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FERGUS

Fuck, fuck, fuck. Ich habe die Kontrolle verloren. Ich habe eine Pistole an Milas Kopf gehalten und wollte sie umbringen. Fuck. Ich hatte ein Flashback. Ein so intensives wie lange nicht mehr. Es war der Helikopter, der es ausgelöst hat.
Mit rasendem Puls und zittrigen Fingern tigere ich in den Gewölben des Castles hin und her. Das Wasser des großes Pools, der sich hier unten befindet, leuchtet an der Kreuzgratdecke. Meine Faust donnert ungehalten gegen eine der alten Säulen. Immer und immer wieder schlage ich auf den harten Stein an, bis das Blut spritzt und mir die Finger hinabrinnen. Keuchend pfeffere ich meine Faust ein weiteres Mal gegen den Stein, bevor ich die Schultern hängen lasse und mir die Haare raufe. Ich hätte die kleine fast umgebracht...

»Hier bist du«, taucht den plötzlich im Türrahmen auf. Er schließt sie hinter sich und kommt langsam auf mich zu gelaufen. »Und? Hat dir die Show gefallen?«, raune ich genervt. Er stand lang genug hier um zu sehen wie ich auf das Gemäuer eingeprügelt habe. »Red keinen Unsinn Fergus. Setz dich«, fordert er mich auf und deutet auf einen der beiden Stühle, die er gegenüber voneinander aufgestellt hat. Erschöpft sinke ich auf das Holz und stütze mein Gesicht in die Hände, die Ellenbogen auf die Knie. »Das ist scheiße, man.«
»Was?«
»Alles.«
»Ich wusste nicht, das heute ein Rundflug über dem Loch Ness stattfindet. Tut mir leid, das hätte ich wissen müssen. Kyle und Keith hätten es auf dem Schirm haben müssen. Normalerweise werden sie immer fündig.«
Nicht antwortend vergrabe ich mein Gesicht tiefer in meinen rauen Händen. Inzwischen tropft mir das Blut bis auf die Ärmel meines Pullovers. Es könnte mir im Moment nicht egaler sein. Die Drogen in meinem Körper mindern den Schmerz und doch ist er präsent. Es pocht unangenehm in meiner Hand, zieht und Krampft. Es fühlt sich gut an. Der Schmerz lenkt mich von meinen Problemen ab.
»Was hast du getan? Diese Mila war da, oder? Machst du dich deswegen so fertig?«, fragt mein Cousin mich ernst. Er ist immer verständnisvoll und ehrlich, wenn wir darüber sprechen. Aus dem Grund ist er der einzige, dem ich mich anvertraue. Ausatmend nehme ich meine Hände von den Augen, meine Fingerkuppen an meinen Schläfen.
»Hab ihr meine Pistole an den Kopf gehalten. Ich... ich glaube ich war dort«, murmle ich gedämpft, »in der Wüste.«
»Ist schon lange nicht mehr passiert, hm?«, fragt Ewan ruhig weiter, legt den Kopf schief und mustert mich. Ich blinzle und streife mir abermals übers Gesicht. »Ein paar Wochen ist es her«, gestehe ich. Es gibt Phasen in denen bin ich so drauf, das ich keine Anfälle für ein paar Tage bekomme, weil stetig das weiße Gift durch meine Adern pumpt. Wochen sind ein Rekord, der nun gebrochen ist.
»Wie oft hast du heute schon-«
Er unterbricht sich selbst und wartet, bis ich etwas sage. Auch ohne das er es ausspricht weiß ich um was es geht. »Keine Ahnung. Zwei mal vielleicht«, nuschle ich ahnungslos. Ewan lehnt sich um Stuhl zurück und legt den Kopf in den Nacken. Es spricht alles dafür, das er nicht weiß was er tun soll. Ich bin ihm dankbar dafür das ich ein paar Tage hierbleiben darf, aber ich bin nicht blöd, irgendwann wird es auch ihm zu viel.
»Ich will deine Pistole morgen früh im Schrank liegen sehen. Wenn das nochmal passiert und Rosy in der Nähe ist-«
»Wird es nicht und du weist, das ich deiner Tochter nie etwas tun würde, Ewan...«
Er nickt. »Ja, bewusst nicht, aber wenn du wieder ein Flashback hast, ist mir das Risiko zu groß. Es tut mir leid Fergus«, flüstert er. Natürlich verstehe ich wieso er das tut. Ich bin nicht gekränkt oder beleidigt deswegen. Nichtmal enttäuscht. Er will seine Familie vor mir schützen, weil wir beide wissen das ich unberechenbar bin.
»Du kannst dich auf mich verlassen«, verspreche ich. Mein honigblonder Cousin erhebt sich aus seinem Stuhl und legt eine Hand auf meine Schulter. »Du bist wie ein Bruder für mich, ich vertraue dir blind, Ferg.«

~

Eine Weile später bin ich auf dem Weg in mein Zimmer. Das Gespräch mit Ewan hat gutgetan. Ich habe ihm versichert das er meine Pistole morgen für den Rest unseres Aufenthalts bekommen wird. Danach sind wir getrennte Wege gegangen, ich habe ihn bei Erin auf dem Sofa sitzen sehen. Ein Film lief im Fernseher.
Oben im Flur ist es mucksmäuschenstill. In meinem Zimmer ist es topfschwarz als ich mich hineinschleiche und gleich ins Bad abbiege. Im Dunkeln sehe ich kaum die Umrisse der Britin, die in meinem Bett liegt. Ich hoffe sie schläft bereits.
Im Badezimmer dusche ich mich ausgiebig und werfe anschließend eine weite Hose über, in der ich schlafen werde. Mit einer Ecke des feuchten Handtuchs wische ich die Marmorplatte ab und sehe, das Mila das von mir verursachte Chaos beseitigt hat. Die Glasscherben glänzen mir aus dem offenen Mülleimer entgegen und die Zahnbürsten hat sie ordentlich auf den Waschtisch gelegt. Als ich nach meiner Lange springen mir meine aufgeplatzten Fingerknöchel entgegen. Das Blut ist inzwischen getrocknet, das meiste ist bereits in der Dusche abgegangen. Um sicherzugehen das es sich nicht entzündet wickle ich eine einfache Mullbinde und ein paar Tupfer sporadisch um meine Hand. Das sollte fürs erste reichen. Ich will nicht das es sich noch entzündet...
Mit meiner unversehrten Hand lösche ich das Licht bevor ich die Tür zum Schlafzimmer öffne und mich leise um das Bett bewege. Nichtmal der Mond scheint ins Zimmer, die Baumkronen der alten Weiden verdecken ihn.

Serpent King | 18+Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt