62 - Epilog

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MILA

Monate später, Anfang Herbst...

Manche würden sagen, dieses riesige Castle wäre ein Segen, aber wenn man seine Füße nicht mehr sieht und die vielen Stufen der unzähligen Treppen ständig auf und ab steigt, fühlt sich jeder Schritt wie ein Marathon an. Ich bin fett geworden. Fergus mag mir einreden, dass es nicht stimmt, aber es ist zu lange her, dass ich mir die Schuhe selber zubinden konnte. Dafür hatten wir unbeschreiblich guten Sex die letzten Monate. In der Badewanne, auf dem Bett, im Schwimmteich, auf dem Billardtisch neben dem Esszimmer, auf dem Sofa und sogar in seinem Jeep. Das waren ein paar wilde Tage und ich erinnere mich noch sehr gern daran, würde mich das Schmerzen meines Rückens nicht schon wieder davon abhalten. Schnaufend setze ich das Körbchen Babywäsche auf dem Sofa ab und falle gleich daneben in die Polster. Ich habe mir die größte Mühe gegeben, alles selbst nochmal zu waschen, obwohl das Hausmädchen mir liebend gern die Aufgabe abgenommen hätte. Mir war langweilig, doch jetzt bereue ich es. Ich falte die kleinen rosa Strampler sorgfältig und streiche sie glatt, staple jeden Body und jede Strumpfhose aufeinander. Die letzten Monate sind so schnell vergangen und es fühlt sich wie gestern an, als ich mit Fergus auf dem Sofa in Henrys Haus saß und ihm alles gebeichtet habe.

Die letzten Monaten über hat er mich unterstützt, selbst wenn er oft auf dem Stützpunkt war und ich hier im Castle. Erin und Glenna haben mich jeden Tag umsorgt und mich herzlich und die Familie aufgenommen. Wir haben stundenlang miteinander gelacht und uns über die schrägsten Filme amüsiert. Ich bin glücklich hier in Schottland. Glenna ist wie eine Mutter für mich und Erin ist inzwischen meine beste Freundin geworden. Sie hat mir erzählt wie Ewan und Sie sich kennenlernten und das half mir, sie besser zu verstehen. Ich bewundere Erin. Sie ist so eine toughe, selbstbewusste Frau geworden und so eine gute Mutter für Rosy. Im Gegensatz zu ihr, fühle ich mich nicht bereit und das verletzt mich selbst. Fergus hat schon so oft versucht mir meine Selbstzweifel zu nehmen, aber nichts hat gebracht. Vielleicht soll es so sein, bevor man sein erstes Kind bekommt. Ich liebe dieses kleine Wesen sehr, aber bereit fühle ich mich nicht. Es könnte jeden Moment so weit sein und das jagt mir Angst ein.
Geduldig falte ich die winzigen Kleidungsstücke und bewundere dabei immer wieder, wie klein Babys doch sind, wenn sie geboren werden.
Wir haben eine Menge Kleidung von Erin und Ewan bekommen, was mich sehr freut. Es sind Rosy alte Sachen, aber das meiste hat Fergus mir gekauft. Eines Abends als er mit Ewan in einer Bar war, betrank er sich und kaufte fast den ganzen Babyladen in einer Fußgängerzone neben der Bar leer. Er stolperte bepackt wie ein Esel und dicht wie eine Haubitze in das Foyer des Castles und lachte, als er zu Boden fiel und wie ein Marienkäfer liegenblieb. Erin und ich befanden uns zu derzeit im Wohnzimmer und haben Tränen über die beiden Männer gelacht. Den Abend werde ich nie vergessen. Es war zum Brüllen komisch.

Ein merkwürdiger Schmerz zieht durch mein Unterleib als ich mich nach vorn beuge um den Rest aus dem Körbchen zu nehmen. Zischend lege ich mir eine Hand an den Unterbauch und tätschle meine Babykugel sanft. »Warst du das schon wieder?«, frage ich an das Baby gerichtet und zwinge mir ein schmerzverzerrtes Lächeln auf. »Das hat Momy wehgetan Liebes«, lasse ich sie wissen. Dumpfe Tritte, die sich anfühlen wie Schmetterlingsflügel, prallen gegen meine Bauchdecke und verschaffen mir Gänsehaut. Seit dem ersten Mal, bei dem ich es spürte, liebe ich es. Die kleinen Füßchen treten weiter gegen meine Hand und so nehme ich mir einen Moment, um mich zurückzulehnen. »Vielleicht war es keine gute Idee drei Waschmaschinen zu waschen und dafür fünfmal die Treppe hoch und runterzulaufen«, atme ich tief aus und streichle über mein Shirt. Die Antwort folgt prompt als ein zweiter Schmerz durch meinen Körper jagt. Diesmal vom Rücken aus. Das Baby kann es nicht gewesen sein, denn ich spüre ihre Füßchen unter meiner Handfläche. Sind das etwa Wehen? »Das sind doch keine Wehen, oder kleine Maus?«, frage ich sie und schlinge meine Arme um meinen Bauch. Nachdenklich schaue ich mich um. Wo ist denn nur mein Telefon?
Glenna und Alistair sind vor einer halben Stunde zur Oper in die Stadt aufgebrochen und Erin, Ewan und Rosy sind spazieren. Fergus ist schon vor Stunden mit einigen Männern seines Onkels verschwunden und selbst das Hausmädchen ist nicht da, sondern einkaufen. Prima. Super Timing, kleine Erbse.
Ich beeile mich beim Falten der Kleidung und stapele alles in das Körbchen, erhebe mich umständlich vom Sofa und klemme mir das Stück aus Plastik unter den Arm. Auf dem Weg zur Treppe kehrt der Schmerz noch zweimal zurück. Gott, wo ist denn nur mein Telefon?

Serpent King | 18+Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt