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FERGUS

»Du hast dich wirklich mal wieder selbst übertroffen, Tante Glenna«, merke ich an als wir am gefüllten Esstisch sitzen. Vier Kerzen brennen zwischen uns auf Tannenreisig und Beerenzweige gebettet. Kleine Weihnachtskugeln in rot, grün und Gold schmücken den Rest. Es sind die gleichen wie am großen Weihnachtsbaum im Wohnzimmer. Wie jedes Jahr ist es einer aus dem Wald, der zum Castle gehört.
Reichlich Essen steht zwischen uns auf der alten Tischplatte aus Ebenholz. Die Kerzen lodern und das warme Feuer des Kamins knistert in der Ferne. Eine weiße Tischdecke wurde gespannt und die polierten Gläser mit Wein gefüllt. Der große Braten wurde mir Kräutern geschmückt und duftet herrlich. Es gibt Rosmarinkartoffeln und allerlei Gemüse dazu. Die dunkle Bratensoße geht in einer Soßiere herum und das Silberbesteck glänzt in den lodernden Flammen.
Mila sitzt neben mir und breitet die Stoffserviette auf ihren Beinen aus. »Alles okay bei dir? Isst du das überhaupt?«, erkundige ich mich leise. In der letzten Stunde habe ich nicht viel mit ihr gesprochen, da Onkel Alistair und Ewan mich in ein Gespräch verwickelt hatten.
»Ja natürlich, alles gut und bei dir?«, lächelt sie fröhlich. Ich hebe meine Hand und streiche ihr eine Strähne ihrer Haarpracht hinter ihr rechtes Ohr damit ihr Gesicht mir offenbart bleibt. »Sicher. Fühlst du dich wohl?«
»Und wie«, wispert sie ehrlich. Ich glaube ihr, denn ihr strahlendes Gesicht sagt alles. Zufrieden lehne ich mich im Stuhl zurück und warte bis alle etwas zu Essen haben. Anschließend räuspert Alistair sich und hebt sein Weinglas. Wie jedes Jahr wird er ein paar Worte sagen.
»Also-«, beginnt er und Glenna stößt ihm den Ellenbogen in die Seite. Er zischt leise und räuspert sich erneut. »Liebe Familie«, brummt er und meine Tante schaut endlich zufrieden. Ich kann mir ein kleines grinsen nicht verkneifen.
»Ich möchte euch danken, das ihr alle gekommen seit. Nicht nur Ewan und Fergus, sondern auch Erin, Rosy und Mila. Ich... bin vielleicht nicht immer der netteste gewesen, aber ich gebe mein bestes. Und Glenna meine Liebe, du hast es ein weiteres Jahr mit mir ausgehalten ohne mich umzubringen«, lacht er und Milas überraschter Blick amüsiert mich. Es ist selten das mein Onkel lacht. »Auf ein paar friedliche Tage im Hause der Duncans, möge Gott Gnade mit unserer Familie walten lassen und uns ein schönes Fest bescheren, denn wir sind wahrlich nicht immer die einfachsten. Frohe Weihnachten«, wünscht er und wir stoßen an.
»Wie lange hast du das denn geprobt?«, lacht Ewan und stößt gegen sein Glas. Alistair lacht erneut und legt einen Arm um meine Tante. »Deine Mutter hat mir ans Herz gelegt was ich sagen soll, aber auch so hätte ich dieselben Worte benutzt. Naja vielleicht nicht die selben, ihr wisst schon. Guten Appetit!«

Es ist so leise während dem Essen, das ich dass Besteck auf den Tellern klappern höre. Der Wind der ums Castle saust weht den Neuschnee gegen die Fenster. Es schneit noch immer massig draußen, bereits seit dem Tag an dem Mila und ich im Restaurant meiner Eltern waren. Der Schneesturm wird noch bis ins neue Jahr reichen. Bis dahin, verbringen wir die Tage im Castle. Fast alle Motorways außerhalb von Inverness sind zugeschneit. Der Weg hinab ins Tal ist gefroren was bedeutet das wir hier oben festsitzen. Ich könnte mir einen schlimmeren Ort vorstellen in dem wir festhängen, als das Castle. Es ist ein Segen, das wir hier sind.
Nach dem Hauptgang gibt es warmen Schokoladenpudding mit Erdbeersoße. Glenna besteht jedes Jahr darauf, das Festessen über die Feiertage selber zu kochen. Dieses Jahr hat ihr Erin dabei geholfen. Schmecken tut es wie immer köstlich. Ich nehme mir Nachschlag und auch Mila nimmt sich ein zweites Mal.

Nach dem Essen sitzen wir im Wohnzimmer. Ein alter Weihnachtsfilm läuft und Rosy spielt auf dem Teppich mit Legosteinen. Es ist eines ihrer Geschenke gewesen. Bei uns ist es Tradition, das jeder ein Geschenk am Heiligen Abend auspackt und den Rest am Morgen des fünfundzwanzigsten. Die jüngste bekam natürlich als erstes. Unter dem Baum liegen eine Menge eingepackter Schachteln in allen möglichen Größen. Jeder darf sich eines mit seinem Namen aussuchen. Gerade ist meine Tante an der Reihe. Sie schnappt sich nicht das von mir, sondern ein anderes. »Für Granny von Rosy und Grandpa Alistair«, liest sie begeistert vor und packt die Schachtel aus. Sie zerreißt das grüne Geschenkpapier und eine Dose kommt zum Vorschein. Sie öffnet den Deckel und hervor kommt ein Schein. »Zwei Karten nach Costa Rica«, liest sie vor und ihre Augen weiten sich. Ihr Kopf schnippt zu Alistair, der ebenfalls überrascht schaut. »Wir fahren nach Costa Rica!«, kreischt sie begeistert und fällt erst ihrem Mann um den Hals und später ihrer Enkelin. Sie knutscht das kleine Mädchen ab das die ganze Zeit nur kichert und ihre Händchen an ihre Wangen patscht. Es ist ein schönes Geschenk. Glenna wollte schon sehr lang nach Costa Rica reisen, aber Alistair Ging es nie so gut, dass er hätte fliegen können. Doch nun hat er ihr diesen Traum erfüllt und das freut mich wirklich für meine Tante. Sie hat es sich verdient.

Serpent King | 18+Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt