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FERGUS

Das Rollfeld bebt unter den Geräuschen der einfliegenden F-35b Lightning. Der Groll der den den Wind mitträgt hinterlässt Gänsehaut auf meinem Körper und zugleich weckt es böse Erinnerungen. Es ist mutig mich hier hin zu wagen, nach all den Jahren an dem ich diesen Ort erfolgreich gemieden habe. In Hangar fünf steht mein Jet seit Jahren und sammelt Staub an, zumindest vermute ich das. Ich wahr seit meiner Beurlaubung nicht mehr hier und habe ihn gesehen. Früher war er wie ein Freund für mich, das mag komisch klingen, aber ich habe diesem Ding mein Leben anvertraut und kannte es in und auswendig. Dieses Flugzeug ist mein Baby gewesen. Ich war so stolz es fliegen zu dürfen. Heute ist es mir fremder den je.

Der Geruch von Treibstoff und Motoröl liegt in der Luft. Jeden Millimeter, den ich weiter über den Asphalt laufe, triggert mein tiefstes Inneres. Noch im Haus habe ich mir zwei Antidepressiva eingeschmissen und mir geschworen, dass ich das hier durchziehen werde. Wenn ich endlich mit allem bösen abschließen will und neu anfangen, ist dies mein erster Schritt. Mit den Händen in den Jackentaschen und dem Blick zu Boden gerichtet, marschiere ich zielstrebig auf den Hangar zu, in dem sich laut Henry neben meinem Flugzeug auch John aufhalten soll. Der fast grauhaarige in den Vierzigern, diente mit mir zusammen in einer der ersten Einheiten, in der ich war. Es ist schon lang her, aber er hat die Fähigkeiten die ich brauche. Ich weiß das er zu unserem alten Team eine sehr gute Beziehung hegt und immer noch mit ihnen in Kontakt steht. Erst kürzlich hat er bewiesen, dass er es immer noch drauf hat.

Ich kann das Zittern meiner Finger nicht verstecken, als ich die Tür zum Hangar öffne und eintrete. Rockmusik spielt und eine singende Stimme schallt durch das Innere des Hangars. Die Tür fällt hinter mir ins Schloss und John verstummt. Mir wird übel und mein Herz beginnt zu rasen, als ich das Ungetüm von Jet in der Mitte des Hangars entdecke. Meine alte F-35...
Sie glänzt im künstlichen Licht der Deckenlampen und erstrahlt in neuem Glanz, so als sei sie kürzlich erst hier abgestellt wurden. Jemand hat sich gut um mein Baby gekümmert.
»Fergus?«, dringt Johns verwunderte Stimme nuschelnd aus dem Cockpit zu mir hinunter. Er hat sich einen Schraubenzieher zwischen die Zähne geklemmt und trägt eine Stirnlampe. Ein belustigtes Grinsen zupft an meinen Mundwinkeln. »Hey John, verunstalte sie nicht«, rate ich ihm. Er beginnt lauthals zu lachen und klettert begeistert die Treppen hinab. Die letzten Stufen hüpft er hinunter und wirft sein Werkzeug in den Koffer unweit neben ihn. Mit offenen Armen und großen energischen Schritten, kommt er auf mich zu und zieht mich sofort in seine Arme. »Mensch, das ist wahrlich eine Überraschung Fergus! Ich dachte schon das seist nicht du, letztens als du mich anriefst«, scherzt er und klopft mir auf den Rücken. Ich tue es ihm brüderlich gleich und zwinge mir ein kurzes freundliches Lächeln auf, was hoffentlich halbwegs glaubhaft ist.
»Hast mehr graue Haare bekommen Johnny«, Scherze ich zu meinem alten Ausbilder. Er und ich hatten schon immer ein sehr gutes Verhältnis zueinander. »Du kleiner Mistkerl«, lacht er und zeugt mit dem Finger auf mich. »Hätte nicht gedacht dich hier wiederzusehen«, sagt er und läuft die paar Schritte zu dem kleinen Tisch, auf dem ein Radio und sein Werkzeug steht. Er dreht es ab und es wird still im Hangar. Meine Augen gleiten an dem imposanten Flieger hinauf. Gott, erst jetzt wird mir bewusst wie sehr ich ihn vermisst habe...

»Willst du fliegen?«, erkundigt John sich. Ich schüttle meinen Kopf ohne die Augen von der Schönheit neben mir abzuwenden. Meine verletzte Hand berührt vorsichtig die Schnauze des teuren Stücks und ich atme aus. Das Metall fühlt sich sanft und poliert an, genau so wie ich es in Erinnerung habe. Es sind acht Jahre vergangen und trotzdem schlägt mein Herz auf die gleiche Weise als ich das Flugzeug berühre. All die Erinnerungen die gerade in mir aufkommen drohen mich zu überwältigen. Ich sehe so viele Dinge vor mir. Meinen ersten Flug, spüre den Nervenkitzel in meinem Bauch und den Druck auf meinen Lungen, wenn die Schubdüsen einsetzen und neun G auf deinen Körper drücken. Langsam lasse ich meine Hand sinken und die Bilder vor meinen Augen verblassen.
»Nein, wollte nur sichergehen das du sie nicht verunstaltest«, antworte ich scherzend. Belustigt klettert John die Leiter hinauf und deutet mir ihn zu folgen. Meine Hände sind schwitzig und nervös als ich die Stufen hinauf zum Cockpit klettere und stehenbleibe, als er in meinen Sitz sinkt. »Hab dein Baby ein bisschen aufgepeppt. Neuste Steuerung und Kommunikation. Die Panels sind neu, der sitzt ebenfalls. Meiner Meinung nach viel bequemer als der alte Sitz. Oh und außerdem hast du ein paar neue Knöpfe, die alten waren vom ganzen Sand und so wahnsinnig schwer zu drücken. Der wüsten Staub hat sich bis in die Elektronik gefressen. Aber keine Sorge, hab ich alles wieder hinbekommen. Er ist jetzt der best ausgestattete auf der ganzen Basis«, erklärt er mir stolz. Diesmal schleicht sich ein echtes Lächeln auf meine Lippen. Ich bin dankbar darüber das er sich um sie gekümmert hat. Mein Baby wäre sonst total eingestaubt gewesen und wahrscheinlich unbrauchbar. Ich klopfe John beeindruckt auf die Schulter und nicke. »Danke Mann, das bedeutet mir viel.«
»Für dich doch immer, aber ich muss gestehen das einer der anderen dieses Schätzchen eine Weile geflogen hat. Nur ein paar Wochen um es auszuprobieren.«
»Gehört doch eh der Regierung. Selbst wenn ich wollte, könnte ich dagegen nichts tun. Ich bin froh das sie bei dir in guten Händen war«, flüstere ich ehrlich. John würde ich genau wie diesem Flugzeug mein Leben anvertrauen. Ich tätschle das Plastik der Sitzschale ein letztes Mal und klettere dann wieder hinab. John folgt mir.

»Also was möchtest du? Ich spüre das dich etwas bedrückt, Fergus«, fällt ihm auf. Nickend sinke ich auf einen der Stühle die am Tisch stehen und wende meinen Kopf wieder auf mein geliebtes Flugzeug ab. Es fühlt sich an wie Nachhause kommen. So unglaublich bedrückend aber auch erleichternd. Natürlich bemerkt John, dass etwas nicht stimmt. Er sagt, er spürt es und das glaube ich ihm sogar. Der Mechaniker der früher einmal in einer Special Force Gruppe war, putzt sich seine Hände an einem Tuch ab und lehnt sich anschließend zurück.
»Ich weis das du mir schon einen Gefallen getan hast und och fühle mich auch wirklich schrecklich danach zu fragen, abe-«
»Hey warte mal«, unterbricht er mich sofort mit gehobener Hand, »...du hast mir dreimal das Leben gerettet im Einsatz, weißt du noch? Ich habe dir geschworen das ich es wiedergutzumachen werde. Das erste als ich die Pflege des Jets übernommen habe, das zweite als du mich hattest deinem Cousin mit der Überführung eines Kriminellen zu helfen und nun hast du deinen dritten Wunsch frei. Du weißt das ich immer deinen Rücken habe, Fergus. Also sag, ich werde es tun«, versichert er mir. Jetzt merke ich erstmal wieder wie gute Freunde ich doch habe. Ein winziges Lächeln schleicht sich auf meine Lippen als ich mein Telefon zücke und es entsperre. Über den Tisch hinweg schiebe ich es John zu und beobachte wie er das Bild betrachtet. »Sollte der mir etwas sagen?«, fragt er skeptisch. Ich schüttle meinen Kopf und lehne mich ebenfalls wohlfühlend zurück. »Nein aber er ist Neals Vater und ein ganz übler Kerl. Er hat seine Tochter entführt und als Neals bester Freund kann ich nicht zulassen das seiner kleinen Schwester etwas passiert«, erkläre ich ihn langsam und ruhig, »ich werde sie aufspüren und wir müssen es irgendwie schaffen diesem Typen das Handwerk zu legen...«

John reicht mir mein Telefon zurück und hebt die Augenbrauen skeptisch. Seine Antwort lässt auf sich warten und das macht mich nur noch nervöser. Was wird er sagen?
»Was hast du gegen den Typen in der Hand?«
»Vieles und viel mehr. Er ist der Kopf der Unterwelt von London.«
»Fuck, das ist ein dicker Fisch den du da an der Angel hast, ist dir das bewusst?«, hakt mein alter Ausbilder nach. Ich will nicht das er es versteht oder gutheißt was ich tue. Alles was ich brauche ist seine Hilfe, denn ich kann das nicht allein erledigen. Ich werde Mila weder ihm noch den Typen überlassen, den sie heiraten sollte. Ich bin sicher ihr Vater hat noch ein Ass im Ärmel. Er ist wild und gefährlich aber hat sich mit dem falschen angelegt. Ich bin ein Duncan und der gibt nicht auf, nichtmal wenn jemand wie Sergio Karakov mir ans Bein pisst. Nicht für die Menschen die mir etwas bedeuten. Nicht für Mila. Ich schulde ihr etwas und das werde ich einhalten.
»Bist du dabei?«, umgehe ich seine Frage und strecke ihm die Hand entgegen. John schlägt ohne zu zögern ein. »Wie in den alten Tagen?«
»Genau wie früher. Wir werden diesen Mistkerl fertig machen.«

Serpent King | 18+Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt