FERGUS
Henry musste mich abhalten der Plappertasche am Tor nicht die Fresse zu polieren. Nach der stundenlangen Suche nach der Britin mussten wir erfolglos aufgeben. Ich hasse mich selbst für die Dinge die ich zu ihr gesagt habe. Das hat sie nicht verdient doch es wird mir erst zu spät klar. Sie war immer lieb zu mir, weitaus freundlicher als ich es verdient habe. Meine Reaktion vorhin war nicht fair. Es hat mich einfach nur überrumpelt, was sie gesagt hat. Mein Gehirn konnte nicht alles verarbeiten, ich war zu geschockt um mich zusammenzureißen. Aber in ihr lebt ein Teil von Neal weiter. Wenn ich ihr in die Augen sehe erkenne ich es deutlich. Sie hat dasselbe gute Herz wie er.
Aufgewühlt streiche ich mir übers Gesicht. Mein Schädel brummt als hätte ich das Glas Schnaps in der Bar angerührt. Es ist mein Körper, der das mit mir macht. Meine Hände zittern unaufhörlich. Ich hasse es stillzusitzen, vor allem im Auto. Seitdem ich kein Kokain mehr nehme fällt es mir schwerer denn je.
Ausatmend sackt mein Kopf in den Nacken und ich schließe meine Augen. »Du hättest mich dem kleinen einfach eine reinhauen lassen sollen...«, brumme ich. Henry biegt um eine Kurve die uns den Haus näherbringt. Der Morgen bricht schon fast heran und wir sind beide total erledigt.
»Dann wärst du von der Airbase verwiesen wurden, das weißt du«, kontert er.
»Im Moment könnte mir das nicht egaler sein...«, wispere ich am Ende meiner Kräfte. Das Rauschen der Autofahrt liegt mir in den Ohren, die warme Luft der Heizung pustet in mein Gesicht. Immer wieder blitzen Erinnerungen vor meinem inneren Auge auf. Schreckliche Bilder die sich vor langer Zeit in mein Gehirn gefressen haben. Bilder die ich nie wieder vergessen werde...Henry parkt den Wagen in seiner Garage und wartet bis das Tor geschlossen ist, bevor er den Schlüssel aus dem Zündschloss zieht. »Wir werden in ein paar Stunden weitersuchen. Außerdem habe ich dem Wachmann meine Nummer gegeben. Er wir Bescheid geben, wenn Mila wieder auftaucht«, versucht er mich erfolglos zu beruhigen. Ich bin viel zu aufgewühlt um mich an irgendwelche leeren Versprechungen Klammern zu können. Mein Magen knurrt hungrig und meine Stirn schmerzt pochend.
Nicht antwortend steige ich aus und knalle die Tür hinter mir zu. Ohne einen weiteren Ton zu verlieren laufe ich schnurstracks in die Küche und öffne den Kühlschrank. Im ersten Fach fällt mir ein Stück Auflauf ins Auge, den ich mir nehme und ein Stück in der Mikrowelle aufwärme. Gierig esse ich ihn anschließend. Es ist das erste richtige seit Tagen, das in meinen Magen findet. »Fergus... tue das nicht...«, höre ich Henry hinter mir sprechen. Mit dem Rücken zu ihm stehend esse ich einen weiteren Löffel Auflauf. »Was?«, nuschle ich mit vollem Mund.
»Deine Emotionen in dich hineinzufressen, sprich mit mir«, erklärt er. »Und das gerade am Tor? Da sah es nicht so aus als würde ich das tun«, brumme ich. Der dunkelhaarige Brite tritt einen Schritt näher an mich heran und atmet aus. »Du weißt was ich meine.«
»Ich hab keine Ahnung worüber du sprichst«, Lüge ich ihn an. Den leeren Teller lege ich in die Spüle und verschwinde schleunigst nach oben. »Fergus, komm schon! Sprich mit mir!«, ruft mein Freund mir nach. Ich ignoriere seine Worte als wäre er so still wie eine Fliege gewesen. Jetzt über meine Gefühle zu sprechen würde nur dazu führen, das ich wieder zurück zum Tor laufe und dem Typ doch eine in die Fresse schlage. Er hätte sie nie ohne Ausweis gehen lassen dürfen! Nicht ohne mir Bescheid zu geben...Zitternd stütze ich auf die Toilette zu und übergebe mich in die Keramik Kloschüssel. Mein Magen krampft sich zusammen und befördert den Auflauf direkt wieder aus mir hinaus. Meine Knie geben nach und ich sinke vor der Toilette auf den kalten Boden. Meine verletzte Hand krallt sich in die Schüssel als wäre sie mein letzter Rettungsanker, der mich davon abhält unterzugehen. Immer und immer wieder würgt mein Körper, bis das letzte bisschen Nahrung aus mir verschwunden ist. Erst zwei Atemzüge später schaffe ich es aufzustehen. Auf wackligen Beinen stolpere ich auf den Waschtisch zu und Spüle mir den ekelhaften Geschmack aus dem Mund. Angewidert wische ich mir über die Lippen und schüttle den Kopf. Mein Brustkorb hebt und senkt sich schwer, ich kann kaum atmen. Immer wieder driften meine Gedanken zurück nach Afghanistan ab. »Nein...«, keuche ich verzweifelt und versuche dagegen anzukämpfen. Ich raufe mir die Haare und beiße mir auf die Zunge um es irgendwie aufzuhalten. Um mich mit schmerzen davon abzuhalten wieder in diese Hölle zu reisen.
Meine Sicht wird schwammig. Panisch werdend eile ich zurück ins Schlafzimmer und stürze auf Milas Nachttisch gleich neben der Badtür zu. Die weiße Packung Pillen springt mir entgegen als ich die erste Schublade öffne und hineinschaue. Zurück im Bad löse ich mir eine aus der Packung und schlucke sie mit etwas Leitungswasser. Tief durchatmend stütze ich mich mit beiden Händen auf den Marmor auf. Alles ist okay, ermahne ich mich selbst. Ich weiß das es wie ein Teufelskreis ist, aus dem man nur schwer herauskommt. Die Augen zusammenkneifend warte ich, das die Tablette schnell wirkt. Ich halte es nicht mehr lang allein durch. Nicht mit diesen schwarzen Gedanken die mein Gehirn lähmen. Ich will so sehr dagegen ankämpfen, doch weiß nicht ob ich es schaffe. Mit den Händen zu Fäusten gezogen harre ich einige Minuten so aus und bete still, das die Pille bald wirkt. Je länger ich meine Lider geschlossen halte, desto klarer wird das Bild das ich vor mir sehe. Die staubige Wüste und das viele Blut weicht dem Meer. Ich kann beinahe das Salz auf meiner Zunge schmecken. Milas lange Haare wehen im harschen Wind. Plötzlich spüre ich ihre Hand auf meiner Schulter und dränge alle Luft aus meinem Körper. Heftig schluckend sackt mein Kopf gen Boden. Ich traue mich nicht die Augen zu öffnen... ich will nicht das Milas Gestalt wieder verschwindet. Noch vor ein paar Tagen habe ich ihre zarten Hände auf meinem Körper gespürt, sie geküsst und berührt. Das zwischen uns war nicht viel und doch hat es mich von den fiesen Gedanken fern gehalten, die auch jetzt versuchen meinen Körper zu übernehmen.
Mila wollte mir helfen, obwohl wir nichts voneinander wussten. Sie wollte für mich Dasein obwohl ich ein Arsch zu ihr war. Die schwarzhaarige hat mir wirklich etwas bedeutet und nun ist sie da draußen. Wenn sie bis jetzt noch nicht zurück ist befürchte ich das schlimmste. Ihre Hand auf meiner Schulter ist so präsent das ich mich voll und ganz der Illusion hingebe und mich von ihr an einen besseren Ort bringen lasse.
Wo auch immer sie gerade ist, ich werde nicht zulassen das ihr Vater sie in die Finger bekommt. Neal hätte das auch getan.
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Serpent King | 18+
RomanceFergus Duncan, ein drogenabhängiger Ex-Soldat lernt Ludmila Karakov kennen, eine junge Frau die verzweifelter nicht sein könnte und sich in die eisigen Fluten des Meeres stürzen will. Ihr letzter Ausweg vor einer Heirat mit einem Mann, der ihr Vater...