FERGUS
Die Mexikanische Reispfanne schmeckt besser, als ich sie in Erinnerung habe. Es ist schon lang her, seit ich sie gekocht habe. Hier im Castle am Tisch zu sitzen weckt Erinnerungen die ich eine Weile verdrängt habe. Nicht weil sie so schrecklich waren, sondern weil mir das Kokain alles geraubt hat, das ich als schmerzlich empfand. Es waren schöne Erinnerungen aber auch traurige.
Es ist stockfinster und ohne die vielen kleinen Lampen die den Garten erhellen würde ich vermutlich keine zwei Meter durch die Scheibe schauen können. Das Deckenlicht in der Küche ist erloschen und nur noch die LED-Leiste unter den Hängeschränken erhellt den Raum. Mila sitzt mir gegenüber und klappert mit der Gabel auf dem Teller. Er ist fast leer und ich warte still, bis sie aufgegessen hat. Inzwischen ist es nach elf Uhr. Es regnet seit mehr als sieben Stunden und scheint auch nicht so bald wieder aufzuhören. Ich verliere meinen Blick in den vielen Tropfen die gegen die Scheibe rieseln. Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht, wie ich das Thema ansprechen soll. Die Geschichte mit meinen Eltern habe ich noch niemanden erzählt. Nur meine Familie weiß es. Aber Mila... ich finde sie ist bereit dazu, immerhin hängt ihre Familie mit in der Sache drin. Es war ein Schock als ich herausfand was passiert war. Mir ist nie bewusst gewesen, wie gefährlich es damals in der Gegend und den Kreisen, in denen sie verkehrten, war. Mit der neuen Gewissheit was passiert ist, kann ich dennoch nur schwer leben. Ich will mir nicht vorstellen, wie ihre letzten Sekunden gewesen sein müssen. Mein Kopf lässt den Schmerz und die Trauer nicht zu, die sich wie eine Krankheit in mein Gedächtnis fressen würde. Nein, das darf ich mir nicht erlauben.»Es hat sehr gut geschmeckt«, holt Mila mich aus meinen Gedanken. Mein Gesicht gleitet zurück zu ihr und ich hebe den Kopf um sie anzusehen. Sie sitzt zurückgelehnt auf dem Holzstuhl gegenüber und lächelt mich zufrieden an. Ich sehe in ihren Augen, das sie froh ist, hier zu sein. Von den Fesseln ihrer Familie befreit ist sie viel ausgeglichener und glücklicher. Das sehe ich deutlich.
»So etwas leckeres hat noch nie jemand für mich gekocht«, fährt sie fort, »ehrlich, das Essen in London war trist und es gab immer nur, was meinem Vater beliebte.«
Daran zweifle ich nicht. Sergio Karakov ist ein dominanter Mann. Er liebt es, die Menschen nach seiner Pfeife tanzen zu lassen und das gibt mir einen guten Eindruck von dem Ton, den er zuhause angeschlagen haben muss. Mila hatte nie etwas zu melden.
»Aber genug vom Essen. Über was wolltest du mit mir sprechen?«, kommt sie aufs eigentliche Thema zurück. Mir Zeit lassend leere ich mein Glas Wasser und senke den Blick auf die Tischplatte. »Ich will dir eine Geschichte erzählen, aber du musst mir versprechen, mich nicht zu unterbrechen.«
»Eine Geschichte?«
»Mila...«, bitte ich.
»Sorry, erzähl und ich schweige«, versichert sie mir und tut so, als würde sie ihren Mund wie einen Reißverschluss schließen und den Schlüssel hinter sich werfen. Ihre Art bringt mich zum Schmunzeln. Kopfschüttelnd blicke ich wieder hinab und schiebe meine Hände in die Taschen meines Hoodies. Sie zittern vor Nervosität. Ich räuspere mich ein letztes Mal, dann beginne ich zu sprechen.»Ewan und ich haben früher immer Übernachtungspartys im Castle gemacht. Ich war fast jedes Wochenende hier und auch oft unter der Woche. Als ich ungefähr fünf war, vielleicht etwas jünger oder älter, keine Ahnung, war ich auch hier.«
Ich lasse eine kurze Pause um Luft zu holen und mich zu sammeln, mir mit der Hand über die Stirn zu streichen. Mila wagt es nicht einmal mit zu unterbrechen. Sie lauscht meiner Geschichte als wäre es das interessanteste der Welt, dass da aus meinem Mund kommt.
»Ewan hat bereits geschlafen und ich lag wach im Bett. Es hat gestürmt, genau wie heute und schrecklich gewittert.«
Vor meinen Augen tauchen die Bilder der Nacht auf und ich schlucke hart, kneife für einen Moment die Augen zusammen um sie zu verdrängen. »Ich... ich konnte jedenfalls nicht schlafen und habe die Haustür gehört. Ich dachte es wären meine Eltern und bin aufgestanden um nachzusehen. Mom hatte mir versprochen, dass sie mich später ins Bett bringt aber es war schon so spät und sie war noch nicht zurück. Geräusche kamen aus dem Büro meines Onkels. Also bin ich die Treppen nach unten und habe an der Tür gelauscht. Durch den Schlitz sah ich mehrere Männer in Uniformen. Meine Tante weinte und...«
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Serpent King | 18+
RomanceFergus Duncan, ein drogenabhängiger Ex-Soldat lernt Ludmila Karakov kennen, eine junge Frau die verzweifelter nicht sein könnte und sich in die eisigen Fluten des Meeres stürzen will. Ihr letzter Ausweg vor einer Heirat mit einem Mann, der ihr Vater...