die geschnittenen Zwiebeln zum Fleisch in die Pfanne. Danach folgen verschiedene Kräuter, Pfeffer und eine Prise Salz.

Serpent King | 18+Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt